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"Widerliche Diskrimminierung" - US Open wegen Streichung des Rollstuhl-Events unter Beschuss

Wie am gestrigen Donnerstag bekannt wurde, sollen die US Open 2020 ohne Rollstuhl-Event über die Bühne gehen. Einige Topspieler des Rollstuhltennis haben sich nun höchst empört über diesen Umstand gezeigt - auch, weil es vorher keinen Austausch gegeben haben soll. 

von Michael Rothschädl
zuletzt bearbeitet: 19.06.2020, 14:33 Uhr

Wird es bei den US Open 2020 kein Rollstuhltennis zu sehen geben?
Wird es bei den US Open 2020 kein Rollstuhltennis zu sehen geben?

"Ich dachte, ich hätte genug getan, um mich zu qualifizieren - 2x Champion, Nummer 1 der Welt. Aber leider fehlt mir das Einzige, worauf es ankommt, nämlich gehen zu können. Widerliche Diskriminierung", schrieb Dylan Alcott in den frühen Morgenstunden mitteleuropäischer Zeit auf Twitter. Der Rollstuhl-Tennisspieler bezieht sich dabei auf eine Information über die US Open, die wenige Stunden vorher publik geworden war. Demnach soll das nun zweite Grand Slam des Jahres nämlich ohne Rollstuhl-Event vonstatten gehen. 

"Es ist eine eklatante Diskriminierung, wenn Menschen in meinem Namen entscheiden, was ich mit meinem Leben und Karriere mache, nur weil ich behindert bin", wetterte der Weltranglistenerste weiter. Ein ganz großer Kritikpunkt des Australier ist es, dass es im Entscheidungsprozess keine Absprachen zwischen Spielern und den US Open bzw. der ITF gab. 

Mit seinem Groll ist Dylan Alcott nicht alleine, auch der amtierende Champion, Andy Lapthorne, zeigte sich entrüstet: "Ich habe nicht die Chance, meinen Einzel- und Doppeltitel bei den US Open zu verteidigen, weil ich im Rollstuhl sitze. Eine absolute Schande, wenn sich das nicht ändert, weiß ich nicht, was ich sagen soll, außer Diskriminierung!", so der Brite auf Twitter. Auch das Paraolympische Komitee hat sich in einem Statement zu der geplanten Streichung des Rollstuhl-Events geäußert: Die Entscheidung habe einen großen Teil der Athleten "verärgert", so der IPC-Präsident Andrew Parsons in einem Statement, das der deutsche SID zitierte: "Wir fordern die Organisatoren auf, sie zu überdenken, weil sie möglicherweise jahrelange Arbeit zur Verbreitung des Rollstuhltennis zunichte macht."

ITF reagiert mit Statement 

Eine Reaktion vonseiten der ITF ließ indes nicht lange auf sich warten, der internationale Tennisverband veröffentlichte eine Aussendung, die man auch auf Twitter teilte. Demnach gebe es derzeit Absprachen zwischen ITF und den Veranstaltern, ob denn die Rollstuhl-Events nicht doch auf oder abseits der Anlage stattfinden könnten. "Die ITF versteht und teilt die von vielen empfundene Enttäuschung darüber, dass es bei den diesjährigen US Open möglicherweise nicht möglich ist, ein Rollstuhl-Event auszurichten", ist in diesem Statement zu lesen. 

Dem Initiator der Debatte, Dylan Alcott, greift dies aber weitaus zu kurz, wie er wenig später auf Twitter mitteilte: "Ihr oder die US Open haben uns noch keinen Grund genannt, warum abgesagt wurde. Dieses Statement ist kein Grund. In Woche 1 des Slams werden über 300 Teilnehmer dort sein. Wenn die 20 Rollstuhl-Spieler in Woche 2 starten, werden insgesamt nur noch 50 Spieler teilnehmen", so Alcott. Schenkt man den Bemühungen der ITF Glauben, so dürfte das letzte Wort in dieser Causa noch nicht gesprochen sein. Besonders, weil es vonseiten der Rollstuhl-Spieler derart vehemente Beschwerden gibt.  

von Michael Rothschädl

Freitag
19.06.2020, 17:15 Uhr
zuletzt bearbeitet: 19.06.2020, 14:33 Uhr