ATP Basel: Eine Ode an den Mittwochsspielplan
In Basel wurde am Mittwoch am Center Court so einiges geboten: eine Kuriosität, eine Nummer eins und zwei Lokalhelden. Viel besser kann ein Spielplan kaum ausfallen.
von Michael Rothschädl
zuletzt bearbeitet:
27.10.2022, 13:42 Uhr

von Michael Rothschädl aus Basel
Eine Aufgabe, die im Tenniszirkus oftmals etwas in den Hintergrund rückt, ist die der Spielplanerstellung. Dabei bestimmt diese gewissermaßen, wie die Geschichte eines Spieltages auf einem Tennisturnier aussieht. Was freilich vorrangig für die anwesenden Zuseher relevant ist, von jenen hingegen, die lediglich ausgewählte Matches per Stream oder im TV verfolgen, oftmals gar nicht wirklich registriert wird.
Ein Paradebeispiel für so eine Geschichte ist die des Mittwochs beim ATP-500-Event von Basel. An diesem dritten Spieltag im Hauptfeld nämlich bot sich ein Szenario, das auf der ATP-Tour durchaus Seltenheitswert genießt: Nämlich, dass gleich drei Turniersieger aus der Vorwoche hintereinander an den Start gehen. Was in Basel mit Holger Rune, Lorenzo Musetti und Felix Auger-Aliassime jedoch der Fall war.
Rune legt vor, Musetti fällt ab
Die Leistungsbilanz fällt dabei durchaus verschieden aus. Holger Rune seinerseits hat zum Start in den Tag bereits von Beginn an gezeigt, dass er von der Grundlinie weitaus aggressiver auftreten kann als Kontrahent Alex de Minaur. Daran änderte eine kurze Schwächephase im zweiten Abschnitt wenig bis nichts. Denn der Däne siegte mit 6:2 und 7:5. Pikantes Detail: Rune und de Minaur standen sich erst am Samstag im Semifinale von Stockholm gegenüber.
Lorenzo Musetti, der vergangenen Sonntag in Florenz ein rein italienisches Finale gegen Matteo Berrettini gewonnen hat, hingegen waren die Strapazen der letzten Tage doch deutlich anzusehen. Bereits Mitte des ersten Satzes bat der Youngster den Physio aufs Feld. Dort spielte der Italiener aber noch so großartiges Tennis, dass die Behandlungspause gar nichts am 6:1-Satzgewinn hätte ändern können.
Musetti geht die Puste aus
Das sollte sich im zweiten Abschnitt allmählich ändern. Denn, weil Albert Ramos Vinolas immer besser ins Match fand und mit dem klassisch-spanisch sicheren Grundlinienspiel dem 20-Jährigen zusehends den Nerv zog, wurde es plötzlich eng für Musetti. So eng, dass ein schwaches Aufschlagspiel gegen Ende des Satzes sogar für den Verlust dessen sorgte beim Italiener.
Im dritten Abschnitt setzte es dann einen gewaltigen Bruch für Musetti. Beim Stand von 4:1 noch mit der Chance, mit dem Doppelbreak alles klar zu machen, lief plötzlich nichts mehr zusammen beim Weltranglisten-23. Was in letzter Konsequenz gleichbedeutend war mit einer mindestens ebenso überraschenden wie bitteren Auftaktniederlage in Basel. Wo das Publikum übrigens mehrheitlich hinter dem Mann mit der wunderschönen einhändigen Rückhand stand.
Auger-Aliassime tadellos
Der letzte Akt im Schauspiel der Turniersieger hatte Felix Auger-Aliassime in der Hauptrolle. Der Kanadier wurde am Wochenende in Antwerpen seiner Favoritenrolle gerecht. Und hatte mit Lokalmatador Marc-Andrea Hüsler in Basel eine durchaus diffizile Auftakthürde zugelost bekommen. Zumal bereits Stan Wawrinka und Dominic Stricker am Dienstag vor Heimpublikum über sich hinauswachsen konnten.
Fast wäre auch Hüsler, der selbst vor wenigen Wochen erstmals ATP-Turniersieger geworden war, ebenfalls die Überraschung geglückt. Der Schweizer lieferte Felix Auger-Aliassime einen harten Kampf, gewann den ersten Durchgang, musste dann aber im Finish des dritten Abschnitts das letztlich entscheidende Break hinnehmen. Der Kanadier bekommt es nun mit Miomir Kecmanovic aus Serbien zu tun.
Tolles Programm am Mittwoch
Das dicht-gepackte, besondere und durchaus attraktive Programm sollte am Mittwoch zudem darüber hinwegtrösten, dass die Swiss Indoors in diesem Jahr erstmals seit dem Rücktritt von Roger Federer über die Bühne gehen. Der Baseler, selbst zehnfacher Champion auf der langjährigen Privatbühne, ist natürlich der große Abwesende in diesen Oktobertagen in der Schweiz. Eine Herausforderung, die die Erstellung des Spielplans natürlich nicht unbedingt einfacher macht.
In Basel erledigte man diese am Mittwoch jedoch mit Bravour. Denn dass neben dem Turniersieger-Trio auch noch die Zweitrundenmatches von Carlos Alcaraz und Lokalheld Dominic Stricker anstanden, wurde eingangs noch gar nicht erwähnt. Bürgt aber für grandioses Tennis - und ähnlich hochwertige Stimmung. Was für die anwesenden Zuseher natürlich die beiden zentralen Erfolgskriterien bei einem Turnierbesuch sind. Und was beim Autor dieser Zeilen dafür sorgt, die eigene Reiseplanung massiv in Frage zu stellen. Denn dieser musste bereits nach dem zweiten Einzel die Heimreise antreten.