Youngster Lukas Neumayer im Interview: "Super, mit Dominic Thiem ein Idol im eigenen Land zu haben"

Lukas Neumayer ist eine der größten Nachwuchshoffnungen im österreichischen Tennis. Der Radstädter spricht im Interview mit tennisnet.com über seine mittelfristigen Ziele, seine abgelaufene Zeit bei den Junioren und erklärt, was man von Dominic Thiem alles lernen kann.

von Michael Rothschädl
zuletzt bearbeitet: 28.01.2021, 14:45 Uhr

Lukas Neumayer hat nach seiner letzten Junioren-Saison viel vor
Lukas Neumayer hat nach seiner letzten Junioren-Saison viel vor

Herr Neumayer, Sie kommen gerade vom Training. Wie gestaltet sich dieses derzeit?

In der Früh starte ich meistens mit einem Warm-Up für den Rumpf oder einem Schnelligkeitstraining, danach steht am Vormittag eine zweistündige Tennis-Session auf dem Programm. Am Nachmittag stehe ich dann noch einmal für eine Stunde auf dem Platz. Danach mache ich noch eine weitere Einheit in der Kraftkammer. So sieht mein tägliches Training derzeit aus.

Wie oft stehen Sie aktuell mit Ihrem „zweiten“ Trainer Günter Bresnik auf dem Platz?

Eigentlich kann ich fast immer, wenn ich hier in der Südstadt bin, mit Günter trainieren.

Hat sich durch seine Zusammenarbeit mit Gael Monfils etwas verändert?

Nein, bislang hatte das gar keinen Einfluss.

In Österreich sehen Hobbyspieler ja aufgrund des anhaltenden Lockdowns weiterhin in die Röhre. Haben die COVID-19-bedingten Restriktionen auf Sie irgendeinen Einfluss?

Derzeit hat es eigentlich keinen Einfluss auf mein Training. Während dem ersten Lockdown durfte ich nicht trainieren, nun gibt es aber schon einige Spieler, die trotz Lockdown trainieren dürfen. Ich bin also sehr zufrieden mit der Situation.

Hat überhaupt keinen Einfluss auf meine Leistungsfähigkeit gehabt. 

Lukas Neumayer über seine symptomlose COVID-Infektion im Vorjahr. 

Sie haben selbst eine Corona-Infektion hinter sich. Hat diese außer dem zehntägigen „Trainingsverbot“ irgendwelche Auswirkungen auf Sie gehabt?

Meine Corona-Infektion ist symptomlos verlaufen, ich hatte also überhaupt keine Beeinträchtigungen. Auch danach hat es keinen Einfluss auf meine Leistungsfähigkeit gehabt.

Das Vorjahr endete für Sie mit einem sportlichen Dämpfer. Wie Sie gegenüber den Salzburger Nachrichten erklärt haben, sind Sie mit sehr hohen Erwartungen zur Orange Bowl nach Florida gereist. Geworden ist es dann ein klares Zweitrundenaus. War der selbst auferlegte Druck bei Ihrem letzten Juniorenturnier zu groß?

Der Druck war ganz bestimmt ein Thema. Es war aber auch ein ganz schlechter Tag, an dem einfach nichts zusammenlaufen wollte. Aber ja, ich bin mit großen Erwartungen zur Orange Bowl gereist, das war dann sehr schade.

Stichwort Druck: Nahezu alle Topspieler streichen stets die Wichtigkeit der mentalen Komponente hervor. Mit Patrick Bernatzky arbeiten Sie vergleichsweise früh bereits mit einem Mentaltrainer zusammen. An was wird bei diesen Terminen konkret gearbeitet?

Am Anfang meiner Karriere hatte ich das Problem, dass ich zu viel gejammert habe, dass ich zu negativ am Platz war – das haben wir in den Griff bekommen. Aber auch die Vorbereitung auf Matches, mentale Stärke während dem Spiel und andere Themen abseits des Platzes besprechen wir während diesen Terminen.

