Die Vorhand von Juan Martin del Potro
Die große Stärke des Argentiniers in der Analyse.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
10.08.2016, 07:44 Uhr

Wenn man es weiß, fällt es auf. Ängstlich, zurückhaltend spieltJuan Martin del Potrodie beidhändige Rückhand. Seine Verletzung am Handgelenk hat Spuren hinterlassen. In erster Linie mental. Eine Blockade im Kopf sorgt dafür, dass del Potro noch Zeit benötigt, um seine Rückhand voll durchziehen zu können. Ohne sich Gedanken machen zu müssen. Ohne die Blockade im Kopf zu überspringen. Doch ist eine Blockade bei der Rückhand kein großes Problem, wenn man die brachialste Vorhand auf der Tour besitzt. Fernando Gonzalez ist ein Spieler, der jedem Tennisfan beim Stichwort Vorhand ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Der Chilene prügelte seine Vorhände über das Netz. Mit einer unglaublich aufwendigen Ausholbewegung, die ebenso martialisch aussah, wie das Endergebnis wirkte. Eine echte Waffe. Gegen jeden Gegner.
Aufgestellter Schlägerkopf, volle Wucht aus der Hüfte
Juan Martin del Potro bedient sich im Gegensatz zu Gonzalez nicht der aufwendigen Schleife bei der Ausholbewegung. Der Argentinier hält die Schleife klein, der Schlägerkopf zeigt Richtung Himmel und der Puls führt den Schläger nach vorn. Del Potro feuert die richtigen Geschosse meist aus einer offenen Beinstellung ab. Wichtig für die sehr schnell und gerade gespielte Vorhand ist der Treffpunkt. Del Potro ist mit der Vorhand ein Genie darin, den Ball des Gegners im Aufsteigen zu nehmen. Auf diese Weise kann er sich nicht nur dem Tempo des gegnerischen Schlages bedienen, sondern den Ball in vielen Fällen oberhalb der Netzkante spielen. Für Spieler die viel mit Topspin agieren, ist es ratsam, die Vorhand von del Potro möglichst zu vermeiden.
Neutrale Griffhaltung und volle Kontrolle
Del Potro besitzt bei seiner Vorhand, im Gegensatz zu beispielsweiseRafael Nadal,eine neutrale Griffhaltung. Der Motor seiner Vorhand befindet sich allerdings im Zusammenspiel zwischen Hüfte und Schulter. Ist vor dem Schlag noch die linke Hüfte diejenige, welche zum Netz zeigt, ist es nach dem Schlag die rechte Hüfte. Dabei dreht der Argentinier seine linke Schulter vor dem Schlag nach vorn, um seine „Waffe“ wie einen Bogen zu spannen. Das Körpergewicht wird dabei nach vorn verlagert. Der Körperschwerpunkt bleibt möglichst mittig, um eine ideale Stabilisation des gesamten Körpers beim Schlag selbst zu erreichen. Würde hier ein Stück Stabilisation fehlen, würde das gesamte Konstrukt schneller als gedacht in sich zusammenbrechen.
Der richtige Moment für den Schuss
Taktisch weiß del Potro, seine Vorhand hervorragend einzusetzen. Besonders nach seinen Verletzungen am Handgelenk trägt seine Vorhand mehr Verantwortung denn je. Blindes Gedresche würde keinen Erfolg bringen. Del Potro weiß das. Dem Argentinier geht es darum, seine Vorhand in Position zu bringen, um dann seine gefährliche Geschwindigkeit mit diesem Schlag einzubringen. Ziel ist es, den Gegner so zu bespielen, dass dieser einen zu kurzen Ball spielt. Sieht del Potro keine Chance mit seiner Vorhand Dampf zu machen, hat er trotzdem das Repertoire in der Tasche, um den Ball auch mit Spin und Länge zu spielen. Bekommt del Potro dann die Möglichkeit, seine Vorhand schnell und gerade zu spielen, steht sein Gegner vor einer fast unlösbaren Aufgabe.Auch wenn dieser Gegner Novak Djokovic heißt.
Eine Analyse von Marco Kühn (tennis-insider.de).