ATP: 20 Monate Pause - Andre Begemann im exklusiven Interview

Im Oktober 2021 gewann Andre Begemann an der Seite des Slowaken Igor Zelenay bei den Wolffkran Open in Ismaning seinen insgesamt 29. Titel auf der ATP-Challenger-Tour. Im Anschluss folgte eine rund 20-monatige Pause vom Profitennis.

von Florian Heer
zuletzt bearbeitet: 05.11.2023, 17:01 Uhr

© (c) Jürgen Hasenkopf
Andre Begemann hat mit dem Inder N. Sriram Balaji wieder einen zuverlässigen Standardpartner an der Seite

Von Florian Heer aus Ismaning

Ende Juni dieses Jahres dann das Comeback. Zuerst an der Seite des Inders Ramkumar Ramanathan trat der 39-jährige Deutsche bei zwei Challenger-Events in Italien an. Inzwischen ist er mit Ramanathans Landsmann N. Sriram Balaji, Nummer 79 der ATP-Doppelweltrangliste, unterwegs. Und dies äußerst erfolgreich. Im slowakischen Bratislava triumphierte die deutsch-indische Kombo zum ersten Mal gemeinsam. Für Begemann Turniersieg Nummer 30 auf Challenger-Level.

In dieser Woche ist Begemann, der auch vier Mal auf der großen ATP-Tour im Doppel siegreich war, an die Stätte seines letzten Erfolges in Deutschland zurückgekehrt. In Ismaning errang er am Samstag seinen bereits dritten Turniersieg bei dem einzigen Teppichturnier auf der ATP-Challenger-Tour. Im Finale besiegten Balaji/Begemann das deutsche Duo Constantin Frantzen und Hendrik Jebens 7:6(4), 6:4.

Nach dem Halbfinalerfolg von Balaji/Begemann über die topgesetzten Robert Galloway aus den Vereinigten Staaten und dem Franzosen Albano Olivetti im Halbfinale am Freitag haben wir den Deutschen zum Interview getroffen.

Glückwunsch, Andre! Das war eine ziemliche knappe Angelegenheit heute.

Jede Begegnung auf Teppich ist brisant. Das geht alles so schnell. Wir sind sehr glücklich die entscheidenden Punkte mehr gemacht zu haben gegen ein Weltklassedoppel, das noch vor ein paar Wochen bei den US-Open im Viertelfinale gestanden hat. Man merkt natürlich, dass sie in letzter Zeit einige Matches mehr als ich gespielt haben, aber es macht wieder richtig Spaß hier dabei zu sein.

Du hast eine längere Pause eingelegt ….

Mein letztes Turnier war tatsächlich der Sieg 2021 in Ismaning. Danach habe ich Corona gehabt, was sich auch etwas hingezogen hat. Ich habe dann in der Zwischenzeit ein paar andere Projekte angenommen und wollte einige Dinge zu Hause machen, für die ich in den letzten 15 Jahren keine Zeit gefunden habe.

Um welche Dinge ging es dabei?

Ich habe beispielsweise mit einem guten Freund jeden Samstag um 11 Uhr einfach „just for fun“ Tennis gespielt. Danach sind wir noch gemeinsam Essen gegangen. Wir haben einfach Sachen unternommen, die für viele wohl normal sind, aber für die ich leider nie Zeit hatte. Das war mir wichtig. Corona hat mir dazu die Möglichkeit gegeben, da die Tour zeitweise ausgesetzt war. Allerdings stand für mich fest, wieder auf die Tour zurückzukommen. Jetzt habe ich 12 Protected Rankings zur Verfügung mit meinem Durchschnittsranking von vor zwei Jahren. Ich habe mit Bala zusammen bei Palmengarten in der Bundesliga gespielt. Dort haben wir uns kennengelernt. Jetzt haben wir das Turnier in Bratislava zusammen gewonnen und damit bin ich schon wieder konkurrenzfähig (lacht). Ich freue mich einfach auf jedes Turnier, das ich spielen kann und fit bin. Es macht mir wahnsinnig Spaß. Außerdem habe ich eine andere Perspektive auf den Tennissport und die Tour bekommen. Das hat mir persönlich sehr geholfen.

Gab es auch Überlegungen mit dem Profitennis aufzuhören?

Ich liebe Tennis und betreibe den Sport mit sehr viel Leidenschaft. Man darf nur nicht vergessen, dass wenn man 10 oder 15 Jahre auf der Tour unterwegs ist, ist es nicht nur Leidenschaft, sondern auch Beruf. Man verbringt sehr wenig Zeit zu Hause und es wird ziemlich stressig. Da kann man manchmal schnell vergessen, wie viel Spaß man eigentlich mal hatte. Diesen habe ich mir während meiner Auszeit wiedergeholt. Ich habe mich fit gehalten aber nur ein-bis zweimal die Woche trainiert. Im April dieses Jahres habe ich mich dann wieder gesteigert und viel Aufbauarbeit mit meinem Physiotrainer geleistet. Leider habe ich mir gleich bei einem Turnier in Mailand einen Muskelfaserriss zugezogen und war für sechs Wochen wieder raus.

Warst du auch ein wenig überrascht, wie schnell du wieder erfolgreich auf der Tour spielen kannst?

Klar. Das ist Wahnsinn. Ich wusste zwar, dass ich das Level habe, aber ich bin jetzt 39 und dass es so schnell gehen würde, hätte ich nicht gedacht. Man benötigt die Siege, um sich wieder wohlzufühlen und Selbstvertrauen zu tanken. Wir haben dann viele gute Teams geschlagen, was meine Lust auf Tennis natürlich noch erhöht hat.

Du hast mit Balaji nun auch wieder einen regelmäßigen Partner an der Seite. Das ist auch keine Selbstverständlichkeit.

Bala wohnt in Frankfurt und wir trainieren zusammen bei Alex Waske an der Akademie. Außerdem sind wir in einem Team in Palmengarten. Dort hatte ich ihm auch gesagt, dass wenn er mal auf der Suche nach einem neuen Partner sein sollte, mich gerne anrufen kann. Dies hat er dann überraschenderweise auch getan, wofür ich sehr dankbar bin. Er hat nicht nur ein gutes Ranking, sondern ist auch ein super Typ.

Und Ismaning scheint ein gutes Pflaster zu sein?

Ich bin jetzt hier seit 12 Matches ungeschlagen und konnte noch nie drei Turniere an einem Ort gewinnen. Klar, dass man sich dort wohl fühlt.

Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg.

von Florian Heer

Sonntag
05.11.2023, 18:45 Uhr
zuletzt bearbeitet: 05.11.2023, 17:01 Uhr