Dominic Thiem – „Das wäre jetzt vermessen, wenn ich enttäuscht wäre“

Dominic Thiem bei seiner Pressekonferenz nach seinem Halbfinal-Aus bei den Generali Open Kitzbühel im Interview.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 08.08.2015, 20:17 Uhr

Nach zehn Siegen in Serie ist der Erfolgslauf von Dominic Thiem im Halbfinale der Generali Open Kitzbühel zu Ende gegangen. Beim 0:6, 6:7 (6) gegen den deutschen Wahl-KitzbühelerPhilipp Kohlschreiberwar ihm der Kräfteverschleiß der anstrengenden letzten Wochen mit Turniersiegen inUmagundGstaadimmer wieder anzumerken, besonders im ersten Satz. Im zweiten kämpfte sich Österreichs aktuelle Nummer eins noch ins Tiebreak, wo der 21-jährige Jungstar bei 6:5 sogar einen Satzball hatte, diesen jedoch mit einem Doppelfehler vergab. In der Pressekonferenz nach dem Match zog der Niederösterreicher Bilanz über Kitzbühel 2015 sowie die letzten Wochen. Und steckte seine Ziele für die bevorstehende nordamerikanische Hartplatz-Saison ab. Hier die Aufzeichnung des Interviews.

Dominic, ewig schade natürlich, auch wenn man an den Satzball denkt.

Der erste Satz war natürlich wieder ein schrecklicher Fehlstart. Der zweite Satz war dann besser, aber alles in allem war er die ganze Zeit der bessere Spieler, auch im zweiten. Ich habe im ganzen Match keinen einzigen Breakball gehabt, ich habe auch im zweiten Durchgang eigentlich in fast jedem Game einen abwehren müssen. Ich bin irgendwie immer am Abgrund gewankt, habe mich dann irgendwie ins Tiebreak gerettet. Und dann natürlich einen Satzball bei eigenem Aufschlag gehabt und einen Doppelfehler gemacht, der im Netz verhungert ist. Ich war eigentlich die ganze Zeit der unterlegene Spieler.

Diese Doppelfehler bei Satzbällen und derartigen Situationen verfolgen dich in letzter Zeit ein bisschen, oder?

Auf jeden Fall. Das war, glaube ich, heuer schon drei Mal der Fall, obwohl es diesmal ein bisschen anders war. Da muss ich halt einfach hineinservieren.

Du hast letztens zwei Turniere in Folge gewonnen, jetzt wieder ein Semifinale. War bei dem dichten Programm vielleicht auch ein bisschen die Spannung weg?

Sicher war’s ein großes Programm. Die Spannung war sicher nicht mehr so wie am Anfang. Aber trotzdem: Ich habe mich spät, aber doch wieder sehr gut in die Partie hineingefightet. Das war genauso schon in der ersten Runde, das kann halt nicht immer gutgehen, das ist ganz klar. Denn wenn mich sich die ganze Zeit so wie auf einem Drahtseil bewegt und die ganze Zeit die Gefahr da ist, dass man jetzt das Break kriegt und es dann schnell aus ist, und man sich immer wieder hinüberrettet. Und irgendwann geht’s dann halt einfach nicht.

Günter(Thiems Trainer Bresnik; Anmerkung)hat vor dieser Partie gemeint, du musst von diesem Serien-Denken sozusagen wegkommen und einfach wieder so spielen, dass du’s dir einfacher machst. Nämlich einfach dein Spiel durchziehen. Ist dir das diesmal in Ansätzen gelungen, würdest du sagen?

Nein, nicht wirklich. Ich habe auch nicht an die Serie gedacht, weil jede Serie irgendwann mal vorbei ist. Selbst die vonNovak Djokovicdamals war nach 50 Siegen oder so vorbei(43; Anmerkung). So richtig gut habe ich diesmal auch nicht mehr gespielt. Ich glaube, das ist ganz normal, dass es irgendwann mal wieder ein bisschen bergab geht – nicht mit allem, aber dass man nicht mehr so spielt, wie wenn man ganz frisch ist, wie am Anfang der drei Wochen.

Machen wir neben deinem starken Gegner noch einen Schuldigen aus. Hat ihm Moritz(Thiems jüngerer Bruder, der als Kohlschreibers Sparringpartner fungierte; Anmerkung)zu viel Rhythmus gegeben?

(Lacht)Nochmal, das war eine Riesen-Aktion von „Kohli“, weil er Moritz eine Riesenfreude bereitet hat. Ich kann mich auf dem Weg nochmal bei ihm bedanken. Das hat Moritz in seiner Tenniskarriere sicher um einiges weitergebracht.

