Tennis-Wetten: "Das hat etwas von Mission Impossible"

Die neu reformierte Transition-Tour auf der Ebene unter den ATP-Tour- und Challenger-Tour-Events sorgt weiterhin für heftige Diskussionen. Neben der Eliminierung von „Hobby-Spielern“ von der Profi-Rangliste wollte die ATP damit auch die Anzahl an Wetten auf niederklassige Matches reduzieren.

von Lukas Zahrer
zuletzt bearbeitet: 09.02.2019, 07:38 Uhr

Dass Wetten ein großes Problem vor allem für jene Spieler darstellen, die sich die Reisen zu den Turnieren nur schwer leisten können, ist bekannt. Es passt jedoch nicht ins Bild, dass die ITF selbst die Daten mit Live-Spielständen aus den Matches bis 2021 an Sports Radar verkaufte. Diese macht Wetten auf der ITF-Tour überhaupt erst möglich.

„Nicht falsch verstehen: Ich lehne es total ab, wenn man Spiele manipuliert. Ich habe aber auch ein gewisses Verständnis für Spieler, die keine finanzielle Sicherheit haben“, erklärte Gerald Melzer im Gespräch mit tennisnet die Zwickmühle, in der sich aufstrebende Spieler befinden.

„Diese Spieler hätten sonst nie die Chance, hochzukommen. Daher verurteile ich es nicht bei jedem“, sagte der 28-Jährige, der sich in einem ausführlichen Interview zusätzlich kritisch über die Transition-Tour äußerte.

Drohungen auf Social Media: Reform ändert wenig

Immer wieder werden auch Spieler auf ATP- oder Challenger-Ebene wie Melzer nach ihren Matches auf Social Media kontaktiert und heftig beschimpft. „Anscheinend muss man damit leben“, sagte Melzer resignierend. „Vor allem wenn du als Favorit ein Match verlierst, hast du gut und gerne zehn Droh-Nachrichten. Ich nehme das nicht allzu ernst, aber es ist einfach mühsam. Ich denke nicht, dass sie das mit der Reform in den Griff bekommen haben.“

Auch Doppel-Spezialist Philipp Oswald bestätigt aus eigener Erfahrung, gar Morddrohungen nach einzelnen Matches erhalten zu haben. „Was uns gesagt wurde, war, dass vor allem auf den allerkleinsten Turnieren extrem betrogen wird. Ich finde es nicht gut, wenn man auf solche Events Turniere wetten kann. Für Spieler, die jung sind und das Geld brauchen, ist das ein brutaler Köder“, sagte Oswald.

Im Rahmen des Davis-Cup-Duells mit Chile am vergangenen Wochenende schilderte Oswald, wie er selbst einst von der Wettmafia kontaktiert wurde. „Als ich 22 war, bekam ich vor einem Challenger einen Anruf im Hotelzimmer. Mir wurden 15.000 Dollar geboten, wenn ich verliere. Ich habe sofort aufgelegt.“

Philipp Oswald: "Serien-Wetter kommen maskiert zu Turnieren"

Die ATP führte im Jahr 2008 zusammen mit WTA, ITF und den Grand-Slam-Turnieren die sogenannte Tennis Integrity Unit (TIU) ein. Deren einziges Ziel ist die Untersuchung von Unauffälligkeiten auf dem Wettmarkt von Tennismatches.

Auf der sogenannten ATP University, einem verpflichtenden Seminar für alle Top-100-Spieler der Welt, werden die Agenden der TIU verständlich kommuniziert. „Diese Vorträge waren echt gut. Sie haben uns echt die Augen geöffnet, denn man bekommt ein Gefühl dafür, wer da alles involviert ist“, erinnerte sich Oswald an seinen Kurs. Er hat aber einen weitergehenden Vorschlag parat: „So etwas sollte man für die Jungen machen, die im Ranking hochkommen. Ich finde es eine super Sache, die Athleten schon früh mit diesem Thema zu sensibilisieren. Umso einfacher ist es, ‚Nein’ zu sagen, weil man die Konsequenzen kennt.“

Klar sei auch, dass es für die TIU bei der Vielzahl an Turnieren auf der ganzen Welt unmöglich ist, alle Events zu besetzen und beobachten. „Auf den ATP-Turnieren sind sie schon sehr gut organisiert“, stellt Oswald klar. „Im letzten Jahr hat mir Max, mein Doppelpartner, in Houston einen Undercover-Officer vorgestellt. Er hat uns Geschichten von Serien-Wettern erzählt, die verkleidet und maskiert zu Turnieren kommen. Das hat etwas von Mission Impossible. Bei deren Geschichten graust es einem.“

ÖTV kooperiert mit Play Fair Code

Im Zuge des Davis Cups gab der ÖTV aus diesen Gründen eine Kooperation mit dem Play Fair Code bekannt. Dieser wird für den ÖTV Präventions- und Bewusstseinsschulungen durchführen – beginnend ab der Altersklasse U16 bis hin zum Daviscup- und Fed-Cup-Team sowie zur Bundesliga. Weiters werden Schiedsrichter und Funktionäre geschult. 

von Lukas Zahrer

Samstag
09.02.2019, 08:00 Uhr
zuletzt bearbeitet: 09.02.2019, 07:38 Uhr