Die spielerische Entwicklung von Dominic Thiem
Was der Österreicher verbesserte, um Stück für Stück in der Weltrangliste nach oben zu klettern.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
11.02.2016, 12:43 Uhr

Wirklich beeindruckend wird das Ganze, wenn man direkt daneben steht und Dominic Thiem beim Training sieht. Thiem kann den Ball unheimlich beschleunigen. Man sieht und merkt dem Österreicher an, dass er den Ball auf der Bespannung fühlt. Dass er den Ball fast in jeder Situation kontrollieren kann. Thiem gibt dem Ball den Takt vor. Und nicht umgekehrt. Der Österreicher hat ein hervorragendes "Händchen". Sei es ein Schlag mit sehr viel Effet oder eine knallhart, die Linie entlang geschlagene Rückhand, bei welcher sich der Ball fast gar nicht zu rotieren scheint, während er in der Luft Richtung Gegner unterwegs ist. Diese Schläge kann er auf der Vor- sowie Rückhand-Seite spielen. Die aktuelle Nummer 19 der Weltrangliste hat mehr Talent als viele andere Spieler, die heutzutage als große Talente gepriesen werden. Dominic Thiem hat die beste Grundausstattung, welche man als junger Spieler mitbringen kann. Doch was wird er daraus machen?
Stichwort: Fortschritt
Man kann die Augen nicht davor verschließen, dass Thiem immer mehr den Weg zu seinem Spiel findet. Zu seinem ganz persönlichen Spielstil. Einen Stil, der ihn in der Zukunft vermutlich von vielen anderen Spielern abheben wird. Dieser Stil ist bereits jetzt spektakulär anzuschauen -und wird dazu immer effektiver. Es sind wie so oft in der erweiterten Weltspitze die Nuancen, die einen Spieler immer weiter, Schritt für Schritt, spielerisch nach vorne bringen. Interessant sind hier vor allem die technischen Details, die Spieler wie Thiem in ihrer Entwicklung scheinbar ständig hinterfragen und somit verbessern wollen, wie beispielsweise den Aufschlag.
Der rechte Fuß beim Aufschlag
Schaut man sich das Spiel von Thiem aus dem Jahre 2014 an, so fällt auf, dass er zu dieser Zeit den rechten Fuß während der Aufschlagbewegung zum vorderen linken Fuß herangezogen hat. Heutzutage hat er dieses Heranziehen aus seiner Aufschlagbewegung gestrichen. Beide Füße bleiben beim Aufschlag an ihrem Platz. Hierdurch ergibt sich ein veränderter Rhythmus im gesamten Ablauf des Aufschlages. Gleichzeitig hat Thiem seine Bogenspannung beim Aufschlag in den letzten zwei Jahren verbessern können. Seine linke Hüfte geht nun noch ein Stück weiter nach vorn beim Aufschlag, sein linker Arm ist dabei vorbildlich nah am linken Ohr, was ihm eine gute Stabilität nach dem Ballwurf verleiht. Durch diese Spannung im Oberkörper gewinnt er nicht nur mehr Power für den Aufschlag, sondern auch mehr Kontrolle.
Die Ausrichtung im gesamten Returnspiel
Dominic Thiem verschiebt seine Position im Ballwechsel selbst relativ häufig mehr nach hinten. In den vergangenen zwei Jahren hat er sein Returnspiel verbessern können, indem er aggressiver agiert. Dies beginnt mit seiner Position beim Return. Auch gegen Roger Federer, beim ATP-Turnier in Brisbane dieses Jahres, scheute der Österreicher nicht davor zurück, vor allem den zweiten Aufschlag des Schweizers zu attackieren. Thiem ist nun häufiger gar im Feld, einen Schritt vor der Grundlinie, zu finden wenn er den Ball beim Return trifft. Auf diese Weise kann er den Ball noch früher treffen, das Tempo des gegnerischen Aufschlags effektiver mitnehmen und anschließend eine offensivere Position im Ballwechsel einnehmen. Dies lässt darauf schließen, dass Thiem mehr und mehr der agierende Part auf dem Platz sein will, anstatt des reagierenden Spielers.
Bei dieser Spielidee spielt ihm seine Physis in die Karten. Der Österreicher wirkt fitter denn je, hat eine unheimliche Balance auch bei schwierigen, körperlichen Bewegungen zum Ball hin und kann hierdurch auch aus komplexen Schlägen oft das Maximum herausholen. Angesichts seines noch jungen Alters und der enormen spielerischen Entwicklung in den letzten beiden Jahren wird es spannend zu sehen sein, wie Dominic Thiem weiter an seinem Spiel arbeiten und schon bald als Gast in den Top Ten der Welt vorbeischauen wird.
Eine Analyse von Marco Kühn ( tennis-insider.de ).