Philipp hat übrigens gesagt, er würde Moritz gerne sponsern und ihn, falls ihr schon heimfahrt, zu sich einladen. Er hätte gerne, dass er ihn am Samstag nochmal einspielt.

(Lacht)Ich weiß nicht, wie er dann heimkommt.(Gelächter)Aber wenn er dann irgendwie heimkommt oder er ihn heimführt oder so, gerne. Wir legen ihm keinen Stein in den Weg.

Aber schön, dich lachen zu sehen. Man kann ja, nach dieser langen Serie, Kitzbühel trotzdem mit erhobenem Kopf verlassen. Was du jetzt in den letzten Wochen geleistet hast, ist ja wirklich außergewöhnlich gewesen.

Ich denke, das wäre jetzt vermessen, wenn ich enttäuscht wäre, weil ich diesmal gegen einen Gegner verloren habe, der einfach stärker war. Natürlich habe ich die letzten drei Wochen sehr gut gespielt, von dem her denke ich, dass ich einfach weiter nach vorne schauen muss. Es wartet auch in den nächsten Wochen gleich ein dichtes Programm.

Wenn wir schon beim Blick nach vorne sind: Montreal wartet auf dich. Wie viel kann man sich da jetzt mit so viel Matches in den letzten Tagen, der späten Anreise und dem Jetlag wirklich erwarten?

Die Matches sind gar nicht so ein Problem, denke ich. Das wäre schon nach ein paar Tagen erledigt, da wäre ich wieder erholt. Aber die Hinreise und der Jetlag sind schon ein Problem, das ist ganz klar. Aber trotzdem: Ich fahre jetzt nicht dorthin und schenke ab. Auch wenn es natürlich sehr, sehr schwer wird: Ich werde natürlich auch dort alles versuchen.

Wie sehr sehnen sich jetzt dein Körper und auch der Kopf schon nach ein paar freien bzw. zumindest tennisfreien Tagen? Jetzt geht es natürlich wegen Montreal noch nicht. Wirst du dazwischen vielleicht zwei, drei Tage mal den Kopf freikriegen?

Es ist jetzt auch okay, und auch der Flug sind neun Stunden, in denen ich an nichts denken muss. Das geht von der Erholung her eh.

Reicht das fürs Erste?

Das reicht fürs Erste mal, ja.(lacht)

Wann geht es denn los?

Am Samstag oder Sonntag, das müssen wir noch entscheiden. Dann folgen eben zwei ATP-Masters-1000-Turniere, die ich spiele, und dann ist vor den US Open eh eine Woche frei. Das hat letztes Jahr ganz gut funktioniert, und das werde ich dieses Jahr gleich machen. Und dann werde ich mich auf das nächste große Highlight vorbereiten, die US Open.

Du hast quasi Kitzbühel jetzt gerockt. Wie ist dein Resümee dieser Begeisterung, die hier rund um dich entstanden ist?

Es war unglaublich. Ich hab’s vorher schon gemeinsam mit Alex(Turnierdirektor Antonitsch; Anmerkung)gesagt, dass am Mittwoch, am Donnerstag – an diesem Freitag natürlich sowieso – wahnsinnig viele Leute da waren. Ich denke auch, dass aufgrund des Turniers im Ort um einiges mehr los war als in den letzten Jahren. Da sieht man, wie sich das Turnier unfassbar weiterentwickelt hat. Und ich hoffe, dass das so bleibt oder in den nächsten Jahren sogar noch mehr wird.

Dominic, du bist jetzt ab nächster Woche Top 20, das ist fix. Auch wenn es schwer ist, jetzt so kurz nach der Niederlage: Kannst du für die Hartplatz-Saison nochmal deine Ziele abstecken?

Die ersten 20, das ist schon eine coole Sache. Aber trotzdem: Es geht eh immer weiter, bei den US Open muss ich dann schon wieder einiges verteidigen. Wenn ich das nicht schaffen würde, falle ich dann eh wieder zurück. Für Montreal habe ich jetzt nicht wirklich große Ziele, würde ich sagen. Aber in Cincinnati habe ich letztes Jahr ziemlich schlecht gespielt, da hoffe ich, dass ich dieses Jahr besser spiele. Die US Open sind natürlich ein großes Highlight, vielleicht geht sich sogar mit Glück eine Setzung unter den ersten 16 aus, das wäre natürlich unfassbar. Mir taugt es dort. Mir hat es letztes Jahr dort getaugt, und ich hoffe, dass ich dort, ähnlich wie im vergangenen Jahr, relativ weit komme.

Aufgezeichnet von Manuel Wachta.

von tennisnet.com

Samstag
08.08.2015, 20:17 Uhr