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Der wundersame, bestaunte Wimbledon-Artist Dustin Brown

Der 31-jährige Deutsche ist neben den Superstars eines der einprägsamsten Gesichter im All England Club.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 29.06.2016, 07:57 Uhr

LONDON, ENGLAND - JUNE 28: Dustin Brown of Germany looks on during the Men's Singles first round match against Dusan Lajovic of Serbia on day two of the Wimbledon Lawn Tennis Championships at the All England Lawn Tennis and Croquet Club on June 28, ...

In der Hackordnung der Tennisprofis gehört er zur großen, oft unbeachteten Mittelschicht, die Weltrangliste führt den Mann mit den überlangen Rasta-Zöpfen auf Platz 85. Aber immer wenn die Tage von Wimbledon nahen, wenn das größte, wichtigste und traditionsreichste aller Turniere beginnt, wird ausDustin Brownein ganz anderer Tennisspieler – und nicht selten das schillernde Phänomen des All England Club. „Er ist einer der größten Publikumslieblinge hier, ein Mann, dem die Sympathien hinterher fliegen“, sagt die ehemalige Weltklassespielerin und heutige BBC-Moderatorin Sue Barker über den „Germaican“, der in diesem Jahr schon vor den ersten Ballwechseln in Londons Südwesten für Aufsehen sorgte - als Empfänger einer raren Wildcard für einen deutschen Spieler.

Gleich bei seinem ersten Auftritt am Dienstag war der akrobatische Artist Brown schon wieder Hauptdarstellerin einem nervenzehrenden Fünf-Satz-Krimi gegen den Serben Dusan Lajovic,nun kommt es in der zweiten Turnierrunde zu einer Ansetzung, die kaum spektakulärer sein könnte: Brown kontraNick Kyrgioslautet der ganz besondere Grand-Slam-Schlager – der Rasta-Man und Ein-Mann-Zirkus gegen den australischen Bad Boy. Popcorn-Match nennen sie das in der Branche, in Erwartung von großem Kino und großem Tennis. „Wir werden unseren Spaß haben da draußen“, sagt Brown.

„Der Bursche ist einfach eine Attraktion“

Abseits der großen Superstars, der Djokovics, Nadals, Federers und Murrays, ist Brown in den letzten Wimbledon-Jahren zu einem der einprägsamsten Gesichter der Rasenfestivitäten geworden. Erst recht nach seinem global bestaunten Zweitrunden-Coup der Vorsaison gegen MatadorRafael Nadal– als Siegertyp  in einem faszinierenden Showdown auf dem Centre Court. „Es war der größte Erfolg meiner Karriere. Und offenbar haben viele das nicht vergessen“, sagt Brown. Tatsächlich umlagern die Wimbledon-Fans den 31-jährigen Veteranen aus Winsen an der Aller, wann immer der sich auf dem öffentlichen Areal des All England Club zeigt – Selfies mit dem Paradiesvogel sind begehrte Ware genau so wie ein Autogramm auf dem Wimbledon-Magazin.

Auf Court 16, dem Schauplatz seines ersten Auftritts im laufenden Turnier, waren schon lange vor Spielbeginn keine Plätze mehr zu bekommen, selbst von den Nebencourts lugten die Zuschauer herüber zur Brown-Show. „Der Bursche ist einfach eine Attraktion“, sagt Kyrgios, der kommende Rivale. Er ist auch ein Freund von Brown, seit sie zusammen im vergangenen Herbst eine Schaukampfserie in Asien spielten. Warnen muss den Australier keiner vor Brown, er weiß nur zu gut, zu welchen Wundertaten der Mann aus der niedersächsischen Provinz fähig ist: „Es ist diese Zeit im Jahr, in der er besonders gefährlich ist. Du hoffst insgeheim, dass er nicht so einen guten Tag gegen dich erwischt.“

Stafettenlauf durch die Medienzentren

Doch gegen die großen Namen läuft Showmann Brown in Wimbledon gern mal zu bestechender Form auf, nicht nur Nadal fiel ihm 2015 zum Opfer, sondern 2013 auch schon der frühere Champion Lleyton Hewitt. „Wimbledon ist immer eine besondere Inspiration für mich, eine Art Kraftquelle“, sagt der Davis-Cup-Spieler, „irgendwie war das Turnier immer gut zu mir.“ Und wie nirgendwo anders rückt Brown hier, im grünen Tennis-Paradies, auch in den Fokus der internationalen Öffentlichkeit und der Medien. Bereits nach seinem Auftaktsieg war der unkonventionelle Artist einmal mehr ein gefragter Mann, fast so lang wie das gesamte Spiel dauerte sein Stafettenlauf durchs Presse- und Fernsehzentrum.

Selbst für asiatische und südamerikanische TV-Kanäle stand Brown Rede und Antwort – es war irgendwie auch noch ein Nachhall der letztjährigen Centre-Court-Gala gegen Rafael Nadal. „Ein Sieg wie dieser brennt sich einfach ins kollektive Gedächtnis ein“, sagt der Schwede Mats Wilander, der regelmäßig für das hauseigene Wimbledon-TV im Einsatz ist, „Brown ist auch jemand, den du wirklich nicht so leicht vergisst.“ In den letzten Jahren schlug sich Brown regelmäßig über die Qualifikation ins Hauptfeld hinein. Jetzt, nach der Freikarte ins große Turnier, hofft er auch auf einen längeren Atem und Aufenthalt an der Church Road: „Es wäre schön, wenn die Reise noch ein bisschen länger dauert“, sagt er.

Hier die Herren-Ergebnisse aus Wimbledon.

Hier der Spielplan.

von tennisnet.com

Mittwoch
29.06.2016, 07:57 Uhr