Erster Titel mit 34 Jahren – Tennis-Exot Victor Estrella Burgos schreibt Geschichte
Victor Estrella Burgos hat in Quito als erster Spieler aus der Dominikanischen Republik ein ATP-Turnier gewonnen.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
09.02.2015, 00:20 Uhr

Er ist es schon längst gewohnt, für sein Land Geschichte zu schreiben. Im Sommer 2008 hatte er bei dem ATP-Masters-1000-Event in Cincinnati als erster Spieler aus der Dominikanischen Republik ein ATP-Turnier bestritten, bei den US Open 2008 in New York erstmals ein Grand-Slam-Turnier. Sechseinhalb Jahre später ist Victor Estrella Burgos im schon fortgeschrittenen Tennis-Alter am bisherigen Höhepunkt in seiner Karriere angelangt. Der Mann vom Inselstaat in den Großen Antillen hat bei den Ecuador Open Quito sensationell seinen ersten ATP-Pokal geholt. Im Finale der ATP-World-Tour-250-Veranstaltung auf mehr als 2800 Meter Seehöhe bezwang er (ATP 73) am späten Sonntagabend nach MEZ, nach etwa 2:17-stündigem Kampf, überraschenderweise auch den topgesetzten SpanierFeliciano Lopez(ATP 14) hauchdünn mit 6:2, 6:7 (5), 7:6 (5). Mit 34 Jahren, sechs Monaten und sechs Tagen ist er nun auch der älteste Premieren-Titelgewinner in der Offenen Ära des Herrentennis. Beinahe wäre Estrella Burgos sogar das Double gelungen – das Endspiel der Doppelkonkurrenz (ebenfalls eine Premiere für ihn) hatte er mit dem BrasilianerJoao Souzaaber am Samstag gegen die deutschen AlternatesGero KretschmerundAlexander Satschkomit 5:7, 6:7 (3) verloren.
Inspirationsgeschichte findet Höhepunkt
Über Estrellas Burgos inspirierenden Werdegang hatten wir auf tennisnet.com einst berichtet.Er stammt aus armen Verhältnissen, ging oftmals in Partien mit dem Wissen hinein, gewinnen zu müssen, um sich die Weiterreise zum nächsten Turnier noch leisten zu können. Bespannte die Saiten seines Schlägers schwächer, um den Saitenverschleiß zu reduzieren. Seine Karriere hatte er eigentlich schon beendet gehabt, doch all die Mühen wurden spätestens dann belohnt, als er Anfang März 2014 mit 33 Jahren erstmals unter die Top 100 der Welt einzog – was ihm die Tür zur ATP-Tour öffnete. In Quito stand er erst zum zweiten Mal, nach den French Open 2014, im Hauptfeld eines Sandplatz-Events auf der großen Tour und bewies hierbei, dass ihm die schwierigen Verhältnisse in der so hochgelegenen Hauptstadt von Ecuador liegen, denn er hatte 2013 auch schon den damaligen ATP-Challenger hier gewonnen. Ins Finale zog Estrella Burgos ohne einen Satzverlust ein, fertigte dabei im Viertelfinale den drittgesetzten SlowakenMartin Klizan, nach dessen 2:0 und 40:0-Führung, sensationell klar mit 6:2, 6:2 ab und schlug im Halbfinale daraufhin auch den brasilianischen Ex-Weltranglisten-21.Thomaz Belluccimit 7:6 (5), 7:5.
Krönung gegen Lopez und fast schon Top 50
Die Krönung folgte gegen Lopez, den er bereits in der zweiten Runde von Washington, D.C., im Sommer 2014 mit 7:6 (5), 6:4 bezwungen hatte. Estrella Burgos schnappte sich mit Breaks im ersten Game, das er nach Abwehr von drei Breakbällen bestätigte, und zum 5:2 den ersten Satz und hatte im zweiten bei 4:4 und 15:40 beim Aufschlag des Iberers schon die Chance zur Vorentscheidung. Diese gelang nicht. Im nächsten Game musste er einen Satzball abwehren, verspielte bei 5:5 noch einmal eine Breakmöglichkeit und zog im Tiebreak nach 2:0-Führung den Kürzeren. Doch Estrella Burgos nahm nochmal all seine Kräfte zusammen und investierte diese in einen starken Start in den dritten Durchgang, führte schnell 3:0 und 0:30 bei Service von Lopez. Der Vorsprung hielt nur bis zum 4:4-Ausgleich, erneut musste die Entscheidung im Tiebreak fallen. Dort erspielte er sich mit einem Minibreak zum 6:4 zwei Matchbälle und verwertete seine zweite Gelegenheit. Erleichtert ließ sich in den Sand fallen. Estrella Burgos darf sich nicht nur über erwähnten Eintrag in die Geschichtsbücher – die nationalen ohnehin – freuen, sondern auch über den Siegerscheck in der Höhe von 80.000 US-Dollar und 250 ATP-Punkte, die ihn der Weltrangliste bis dicht an die Top 50 bringen.
Lopez: „Er hat praktisch das gesamte Match dominiert“
„Die Wahrheit ist, dass Quito für mich eine ganz besondere Stadt geworden ist, aber das war sie eigentlich schon, da ich hier den Challenger gewonnen habe“, sagte Estrella Burgos nach seinem Triumph. „Für mich ist es heute ein sehr schwieriger Tag gewesen, an dem ich einen Satz voran war und später im Tiebreak verloren habe. Im dritten Satz war ich mit Break vorn und bin mit den Nerven nicht gut zurechtgekommen. Ich bin ein bisschen nervös geworden, aber Gott sei Dank bin ich im Tiebreak etwas entspannter geworden und war dazu imstande, mir das Minibreak zu holen und das Match zu gewinnen.“ Die Anerkennung von Lopez war ihm gewiss, der zugab: „Er hat praktisch das gesamte Match dominiert. Im Tiebreak war ich vorne, und dann hatte ich eine sehr leichte Rückhand, die ich verschlagen habe, und das hat’s mich gekostet. Ich hätte eine 5:4-Führung mit zwei Aufschlagpunkten gehabt. Das wäre eine gute Gelegenheit gewesen, aber so ist das Tennis.“ Einen kleinen Trost gab es jedoch für den 33-Jährigen: Er ist nun der neunte Spieler, der im Laufe seiner Karriere zumindest 7000 Asse serviert hat und ist dadurch Dritter in der Bestenliste der aktiven Athleten. Zehn Stück fehlten ihm vor dem Finale noch auf diese Marke, Lopez servierte deren 19.(Text: MaWa)
Hier die Ergebnisse aus Quito:Einzel,Doppel,Einzel-Qualifikation.