Wie bereits angesprochen ist Ihre Zeit bei den Junioren seit diesem Jahr Geschichte. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück? Bei den French Open war gegen den späteren Sieger Dominic Stricker ja einiges drinnen.

Die Niederlage gegen Dominic (Anm. Stricker) war auf jeden Fall sehr schade, weil ich bereits zuvor drei Mal gegen ihn gespielt habe und davon zwei Matches gewonnen habe. Außerdem habe ich das gesamte Turnier über sehr gut gespielt und ausgerechnet gegen ihn mein schlechtestes Match im Turnier abgeliefert. Das war natürlich sehr schade, weil es ein so großes und wichtiges Turnier war.

Bereits seit dem Vorjahr gilt es nun für Sie, sich auf Future-Ebene zu behaupten. Wie ist Ihnen der Übergang bislang geglückt?

Ich habe mir zum Glück gleich beim ersten Turnier in diesem Jahr meine ersten Punkte erspielt, was das erklärte Ziel war. Aber ich brauche auf jeden Fall noch einige Matches, um mein bestes Tennis bei diesen Turnieren zeigen zu können.

In Antalya zum Start ins Jahr konnten Sie dabei deinen ersten Triumph auf dieser Ebene feiern, im Achtelfinale kam dann das knappe Aus. Woran müssen Sie nun jetzt konkret arbeiten, um konstant auf diesem Niveau spielen zu können?

Die Konstanz ist auf jeden Fall einer der wichtigsten Faktoren, an denen ich arbeiten muss. Das heißt, vom ersten bis zum letzten Punkt ein solides Tennis auf den Platz zu bringen, ohne größere negative Ausschläge. Das ist etwas, das ich ganz sicher noch verbessern muss.

Viele unserer Leser haben wohl zwar bereits Ihren Namen gehört, sahen Sie aber noch nie spielen: Wie würden Sie sich als Spieler beschreiben? Was sind Ihre großen Stärken?

Mich zeichnet das druckvolle Spiel von der Grundlinie aus. Ich habe wuchtige Grundschläge, versuche aber auch, variantenreich zu spielen, spiele gerne mit vielen Stopps. Aber am zentralsten in meinem Spiel sind ganz sicher die Schläge von der Grundlinie.

Wirft man einen Blick auf Ihre Homepage, so sieht man, dass Sie durchaus ambitionierte Ziele haben. Langfristig wollen Sie etwa in die Top-10 der Weltrangliste. Wo sehen Sie sich heute in zwei Jahren?

Zum Ende dieser Saison ist es mein Ziel, in Richtung Platz 600 der Weltrangliste vorzudringen. In zwei Jahren dann möchte ich nah dran an Platz 200 sein, damit ich Challenger-Turniere spielen kann und vielleicht das ein oder andere ATP-Turnier bestreiten kann. Das wäre auf jeden Fall ein großes Ziel.

Neben Ihren Auftritten bei den Junioren-Bewerben der Grand Slams stellte das Antreten bei der Generali Austrian Pro Series im Sommer sicher ein ganz großes Karrierehighlight für Sie dar. Was konnten Sie von diesem „Marathon-Turnier“ mitnehmen?

Davon konnte ich wirklich enorm viel mitnehmen. Gegen all die gestandenen Spieler zu spielen, wie gegen Ofi (Anm. Sebastian Ofner), Jürgen Melzer oder Dominic Thiem – da kann man einfach enorm viel lernen. Es ist eben etwas anderes, ob ein solcher Spieler oder ein Future-Spieler auf der anderen Seite steht. Das ist eine andere Qualität in den Schlägen, etwa wenn die Aufschläge mit über 200 km/h daherkommen.

