Alexander Peya im Interview - „Kyrgios ist von Sock noch ein Stück weit weg“

Doppel-Ass Alexander Peya hat zuletzt als Experte für den ORF das Comeback von Dominic Thiem in Marbella begleitet. Und hat auch die große ATP-Tour nicht aus dem Blick verloren.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 09.04.2022, 14:17 Uhr

Alexander Peya 2018 an der Seite von Nikola Mektic
© GEPA Pictures
Alexander Peya 2018 an der Seite von Nikola Mektic

17 Doppel-Titel hat Alexander Peya auf der ATP-Tour bislang gewinnen können, den letzten 2018 an der Seite von Nikola Mektic. Im selben Jahr holte er mit Nicole Melichar den Mixed-Titel in Wimbledon, verletzte sich gegen Ende der Saison aber am Ellbogen. Ob der Niederösterreicher wieder zurück auf die Tour kommen wird, ist offen.

tennisnet: Herr Peya. Wie geht es Ihnen gerade?

Alexander Peya: Ich würde nicht sagen, dass ich gerade noch am Comeback arbeite, dafür gab es dann doch zu viele Rückschläge. Ende 2021 habe ich ein paar Wochen intensiver trainiert, hatte dann aber sehr schnell wieder einen kleinen Einriss im Ellbogen. So etwas wirft einen dann gleich wieder ein paar Monate zurück.

tennisnet: Lassen Sie uns auf die aktuellen Entwicklungen auf der ATP-Tour schauen, vor allem auf das Doppel. Ihr ehemaliger Partner Nikola Mektic hat mit Mate Pavic die Szene bis zum Olympiasieg in Tokio 2021 dominiert. Danach ist dieser Erfolgslauf abrupt zu Ende gegangen. Warum?

Peya: Das ist das Schöne, oder auch nicht, am Doppel: Alles kann sich schnell ändern, auch bedingt durch das Zählsystem mit den Champions-Tiebreaks. Viele Faktoren spielen eine Rolle, der wichtigste davon ist wohl das Selbstvertrauen in den engen Situationen. Man darf nicht vergessen: Im vergangenen Jahr sind Mektic/Pavic in Toronto bei 16 gewonnenen Champions-Tiebreaks von 17 gestanden. So etwas ist äußerst unrealistisch. Da ist einfach alles in ihre Richtung gelaufen. Und genauso geht es jetzt auch andersrum. In Indian Wells habe ich die beiden gegen John Isner und Jack Sock gesehen, was vom Los her natürlich schon schwierig ist. In dem Match haben Nikola und Mate in der Entscheidung mit Mini-Break geführt, aber es hat diese Selbstverständlichkeit vom letzten Jahr gefehlt. Bis zu Olympia haben die beiden ja verkörpert: „Das wird schon irgendwie in unsere Richtung laufen.“

„John Isners Sieg in Miami hat mich überrascht“

tennisnet: Gleichen sich die Champions-Tiebreaks im Laufe der Wochen nicht aus?

Peya: Es kommt selten vor, dass diese Tiebreaks fifty-fifty laufen. Sondern eher in großen Schwüngen. Das hat, wie gesagt, viel mit Selbstvertrauen zu tun.

tennisnet: John Isner hat in Indian Wells und in Miami im Doppel gewonnen. Kann man davon ausgehen, dass Isner sich vielleicht mehr auf das Doppel konzentrieren wird, um noch einmal zu den ATP Finals zu kommen?

Peya: Prinzipiell glaube ich, dass Isner überhaupt nicht in Richtung Doppel denkt. Mich hat vor allem der zweite Titel, der in Miami, überrascht. Indian Wells wird von den Einzelspielern ja gerne genützt, weil sie danach sowieso nach Miami müssen. Und das Turnier dann konzentriert zu enden spielen. Dass Isner das dann auch noch in Miami macht: Hut ab! Sollte Isner mit Sock noch ein, zwei Turniere spielen, dann haben die mit diesem 1000er schon einen gewissen Grundstock an Punkten. Als Faustregel gilt aber, dass man für das ATP-Finale so um die 3.500 Punkte braucht. Da fehlt schon noch einiges.

tennisnet: Ist Jack Sock bereits wieder auf jenem Level, das ihn zu einem der besten Doppelspieler der Welt gemach hat?

Peya: Für mich war Jack Sock immer der Beste. Weil er sehr viel mitbringt. Er hat mit seinem Aufschlag, vor allem aber mit seiner Vorhand Waffen, die im Doppel kaum zu verteidigen sind. Er findet immer irgendwo Lücken auf dem Platz. Und auch wenn man es ihm manchmal nicht so ansieht: Er ist sehr athletisch und schnell. Und versteht das Spiel sehr gut. Er steht nicht immer richtig, wenn man von einer optimalen Positionierung ausgeht. Aber Jack macht viel mit seiner Antizipation wett. Wenn er sich auf seine Vorhand vorbereiten kann, findet er Winkel, die können andere Spieler gar nicht. Und das mit einer Power - da ist man als Gegner wahnsinnig unter Druck.

„Bolelli und Fognini verstehen das Doppel sehr gut“

tennisnet: In Houston hat Sock in dieser Woche gemeinsam mit Nick Kyrgios gespielt. Ist Kyrgios nach dem Sieg mit Thanasi Kokkinakis bei den Australian Open im Doppel schon so weit wie Sock?

Peya: Zwischen Sock und Kyrgios ist schon noch ein Stück dazwischen. Bei Kyrgios ist es für mich noch mehr der Aufschlag, der ihn wahnsinnig stark macht. Und auch seine Einstellung, die es ihm woanders vielleicht schwer macht. Aber er ist komplett entspannt, lässt keinen Druck auf sich einwirken. Wie entspannt er die Australian Open ausserviert hat! Der denkt da keine Sekunde über irgend etwas nach. Trotzdem ist Jack Sock von der Spielanlage her noch um einiges unangenehmer.

tennisnet: Das klassisch aus Doppelspielern zusammengesetzte Paar, das in diesem Jahr am besten spielt, ist jenes von Wesley Koolhof und Neal Skupski. Warum funktionieren die beiden so gut?

Peya: Die beiden haben sich gut gefunden, spielen bis jetzt eine sensationelle Saison. Und mit einer extremen Konstanz. Und es kommt das ins Spiel, was wir bei Pavic und Mektic angesprochen haben: Wenn das Werkl einmal ins Laufen kommt, dann schwebt man von Turnier zu Turnier und gewinnt die engen Matches.

tennisnet: Noch ein Wort zu Simone Bolelli und Fabio Fognini, die in dieser Saison sehr starke Leistungen abgeliefert haben. Sehen Sie einen zweiten, vielleicht letzten Frühling für die beiden Italiener heraufziehen?

Peya: Die beiden können immer zu den acht besten Doppeln der Welt gehören, weil sie eine wahnsinnige individuelle Klasse haben. Und jetzt kommen dann auch noch Turniere, die den Bolelli und Fognini liegen werden. In den letzten Jahren haben sie ja auch nicht so viele Turniere gemeinsam gespielt, weil Fognini im Einzel ja noch sehr aktiv war und ist. Das sind zwei ausgezeichnete Tennisspieler, die das Doppel sehr gut verstehen. Auch auf schnelleren Belägen.

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von Jens Huiber

Samstag
09.04.2022, 13:15 Uhr
zuletzt bearbeitet: 09.04.2022, 14:17 Uhr

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