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Wimbledon 2022: Jürgen Melzer im Interview - „Diese Erinnerungen bleiben ewig“

Jürgen Melzer wird an der Seite von Gilles Muller am Legenden-Turnier in Wimbledon 2022 teilnehmen. An diesem Ort hat die österreichische Tennis-Legende drei Titel geholt.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 05.07.2022, 20:54 Uhr

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Philipp Petzschner und Jürgen Melzer nach dem verwandelten Matchball im Finale 2010 in Wimbledon
© Getty Images
Philipp Petzschner und Jürgen Melzer nach dem verwandelten Matchball im Finale 2010 in Wimbledon

Jürgen Melzer ist zurück in Wimbledon. Als Aktiver, wenn auch „nur“ im Legenden-Turnier. Dort wird aktuelle Sportdirektor des Österreichischen Tennisverbandes mit Gilles Muller in die Bütt gehen, eine Verbindung zweier Linkshänder also, die das Spiel auf Rasen bestens verstehen.

Unabhängig davon wirkt Melzer aber so fit, als könne er auch im regulären Doppel-Wettbewerb noch ein paar Runden gewinnen. Im Gespräch merkt man dem 41-Jährigen an, wie sehr ihn die Rückkehr an jenen Ort freut, der ihm über die Jahre denkwürdige Erfolge eingebracht hat.

tennisnet: Herr Melzer. Gerade habe ich Bob Bryan mit „Mike“ angesprochen.

Jürgen Melzer: Mir ist das nur am Anfang passiert. es gibt schon einige Merkmale, an denen man die beiden auseinanderhalten kann.

tennisnet: Sie sind zurück in Wimbledon. Aber nicht an der Seite von Philipp Petzschner. Und nicht im Männer-Doppel, sondern bei den Legenden …

Melzer: Auf der normalen Tour gibt es diese Idee nicht mehr. Aber wenn Philipp auch zu diesem Invitational eingeladen wird, dann spielen wir hier vielleicht noch einmal zusammen.

tennisnet: Sie haben hier bei den Junioren gewonnen, mit Philipp Petzschner das Doppel, mit Iveta Benesova das Mixed. Sticht eine Erinnerung heraus?

Melzer: Generell hat hier meine Tennis-Karriere mit dem Sieg bei den Junioren 1999 begonnen. Ich komme hier immer gerne zurück, selbst wenn es auch bittere Niederlagen gegeben hat. Es überwiegt das coole Gefühl, die ganze Tradition macht unheimlich Spaß.

Melzer mit Petzschner 2010 zum Titel

tennisnet: Die Bedingungen haben sich seit jenem Sieg allerdings auch massiv verändert.

Melzer: Mir hat es 1999 auf alle Fälle besser gefallen. Je flacher und schneller es war, desto mehr ist es mir entgegen gekommen. Das Bewegen auf Gras ist immer etwas eigenes. Wenn man das für sich herausgefunden hat, ist man im Vorteil.

tennisnet: Gibt es besondere Erinnerungen an den Run zum Doppel-Titel 2010?

Melzer: Wir hatten da in Runde zwei gegen Aspelin und Hanley ein sehr enges Match, das war ein erster Gradmesser, weil die beiden die Gesetzten auf unserem Ast waren. Die Partie war sehr eng, wir haben in vier Sätzen gewonnen. Aber die zwei Wochen waren generell sehr speziell. Ich habe in diesem Jahr ja auch im Einzel das Achtelfinale erreicht, dort gegen Roger Federer verloren. Das gemeinsame Wohnen mit Philipp in unserem Haus - diese Erinnerungen bleiben ewig.

tennisnet: Die größten Chancen auf einen richtig tiefen Run im Einzel hatten Sie 2013 - als es im Achtelfinale gegen Jerzy Janowicz ging.

Melzer: Ich hätte danach ein Viertelfinale gegen Lukasz Kubot gespielt. Das war eine Riesenchance. Ich habe 4:6 im fünften Satz gegen Janowicz verloren und aber das Gefühl gehabt, dass ich der bessere Spieler war. Jerzy hat sich mit seinem Aufschlag irgendwie im Match gehalten. Und ich habe im fünften Satz ein blödes Break kassiert. Das ist eine Niederlage, die auch im Karriere-Rückblick noch immer schmerzt.

tennisnet: Martina Hingis steht gerade neben uns, eine der besten Spielerinnen aller Zeiten, auch im Mixed-Doppel sehr erfolgreich. Wie muss man das erfolgreich anlegen?

Melzer: Früher sind einige Spieler zum Anfang der Matches sicherlich eher auf die Frauen gegangen, einfach auch, um sich Respekt zu verschaffen. Wenn so ein Nenad Zimjonic einen Return losgelassen hat, dann war das angsteinflössend. In dem Jahr, in dem Iveta und ich gewonnen haben, waren wir aber einfach ein richtig gut aufeinander abgestimmtes Doppel, in dem jeder seine Seite gut abgedeckt hat.

"Kyrgios wäre vom Platz geflogen"

tennisnet: Im aktuellen Einzel-Turnier der Männer zeichnet sich ein Finale zwischen Novak Djokovic und Rafael Nadal ab. Hätten Sie s zu Beginn des Jahres für möglich gehalten, dass Nadal noch einmal so eine starke Saison hinlegt?

Melzer: Rafa darf man nie abschreiben. Wenn der am Platz steht und fit ist, dann ist er definitiv gut genug, um jedes Match zu gewinnen. Er hat auch in der Vergangenheit gezeigt, dass er nach langen Pausen erfolgreich zurückkommen kann. Rafa kann sich extrem gut adaptieren, sich auf alle Gegebenheiten einstellen. Ich glaube aber schon, dass er sich für den Titel hier noch steigern muss.

tennisnet: Der große Aufreger der ersten Woche war das Match zwischen Nick Kyrgios und Stefanos Tsitsipas. Ihre Meinung dazu?

Melzer: Wenn man es nicht schafft, Kyrgios auf der anderen Seite auszublenden, dann kann das passieren, was mit Tsitsipas geschehen ist. Natürlich ist es teilweise unangenehm, und Kyrgios bewegt sich immer an der Grenze. Für das Tennis ist es gut und schlecht: Wenn sich Nick unter Kontrolle hat, ist es gut. Weil er sehr attraktives Tennis spielt, die Leute mitzieht, Stadien füllt. Wenn er die Grenze überschreitet, ist es auch hinsichtlich der Vorbildwirkung genau andersrum. Aber auch dass Tsitsipas den Ball ins Publikum geschossen hat - das geht nicht. Hätte das der Kyrgios gemacht, wäre er vom Platz geflogen.

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Mittwoch
06.07.2022, 07:57 Uhr
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