Alexander Zverev - Bereit für die Tennis-Festwochen der Saison: „Ich kann überall angreifen“

Alexander Zverev gewann in Madrid den vierten ATP-Masters-1000-Titel seiner Karriere. Bei den Frech Open soll ihm bald auch schon auf Grand-Slam-Ebene der ganz große Coup gelingen.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 10.05.2021, 15:38 Uhr

Alexander Zverev schlug Matteo Berrettini im Finale in drei Sätzen
© Getty Images
Alexander Zverev war in Madrid am Ende der strahlenden Sieger

Wie eine rauschende Party in diesen Corona-Zeiten aussieht, präsentierte Alexander Zverev seiner Internet-Gemeinde noch am Abend des Masters-Sieges von Madrid in Bild und Ton. Gemeinsam mit dem Team Zverev posierte der Sandplatz-Champion vor den Überresten einer üppigen Fastfood-Lieferung in seinem Hotel. Es wirkte nicht besonders gesund oder anziehend, dieses spätabendliche Mahl, aber die kleine Sünde tat offenbar sehr gut nach der harten Plackerei im roten Sand.

„Unbeschreiblich“ fühle es sich an, nach drei Jahren wieder einen Masters-Titel gewonnen zu haben, sagte der 24-jährige Hamburger nach dem Erfolgserlebnis, das er mit einem dramatischen 6:7 (8), 6:4, 6:3-Sieg gegen den formstarken Italiener Matteo Berrettini in der „Caja Magica“ sichergestellt hatte. In Sichtweite der Jahres-Höhepunkte, der wichtigsten Saisonwochen, wirkte Zverev bereit für die kommenden Herausforderungen – bei den French Open in Paris ab Ende Mai und in Wimbledon einen Monat später. „Das war beeindruckend von Zverev. Sehr, sehr gut“, befand Turnier-Impresario Ion Tiriac, der am Sonntag seinen 82. Geburtstag feierte.

Harter Weg in Madrid

Turniersiege kann man mit viel Glück und der Gunst des Auslosungs-Schicksals erarbeiten. Es gibt Gewinner, die durchs Ziel marschieren, ohne auch nur einen Top 10-Gegner geschlagen zu haben. Auf Zverev traf das allerdings in Madrid, beim Masters-Branchentreffen der Topspieler, ganz und gar nicht zu. Zunächst erledigte er äußerst unbequeme Vorrundenaufgaben, gleich zum Auftakt gegen einen ehemaligen Grand Slam-Finalisten wie Kei Nishikori oder den Briten Dan Evans. Dann hätte ihn normaler Weise das Aus ereilen können, vielleicht gar müssen, im Viertelfinale gegen den besten Sandplatzspieler aller Zeiten, den 13-maligen French Open-Sieger Rafael Nadal. Doch den „Kannibalen“ und Lokalmatador räumte er ebenso sicher aus dem Weg wie im Halbfinale dessen Kronprinzen, den zweimaligen Roland Garros-Finalisten Dominic Thiem. Was für Zverev im letzteren Fall auch eine kleine Revanche für den großen US Open-Frust des letzten Herbstes war – damals hatte der Deutsche gegen den Österreicher noch eine 2:0-Satzführung im Grand Slam-Finale verschleudert. „So etwas schafft man nicht alle Tage“, sagte Zverev im Rückblick, zu Recht selbst etwas beeindruckt vom außergewöhnlichen Double gegen Nadal und Thiem.

Fast immer weiß man bei Zverev nicht so genau, woran man mit ihm ist. Im Guten wie im Schlechten. Im Finale gegen Berrettini schien vieles möglich, eine stabile Fortsetzung seiner Erfolgsserie, aber auch ein Einbruch. Ein Aussetzer wie vor anderthalb Wochen bei den Münchner BMW Open, als er gegen den Belarussen Ivashka, die Nummer 107 der Weltrangliste, jäh ausschied. Aber ein vergleichbar bitterer Abgang blieb ihm in Madrid erspart, trotz eines Black-Outs im umkämpften Tiebreak des ersten Satzes, als er bei 8:8 einen zweiten Aufschlag mit 226 Stundenkilometern ins Aus setzte und das Glücksspiel danach verlor. Zverev machte sich wenig draus, drehte die Partie, vor allem mit unbändigem Einsatz, weniger mit großer spielerischer Klasse. Er zeigte die Qualitäten, die es bei den Zermürbungsauftritten im Sand braucht: Ausdauer, Geduld, Defensivstärke, Moral. Ganz einfach den nötigen Biss und Mumm. „Ich habe in keinem Spiel irgendwie nachgelassen oder aufgesteckt“, sagte Zverev.

Zverev als Anführer seiner Generation

Es lohnte sich, am Stichtag Madrid einen Blick auf Zverev und seine Altersgenossen zu werfen. Denn so sehr etwa die Russen Medvedev oder Rublev gehypt werden, so sehr man von der Kreativität des Griechen Tsitsipas schwärmt – Zverev ist der mit Abstand erfolgreichste Spieler der U25-Truppe im Wanderzirkus. Bis jetzt hat er 15 Titel eingesammelt, dahinter folgen in gebührender Distanz Medvedev (10) und Rublev (8). Unter den aktiven Spielern aller Altersklassen hat Zverev nach den Großmeistern Djokovic, Nadal, Federer und Murray nun die meisten Masters-Siege, 4 an der Zahl. Was ihm noch fehlt, ist ein Grand Slam-Titel. 

Drei Möglichkeiten hat er noch in dieser Saison, allerdings zeigen gerade an diesen Schauplätzen die überaus rüstigen Veteranen ihre Beharrungskraft. „Ich fühle mich gut, um in diesem Jahr überall angreifen zu können“, sagte Zverev, dem nach dem Sieg und der leicht bizarren Fast Food-Sause kaum Zeit zum Atemholen blieb. Schon am Montagmorgen ging es per Flugzeug weiter nach Rom, weiter zum nächsten Masters-Wettbewerb. „So lange wie möglich“ wolle er auch dort am Ball und im Geschehen bleiben, so Zverev, „mal sehen, was geht.“ Das eigentlich große Ziel sind nun aber erst einmal die Grand Slam-Festspiele in Paris. Dort hat es Zverev schon zwei Mal bis ins Viertelfinale geschafft. Mehr ist möglich und machbar für ihn. Vielleicht schon 2021.

Hier das Einzel-Tableau in Madrid

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von Jörg Allmeroth

Montag
10.05.2021, 14:37 Uhr
zuletzt bearbeitet: 10.05.2021, 15:38 Uhr

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