„Es war manchmal etwas unter der Gürtellinie“

Alex Antonitsch erinnert sich an die dramatische Davis-Cup-Partie zwischen Österreich und Deutschland im Jahr 1994.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 03.04.2014, 11:18 Uhr

Vom 25. bis 27. März 1994 duellierten sichÖsterreich und Deutschland in Unterpremstättenin einer der denkwürdigsten Davis-Cup-Partien in der deutschen und österreichischen Tennisgeschichte. Deutschland setzte sich im Hexenkessel mit 3:2 durch. tennisnet.com-HerausgeberAlex Antonitscherinnert sich an die Geschehnisse in Unterpremstätten und spricht über die Bedeutung des Davis Cup.

Alex, du warst einer der Protagonisten beim Davis-Cup-Drama zwischen Deutschland und Österreich in Unterpremstätten. Wie frisch sind noch deine Erinnerungen an jenes Wochenende?

Natürlich wird so eine Davis-Cup-Partie immer in Erinnerung bleiben. Da reicht schon ein kleiner Hinweis und alles ist wieder abrufbar.

Hast du in deiner Karriere je solch eine Stimmung erlebt wie in Unterpremstätten?

Ja, beim Semifinale 1990 gegen die USA. Damals waren über 17.000 Zuschauer jeden Tag im Praterstadion, im Fußballstadion in Wien. Wir mussten am Montag, an einem normalen Arbeitstag, die Begegnung beenden. Da kamen nochmals über 17.000 Zuschauer. Es war von den Emotionen her das Beste, was ich in meiner Karriere erleben durfte - trotz Niederlage.

Du hast das Doppel an der Seite von Thomas Muster gespielt und in fünf Sätzen gegen Michael Stich und Patrik Kühnen verloren. War das im Nachhinein der ausschlaggebende Punkt für Deutschland?

Klar, obwohl wir auch beim Stand von 2:2 noch eine gute Chance hatten. Im Doppel war damals Stich fast in einer eigenen Liga.

Das Highlight war ohne Frage das Einzel zwischen Thomas Muster und Michael Stich. Wie schwer war es für dich, bei einem ständigen Auf und Ab der Gefühle fünfeinhalb Stunden auf der Bank zu sitzen?

Es war definitiv das dramatischste Tennismatch, was ich je gesehen haben, und das waren ja einige. Natürlich auch, weil wir das bessere Ende hatten. Dabei wussten wir gar nicht, ob Tom überhaupt spielen kann am Sonntag.

Als zweiter Einzelspieler hat Horst Skoff gespielt, der das entscheidende Match gegen Marc-Kevin Goellner verloren hat. Wie gerne hättest du das letzte Einzel gespielt?

Wir hätten alle sehr gerne gespielt, das galt auch für unseren vierten Mann, Gilbert Schaller.

Die Stimmung war damals sehr aufgeheizt. Stich hat später davon gesprochen, dass die Zuschauer nicht für Österreich, sondern gegen Deutschland waren. Wie sind die Spieler untereinander mit dieser Rivalität umgegangen?

Stimmt, zum großen Teil war die Stimmung wirklich großartig, aber manchmal auch etwas unter Gürtellinie. Besonders für Stich war es nicht gerade leicht. Wir haben den Deutschen nach der Partie gratuliert und für manche Zwischenrufe entschuldigt. Wir waren ja das ganze Jahr über bei vielen Turnieren gemeinsam mit den Deutschen unterwegs und verbrachten viel Zeit miteinander oder spielten auch manchmal Doppel.

Du hast zwölf Jahre lang Davis Cup für Österreich spielt, hast an 27 Begegnungen teilgenommen. Was war für dich das Besondere am Davis Cup?

Für mich war es immer diese außergewöhnliche Stimmung, dieser Länderspielcharakter.

War das Davis-Cup-Duell mit Deutschland gleichzeitig dein schönstes und schlimmstes Erlebnis im Davis Cup oder stechen noch andere Ereignisse hervor?

Die Partie gegen die USA im Jahr 1990 war schon besonders. Natürlich sind die ersten Siege in der Weltgruppe oder der Einzug ins Semifinale auch in bleibender Erinnerung.

DerDavis Cupscheint nicht mehr die Bedeutung zu haben, die er einst hatte. Was würdest du am Format im Davis Cup ändern, um den Anreiz zu erhöhen?

Da müsste sich sehr viel ändern. Die Topspieler müssen alle antreten. Da der Kalender ein großes Thema unter den Spielern ist, kann man darüber nachdenken, den Davis Cup eventuell nur alle zwei Jahre zu spielen. Der Davis Cup begeistert auch Fans, die sich normalerweise nicht so für Tennis interessieren. Es ist immer eine große Chance für kleinere Nationen sich zu präsentieren. Der Sonntag sollte im Davis Cup entscheidend sein. Das hat man an den Ereignissen in Frankfurt im Februar wieder gesehen. Der Wettbewerb muss mehr Event-Charakter haben. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass es am Samstag nur ein Doppel gibt.

Du bist einer von zahlreichen Spielern, die dazu berechtigt sind, denDavis Cup Commitment Award(mindestens 20 Teilnahmen am Davis Cup) zu erhalten. Weißt du schon, wann die ITF dich mit diesem Preis auszeichnen wird?

Nein, darüber habe ich noch keine Informationen bekommen. Da die ITF die Preise bei Heimspielen überreicht, muss ich wohl auf eines der nächsten Heimspiele von Österreich warten.

Das Gespräch führte Christian Albrecht Barschel.

von tennisnet.com

Donnerstag
03.04.2014, 11:18 Uhr