Glaube, dass jeder Spieler enorm viel von Dominic lernen kann

Dominic Thiem ist für Lukas Neumayer ein Idol im eigenen Land

Im Zuge der Generali Austrian Pro Series haben Sie außerdem ein Match gegen Dominic Thiem bestritten, der sich seit dem Vorjahr Grand-Slam-Champion nennen darf. Was können Sie von ihm lernen?

Ich glaube, dass jeder Spieler enorm viel von Dominic lernen kann. Er hat einfach ein unglaubliches Spiel, hat unglaubliche Schläge. Ich denke, dass seine Vorhand aber sein stärkster Schlag ist, es ist unfassbar, wie viel Druck er damit erzeugen kann. Davon kann man sich natürlich einiges abschauen.

Auch Dominic Thiem hat etliche Jahre mit Günter Bresnik zusammengearbeitet, versucht man da vielleicht sogar, diese Vorhand „zu kopieren“?

Nein, eigentlich nicht. Ich arbeite erst seit vorigem Jahr mit Günter zusammen und an der Technik verändern wir eigentlich nur noch Kleinigkeiten. Weil die passt eigentlich so, wie sie jetzt ist, ganz gut.

Während Thiem in Österreich wieder für einen regelrechten Tennis-Hype gesorgt hat, ist es für die nachkommende Generation wohl nicht immer einfach. Sehen Sie es als Belastung, wohl immer mit einem Dominic Thiem verglichen zu werden?

Nein, ich sehe das als überhaupt keine Belastung. Es ist super, dass wir in Österreich einen solchen Tennisspieler haben. Es ist auch für mich super, so ein Idol im eigenen Land zu haben, jemanden zu haben, zu dem man aufschauen kann. Also nein, ich sehe darin überhaupt keine Belastung.  

Seit Oktober im Vorjahr sind Sie nun auch Heeressportler. Haben sich Ihre Trainingsbedingungen dadurch verbessert?

Die Trainingsbedingungen sind jetzt auf jeden Fall deutlich besser, das Bundesheer hat hier in der Südstadt, wo das Leistungszentrum ist, einen Stützpunkt. Ich habe hier ein Zimmer und gehe zu Fuß gerade einmal zwei Minuten in die Halle. Außerdem kann ich die Kraftkammer mitnutzen. Die Bedingungen sind also spitze, ich bin sehr dankbar für die Unterstützung, die ich vom Heeressport erhalte.

Wie ließ sich Sport und Schule zuvor unter einen Hut bringen?

Ich habe im Vorjahr aufgehört mit der Schule, weil es sich einfach nicht mehr mit dem Tennistraining vereinbaren ließ. Das Lernen auf den Turnieren, das war am Ende einfach zu viel. Ich habe diese Entscheidung mit meiner Familie und meinem Trainerteam lange besprochen und ich denke, dass ich mich richtig entschieden habe, weil ich mich jetzt voll und ganz aufs Tennis konzentrieren kann.

Sie sind nun für ein, zwei Wochen wieder in der Heimat, danach geht es wieder weiter im Tenniszirkus. Wie sehen Ihre kommenden Wochen konkret aus?

Genau, ich werde in den kommenden beiden Wochen hier in der Heimat trainieren, danach geht es entweder nach Tunesien oder Ägypten, das ist noch nicht ganz klar. Ich muss erst schauen, in welches Turnier ich reinkomme.

Mit 18 ist es nicht selbstverständlich, so viel Zeit fernab des Zuhauses zu verbringen. Wie gehen Sie mit dieser Situation um?

Ich reise jetzt schon seit einigen Jahren sehr viel, weshalb es heute kein Problem für mich darstellt. Außerdem macht es mir großen Spaß, auf Turniere zu fliegen – sonst würde ich das ja auch nicht machen. Auf der anderen Seite ist es aber immer sehr schön, nach Hause zu kommen und die Familie wiederzusehen.

Vielen Dank für das Gespräch. 

von Michael Rothschädl

Donnerstag
28.01.2021, 19:15 Uhr
zuletzt bearbeitet: 28.01.2021, 14:45 Uhr