Wimbledon: Wurde Taylor Fritz gestern betrogen?
Taylor Fritz hätte gestern gerne noch den fünften Satz gegen Giovanni Mpetshi Perricard begonnen - die Offiziellen waren dagegen. Obwohl noch genügend Zeit zur Disposition war.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
01.07.2025, 10:36 Uhr
Man muss sich die Szenerie am Abend eines Spieltages in Wimbledon folgendermaßen vorstellen: Die Church Road, die am All England Lawn Tennis Club vorbei geht, ist für den Verkehr gesperrt, nach Abschluss der Matches drängen sich dort ziemlich viele Menschen entweder Richtung Wimbledon oder der U-Bahn-Station Southfields. Es geht eng, aber äußerst manierlich zu. Aber um 23 Uhr sollte Schicht im Schacht sein.
Das wissen die Spieler, das wissen die Offiziellen, das wissen die Fans. Und bei Alexander Zverev und Arthur Rinderknech hat das ja auch wunderbar funktioniert: Kaum war der zweite Satz zu Ende, schon schlug die Uhr elf Mal. So weit, so gut.
Anders war die Sache indes auf Court 1 gelagert. Da hatten Giovanni Mpetshi Perricard und Taylor Fritz gerade Satz vier über die Bühne gebracht. Der Franzose hatte im Tiebreak mit 5:1 geführt, Fritz ein sehenswertes Comeback hingelegt (mit freundlicher Unterstützung seines Gegners). Aber so wie die Dinge lagen, war das Momentum plötzlich auf der Seite des US-Amerikaners. Und die Uhr zeigte 22:20 Uhr! Bei dem Tempo, mit dem Fritz und Mpetshi Perricard ihre Aufschlagspiele (im wahrsten Sinne des Wortes) durchpeitschten, war ein Abschlusssatz innerhalb von 40 Minuten allemal möglich.
Djokovic und Nadal beenden ihr Halbfinale 2018 überdacht
Dass die beiden dennoch in die Kabine geschickt wurden, erboste also in erster Linie Taylor Fritz, der zwingend weiterspielen wollte, genau das auch dem Supervisor mitteilte und dann in den Chor der Buhs der Fans einstimmte. Denn Fritz machte körperlich den besseren Eindruck, hatte abgesehen vom Tiebreak von Durchgang vier auch ein bisschen spielerisch das Kommando übernommen - bei den seltenen Ballwechseln. Und muss sich heute also noch einmal frisch aufmachen, um der Power von Giovanni Mpetshi Perricard etwas entgegensetzen zu können. Spannend wird die Frage sein, ob mit offenem Dach gespielt wird. Denn gestern war dieses geschlossen. Präzedenzfälle gab es, man erinnere sich an 2018, als Novak Djokovic und Rafael Nadal ihr Halbfinale in einer Hallen-Atmosphäre abschließen mussten, obwohl draußen die Sonne schien. Wenn die Erinnerung nicht trügt: Weil Djokovic nicht zugestimmt hatte, bei offenem Dach zu spielen.
Heute kündigt sich der heißeste Tag des Jahres in Wimbledon an. Die äußeren Voraussetzungen sprechen also für ein Freiluft-Match. Taylor Fritz würde das wohl begrüßen - weil klinische Bedingungen eher dem Monster-Aufschläger Mpetshi Perricard zugute kommen. Man darf gespannt sein.
Hier das Einzel-Tableau in Wimbledon