Wien, Basel - Ein bisschen Neid darf sein

Im Gegensatz zu den südlichen Nachbarn Österreich und Schweiz fehlt Deutschland in der entscheidenden Phase der ATP-Saison eine Vorzeige-Veranstaltung. Das war nicht immer so.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 29.10.2019, 07:46 Uhr

Nicht nur in Wien war die Stimmung am Brodeln
© GEPA Pictures
Nicht nur in Wien war die Stimmung am Brodeln

Am Wochenende hat man als deutscher Tennisfreund dann schon ein wenig neidisch zu den Nachbarn hinübergeblickt, in die österreichische Hauptstadt Wien und ins schweizerische Basel. Zwei toporganisierte Hallenturniere fanden dort ein ideales Ende, aus jeweils nationaler Sicht. In Wien gewann Dominic Thiem seinen bisher wichtigsten Titel, er sicherte sich als Local Hero damit auch den sogenannten Austria Slam, also das Double aus Kitzbühel und Wien. Fast gleichzeitig marschierte in Basel Roger Federer zu seinem zehnten Titel in seiner Heimatstadt, dort, wo er einst als Balljunge in der St. Jakobs-Halle von einer großen Karriere geträumt hatte. Es war der vorläufig letzte Höhepunkt in einer aufs Neue großartigen Saison für den Maestro, schließlich hatte der 38-jährige vorher schon für Ausrufezeichen gesorgt, als er den 100. Karriere-Titel in Dubai und den auch zehnten Titel in Halle gewonnen hatte.

Die ganz spezielle Hallenatmosphäre gerade im Herbst, wenn man die Stars an kalten Tagen in wohlig guter Indoorstube genießen kann – die vermisst man zur Zeit in Deutschland. Nichts gegen die Challenger-Turniere hier und da, die vielen Deutschen aus vielen Generationen gute Spielmöglichkeiten bieten: Aber sie können nicht ein Großevent wie in Basel oder Wien ersetzen. Eins mit Strahlkraft und Außenwirkung, wie es früher auch in Stuttgart stattgefunden hat, unter der Regie von Impresario Ion Tiriac. Deutschland bot einmal die größte Dichte an Topveranstaltungen im Saison-Endspurt, u.a. auch mit der ATP-WM in Frankfurt und Hannover, dem Grand Slam Cup und Turnieren bei Herren und Damen (Faber Grand Prix). Auch das Damen-Masters machte zwischenzeitlich Station in Deutschland. Das große Tourtennis endet hierzulande nun aber schon mitten im Sommer, am Rothenbaum.

Die deutsche Turnier-Landschaft wird sich im nächsten Jahr verändern. Neue Events kommen hinzu, nicht zuletzt Rasenturniere unter der Patronage des Wimbledon-Clubs. Schade, dass sich kein Plätzchen mehr findet für ein gut gemachtes Hallenevent im Herbst, im Countdown zu den Weltmeisterschaften der Damen und Herren. Beide Tourorganisationen folgen dem Lockruf des großen Geldes, und dieser Lockruf führt sie inzwischen über viele Wochen eben meist in die Ferne - nach Asien. Die alten Märkte können da nur noch selten mithalten. Aber Tennis-Atmosphäre wie in Wien oder Basel lässt sich andererseits eben auch nicht kaufen.

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Dienstag
29.10.2019, 09:55 Uhr
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