Sebastian Ofner überrascht bei seiner ATP-Premiere, Dennis Novak nur fast
Trotz imposanter Leistung von Ersterem kommt das so erhoffte österreichische Duell in der Wien-Qualifikation nicht zustande.
von Manuel Wachta
zuletzt bearbeitet:
22.10.2016, 00:00 Uhr

Österreichs Nummer eins Dominic Thiem gegen die Nummer zwei des Landes Gerald Melzer und Jürgen Melzer gegenRoberto Bautista-Agut (Spanien): Das hat am Samstag zu Mittag im Grand Hotel Wien die Hauptbewerbs-Auslosung der Erste Bank Open 500 aus rot-weiß-roter Sicht ergeben. Doch die Chance lebt, dass beim ATP-World-Tour-500-Hartplatzturnier in der Wiener Stadthalle sogar noch ein vierter Hausherr im Hauptbewerb aufschlagen könnte. DennSebastian Ofner hat bei seiner Premiere auf der großen Tour in der ersten Qualifikationsrunde sensationell die Nummer 80 der Welt eliminiert. Der 20 Jahre alte Steirer (ATP 374) bezwang auf Court B den zweitgesetzten Spanier Inigo Cervantes nach rund 100-minütigem Kampf mit 6:4, 7:6 (6). Weniger Glück hatte danach abends auf dem Centre Court Dennis Novak : Der im Burgenland wohnhafte Niederösterreicher (ATP 247), ebenso mit einer Wildcard ausgestattet, zog gegen den siebtgereihten Deutschen Jan-Lennard Struff (ATP 98) ganz knapp mit 3:6, 7:6 (5), 4:6 den Kürzeren. Im Erfolgsfall wäre ein Österreicher fix ins Hauptfeld aufgerückt, doch Ofner trifft im Qualifikationsfinale am Sonntag (zweite Partie nach 12:00 Uhr MESZ auf dem Centre Court, auf tennisnet.com in den Livescores ) nun nicht auf Novak, sondern auf Struff.
Ofner: "Vielleicht hat er mich am Anfang auch unterschätzt"
Ofner hatte sich 2016 mit seinen ersten drei ITF-Future-Titeln von Platz 803 im ATP-Ranking bis deutlich unter die Top 400 gespielt, erst im September überhaupt seine ersten beiden ATP-Challenger bestritten und sich dabei immerhin einmal für den Hauptbewerb qualifiziert, gegen einen aktuellen Top-100-Mann war er jedoch nie zuvor in einem offiziellen Match angetreten. Auch diese Premiere bereitete der heimischen Nachwuchshoffnung aus St. Marein im Mürztal aber kein Bauchweh, der Südstadt-Schützling startete mit einem hart erkämpften Break gleich gut in die Partie. Zwar kassierte er nach einer ausgelassenen Chance aufs Doppelbreak bei 3:1 den Ausgleich zum 3:3, nahm Cervantes jedoch bei 4:4, trotz dessen 40:30-Führung und dank zwei von dessen insgesamt acht Doppelfehlern in der Partie, nochmalig den Aufschlag ab und servierte zur Satzführung aus. Ofner verspielte im zweiten Abschnitt mit einem 3:1 bereits die mögliche Vorentscheidung, servierte aber weiter stark und war mit seiner Vor- und Rückhand stets gefährlich, auch als im Tiebreak aus einem 3:1 ein 3:4 mit Minibreak wurde, bewahrte er die Ruhe. Er glich auf 4:4 und 5:5 aus und nützte letztlich nach einem Minibreak zum 7:6 den zweiten Matchball, zum Erstaunen wohl auch der ihn anfeuernden Fans in der kleinen Halle.
"Cervantes ist ja wirklich ein solider, konstanter Spieler", sagte ein strahlender Ofner nach der geschafften Überraschung gegenüber tennisnet.com, "deswegen steht er dort, wo er steht, aber im Endeffekt hat er nicht die richtige Waffe besessen. Und das war für mich auch ein bisschen angenehmer, weil ich doch mit der Rück- und Vorhand Winner schießen und ich mir auch mit dem Aufschlag sehr helfen kann. Ich habe sicherlich mehr über seine Rückhand gespielt. Weil meine sehr stark ist und ich gewusst habe, ‚Okay, da kann er mir nicht viel antun'. Und immer wieder schnell in seine Vorhand, weil er damit ebenfalls Probleme hatte, und das war für mich eigentlich das, was ich mir vorgenommen habe. Und das ist aufgegangen." Zugute kam Ofner womöglich auch, auf der großen Tour derzeit noch ein komplett unbeschriebenes Blatt zu sein - dem stimmte er zu. "Und ich weiß nicht, vielleicht hat er mich am Anfang auch unterschätzt oder auch nicht. Das kann ich nicht sagen." Sein nächster Gegner wird vor ihm jetzt allerdings bestimmt gewarnt sein. Mit den zehn bisher eroberten ATP-Punkten ist Ofner jedenfalls schon eine weitere Verbesserung seines aktuellen Career Highs sicher: Er dürfte in der Weltrangliste am 31. Oktober erstmals unter den besten 350 aufscheinen und hätte hiermit sein ursprünglich erklärtes Saisonziel erreicht. Dieses hat er mittlerweile auf Top 300 revidiert, diesen könnte er durch einen weiteren Coup gegen Struff nochmals um rund 20 Positionen näherkommen.
