Heikle Comeback-Mission im "Monsterjahr"

Die Darmstädterin bekam "grünes Licht vom Doc" und darf sich auf eine baldige Rückkehr freuen.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 27.03.2012, 11:23 Uhr

Von Jörg Allmeroth

Für die 48.862 Jünger, die ihre launigen Botschaften über den Kurznachrichten-Dienst „Twitter“ im Internet verfolgen, gab's die frohe Kunde zur Sicherheit gleich zweisprachig.„Grünes Licht vom Doc“und der Sieg der geliebten Frankfurter Eintracht an der Alten Försterei in Berlin-Köpenick, das sei der „beste Tag überhaupt“, teilteAndrea Petkovicam späten Montagabend zunächst ihrer deutschen Leser-Gemeinde knapp und prägnant mit. Dann folgte noch schnell ein wortspielerischer Eintrag der Darmstädterin auf Englisch, der so begann: „The back ist back“. Im hintersinnigen Klartext also: Der Rücken ist wieder da. Und damit schon bald auch Petkovic selbst, die Frontfrau und Anstifterin des deutschen Fräuleinwunders.

So begann an diesem 26. März 2012, ziemlich genau ein Jahr, nachdem Petkovic mit einem Sieg gegen die Weltranglisten-Erste Caroline Wozniacki beim Millionen-Turnier in Miami erstmals international für Furore gesorgt hatte, nicht nur die Mission Wiederaufbau für den Neustart im Wanderzirkus. Sondern auch eine heikle, äußerst komplizierte Gratwanderung in Petkovics Karriere, ausgerechnet vor den „Monsterwochen“ und dem Mammutprogramm der Tourkarawane in dieser vollgepackten Spielzeit: Nach einem Abschnitt in ihrer turbulenten Karriere, in dem fehlgeleiteter Ehrgeiz auch oft für die körperlichen Blessuren verantwortlich war, musste die 24-jährige Rekonvaleszentin nun schon bei ihrer Comeback-Herausforderung auf mehr Maß und Vernunft setzen – ohne ihren leidenschaftlichen Sieges- und Aufstiegswillen zu verlieren. „Sie muss jetzt gut aufpassen und sich nicht unnötig Stress machen“, sagte Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner, die bis gestern beim WTA-Spektakel in Miami weilte. Ein Satz, der auch einen leicht zweifelnden Grundton enthielt, nämlich den, ob die von Petkovic anvisierte Rückkehr zum Porsche Cup (23. bis 29. April) oder gar zum vorlaufenden Fed-Cup-Match gegen Australien tatsächlich möglich ist.

Petkovic spielt bis zur Schmerzgrenze

Rittners Bemerkung, sie sei im ständigen Kontakt mit Petkovic und berate sie „dauernd“ beim Comeback, lässt indes gleichzeitig den Schluss zu, dass die Weltklassespielerin aus dem angerichteten Schaden der letzten Verletzungspause klüger geworden ist. Denn in den letzten Monaten des alten Jahres hatte sich die Südhessin ein wenig, aber doch deutlich merkbar von jenen Vertrauten abgelöst, die ihr eigentlich die freiesten, unabhängigsten Ratschläge geben konnten – also Rittner, aber auch Vater Zoran Petkovic. Bei den US Open wollte das Duo die deutsche Nummer eins wegen eines Meniskus-Einrisses zur Aufgabe bewegen, doch Petkovic spielte unter Schmerzen und mit gehörigem Starr- und Eigensinn immer weiter. Als dann, im Spätherbst und in der Saisonvorbereitung, auch noch die Ärzte vergeblich auf Petkovic einredeten, wegen Schmerzen im unteren Rückenbereich zu pausieren oder das Trainingsprogramm zu reduzieren, folgte der fatale Ermüdungsbruch im sogenannten Kreuz-Darmbein-Gelenk – und das Aus in der neuen, gerade erst begonnenen Spielzeit. „Das muss ihr jetzt einfach eine Lehre sein, besser auf die Signale des Körpers zu achten. Und in ihrer Karriere nichts zu überstürzen“, sagt einer aus ihrem Freundeskreis auf der Tennis-Tour, „wer seine Ambitionen nicht kontrolliert, wird immer Probleme in diesem komplizierten Job bekommen.“

Das gilt umso mehr, da die gesamte Tenniskarawane in den nächsten Wochen und Monaten vor einer massiven Herausforderung steht: Der schweißtreibenden Sandplatzsaison mit dem Grand-Slam-Turnier in Paris als Höhepunkt folgen dicht das Wimbledon-Spektakel und dann die olympische Tenniskonkurrenz im All England Club. Die übliche Verschnaufpause im Sommer, in der besonders die stets herausgeforderten Spitzenspieler neue Kräfte tanken, gibt es 2012 nicht. Und nach einer verkürzten, aber deswegen keineswegs weniger strapaziösen Hartplatzsaison in Nordamerika, folgt dann auch noch das letzte Spektakel der Grand-Slam-Serie in New York, die US Open mit dem gewohnten Chaos aus Lärm, Wetterkapriolen und Organisationspannen. Sie wolle nichts „übers Knie brechen“, sagte Petkovic in ihrem Presse-Statement zu ihrem Anlauf der nächsten Wochen, zum Versuch, bis zum Porsche Cup in Stuttgart wieder fit und spielbereit zu werden. Aber diese Selbstverpflichtung braucht sie, das scheint ihr besonders Rittner klar gemacht zu haben, auch weit über diese nahe Tennisanstrengung hinaus.

Immerhin kann die beste Deutsche im Wanderzirkus bei ihrer Comeback-Aufgabe noch von der Saisonvorbereitung im Winter zehren, von dem mörderischen Fitnessprogramm, das sie erst einmal ins Aus zwang. „Das war so nachhaltig und intensiv“, so Petkovic, „dass ich jetzt nicht bei Null anfangen muss.“(Foto: GEPA pictures)

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