Novaks Kampf unbelohnt: "Zufrieden, aber auch enttäuscht"
Für Novak endete indes auch der dritte Auftritt in der Wiener Stadthalle nach den Jahren 2014 (Qualifikation) und 2015 (Hauptbewerb) mit einer Auftaktniederlage, dabei bot der 23-Jährige diesmal vor wohl über 1000 Zuschauern - für den Qualifikations-Samstag trotz freiem Eintritt ein guter Besuch - eigentlich eine starke Leistung. Trotzdem ging auch das zweite Duell nach jenem beim Mons-Challenger 2015 (5:7, 1:6 im Viertelfinale), den Struff in diesem Jahr letzte Woche gewann, verloren. Der Pottendorfer kam etwas schlechter aus den Startlöchern, musste beim einzigen Breakball im ersten Satz das schon vorentscheidende 0:2 hinnehmen, als Struff im zweiten Durchgang dann bei den ersten Chancen im neunten Spiel zuschlug, schien es dem Ende zuzugehen. Doch der 26-Jährige konnte nicht ausservieren, Novak kam mit seiner ersten Breakgelegenheit in der gesamten Partie zum Rebreak zum 5:5, wehrte bei diesem Stand noch einmal zwei Breakbälle ab, stemmte sich gegens drohende Aus und rettete sich ins Tiebreak - das er mit seinem zweiten Satzball knapp für sich entschied. Zur Begeisterung des Publikums. Die Überraschung gegen den starken Hallenspieler Struff blieb letztlich aber aus. Weil Novak zum Beginn des dritten Abschnitts zwei und bei 1:1 nochmal drei Breakmöglichkeiten ausließ und bei 4:5 nach 30:0 und Spielball beim zweiten Matchball sein Service hergeben musste.
"Zufrieden bin ich schon", sagte Novak gegenüber tennisnet.com zwar, angesprochen auf sein in Summe tolles Match, "aber auch enttäuscht, dass es knapp nicht gereicht hat. Der erste Satz war gar nicht gut, da war ich viel zu nervös. Ab dann war es echt ein gutes Spiel. Schade, dass ich im dritten Satz meine fünf Breakbälle am Anfang nicht nützen konnte. Denn dann wäre es, glaube ich, anders ausgegangen", trauerte er der verpassten Chance nach. Ihm bleibt nun noch der Doppelbewerb - wo er mit seinem Kumpel Thiem sogleich gegen die zweitgelisteten US-Zwillingsbrüder Bob und Mike Bryan ran muss, das mit 16 Grand-Slam-Siegen erfolgreichste Doppelteam aller Zeiten. "Unsere Auslosung ist natürlich nicht die beste. Aber wir freuen uns schon extrem drauf, gegen die besten Doppelspieler, die es je gegeben hat, zu spielen, und das wird sicher ein cooles Match. Und dann wird man sehen, was herauskommt." Beim Heimspiel bei den Generali Open Kitzbühel waren die beiden 2016 sensationell bis ins Finale gekommen - was bei der starken Besetzung in Wien freilich bloß sehr schwer zu wiederholen sein dürfte. Verstärkung gibt's im Doppel-Hauptfeld nicht: Gerald Melzer und Tristan-Samuel Weissbornscheiterten am Samstagabend in der ersten Qualifikationsrunde, die beiden Niederösterreicher ließen gegen das toppositionierte Team Marcus Daniell(Neuseeland) und Marcelo Demoliner (Brasilien) zwar nur eine einzige Breakchance zu, das genügte aber, um den Court B mit einer 6:4,-3:6,-8:10-Niederlage zu verlassen.
Auch Peya, Knowle/Melzer und Marach im Doppel dabei
Nebst Novak/Thiem finden sich jedoch noch drei weitere Teams mit zumindest rot-weiß-roter Beteiligung im Tableau. Alexander Peya , der mit wiederholten Bauchmuskelproblemen - wie berichtet - um seinen Antritt beim Heimspiel bangen hatte müssen, scheint zunächst im Draw auf, dem Wiener und dem Kroaten Mate Pavic wurde das einzige Qualifikanten-Duo zugelost. Der Vorarlberger Julian Knowle und der Niederösterreicher Jürgen Melzer , die in Moskau ins Finale eingezogen sind , eröffnen gegen die drittgelisteten, spanischen NamensvetterFeliciano Lopez und Marc Lopez . Der Steirer Oliver Marach trifft hingegen mit dem Franzosen Fabrice Martin auf Albert Ramos-Vinolas (Spanien) und Joao Sousa(Portugal), die Sieger dieser zwei Begegnungen spielen anschließend gegeneinander.