Dominic Thiem – „Es waren auch noch viele Dummheiten dabei“
Österreichs Nummer eins lässt in diesem aufgezeichneten Interview die letzten Wochen Revue passieren.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
02.04.2016, 20:37 Uhr

Achtelfinale in Indian Wells,Achtelfinale in Miami:Dominic Thiemhat bei den Millionen-Veranstaltungen in Amerika „zumindest das Plansoll erreicht – leider nicht mehr, aber auch nicht weniger“, wie er selbst sagt. Nach seiner Rückkehr nach Österreich stellte sich der rot-weiß-rote Tennis-Jungstar bei einer Pressekonferenz in Wien zum ATP-Turnier in Kitzbühel geduldig allen möglichen Fragen. Und machte klar, was es braucht, um den nächsten Schritt, den erhofften Sprung unter die besten zehn Spieler der Welt („Das ist ein Riesen-Traum“), zu setzen. Der 22-jährige Niederösterreicher im Interview über die dünne Luft an der Spitze, die große Ehre, die ihm sein Ausrüster als erst zweitem Spieler nachRafael Nadalerwies – und warum er sich bei seinen Haaren nicht dreinreden lässt.
Herzlich willkommen zurück in der Heimat, Dominic. Hast du im Flugzeug inzwischen schon ein bisschen realisiert, was in den letzten Wochen alles passiert ist, auch das Spiel gegen Novak Djokovic im Miami-Achtelfinale? Es ist ja auch nicht alltäglich, dass man von der Nummer eins der Weltso viele Komplimentekriegt.
Im Flieger ist immer ein bisschen Zeit, da habe ich schon ein bisserl über die letzten Wochen nachgedacht und natürlich auch ein bisschen über die nächsten Wochen und was ich mir dort so vornehme. Das Match gegen Djokovic war für mich wieder eine Riesenerfahrung, und ich hoffe, dass ich möglichst bald wieder gegen diese Leute spielen kann. Am besten schon in der übernächsten Woche in Monte Carlo, weil das einfach für die Entwicklung am wichtigsten ist.
„Ich glaube, mein Körper ist kein Vergleich zu damals.“
Dominic Thiem
Das Resultat gegen Djokovic(3:6, 4:6; Anmerkung)war unterm Strich dasselbe wie inShanghai 2014, dennoch war es diesmal bedeutend enger. In welchen Bereichen fühlst du dich den Top-Leuten – und gerade einem Djokovic – seither nähergekommen?
Es war wichtig für mich, dass ich die Entwicklung von mir gegenüber Shanghai 2014 gesehen habe. Es war um einiges besser, auf jeden Fall. Ich glaube, mein Körper ist kein Vergleich zu damals. Ich denke, dass ich bei denen jetzt voll dabei bin, was Fitness und körperliche Sachen anbelangt. Und auch spielerisch habe ich mich extrem verbessert. Es fühlt sich schon echt gut an, dass selbst er(Djokovic; Anmerkung)mit meinem ersten Aufschlag, mit meinem Kick und Spin, Probleme bekommt. Es waren extrem viele positive Sachen dabei, aber auch noch viele Dummheiten. Die muss ich einfach in den nächsten Wochen und Monaten ausmerzen, damit ich den Abstand zu den absoluten Spitzenspielern weiter verringern kann.
Und doch machst du neuerdings ein bisschen ein Geheimnis darum, was du nun konkret noch verbessern möchtest. Weil du deinen Gegnern vielleicht auch nicht sagen willst, wo sie dich besonders „massieren“ sollen?
Auf jeden Fall. Ich denke, die Luft wird jetzt immer dünner – es geht immer mehr um Details. Und deshalb glaube ich, dass es nicht mehr gut ist, wenn man das, was man so macht, heraus posaunt.
„Ich habe mir echt vorgenommen, dass ich unnötige Niederlagen vermeide.“
Dominic Thiem
Du hast einen unfassbar konstanten Saisonstart gehabt, hast bei jedem Turnier – bis auf deineAufgabe in Sydney– zumindest zwei Matches gewonnen. Müssen deshalb jetzt die Saisonziele revidiert werden?
Revidiert müssen sie nicht werden, aber ich will einfach so weitermachen. Ich habe mir echt vorgenommen, dass ich unnötige Niederlagen vermeide. Das ist mir bis jetzt echt sehr, sehr gut gelungen, da habe ich in diesem Jahr noch keine gehabt. Und wenn ich so weitermache, werden auch immer mehr Matches gegen die absoluten Top-Leute kommen, und dann wird die Entwicklung hoffentlich noch weiter nach oben gehen.
Du durftest kürzlich als erst zweiter Babolat-Spieler nach Rafael Nadal deinen Schläger selbst mitdesignen. Wie fühlt sich das an, ihn jetzt endlich in Händen zu halten?
Für einen Tennisspieler ist das einfach so ein cooles Gefühl, wenn man einen neu designten Schläger kriegt. Es dauert leider noch ein paar Wochen, bis ich mit ihm spielen darf(bei der Titelverteidigung in Nizza; Anmerkung), aber ich freue mich bereits riesig darauf, wenn ich dann zum ersten Match damit einlaufen kann.
Wenn du nunmehr so viel Einfluss auf das Aussehen deines Schlägers hast: Wirst du es vielleicht genauso bunt halten wie immer wieder auch deine Haarpracht?
(Gelächter)Nein, der ist jetzt mal ganz solide weiß. Aber ich bin auf jeden Fall auch für andere Farben offen. Ich muss mal schauen. Der Schläger schaut richtig cool aus, und der nächste auch – ich habe ihn schon gesehen. Aber er hat leider wenig mit meinen Haaren zu tun, so viel kann ich schon sagen.(lacht)
Bei denen hat mittlerweile wohl auch deine Freundin ein Wörtchen mitzureden, oder?
Leider, ja.(lacht)Das ist natürlich schade. Letztes Jahr habe ich noch machen können, was ich wollte, jetzt geht das nicht mehr so leicht. Aber bei den Haaren lasse ich mir, glaube ich, nicht dreinreden.
„Beim Österreich-Haartattoo für den Davis Cup in Portugal habe ich mich ein bisschen rechtfertigen müssen.“
Dominic Thiem über seine Freundin Romana Exenberger
Ist sie mit dem Status Quo zufrieden?
Mit der Frisur? Ja, sie ist eh sehr solide. Nur beim Österreich-Haartattoo für den Davis Cup in Portugal habe ich mich ein bisschen rechtfertigen müssen.(lacht)Aber jetzt kann man sich eh nicht beschweren.
Dass du auch 2016 bei den Generali Open Kitzbühel startest,wie nun bekanntgeworden ist,ist ob des dicht gedrängten Kalenders im Olympiajahr und der nicht gerade idealen Vorbereitung auf die Nordamerika-Hartplatz-Saison nicht selbstverständlich. Warum hast du dich jetzt doch dazu entschlossen? Ist das für dich einfach eine Herzenssache?
Es haben viele Faktoren entschieden. Es gibt so viele stressige Turniere, so viele Turniere weit weg von daheim, und da ist das einfach so eine angenehme Woche, wo alle mit dabei sind, ich mich heimisch fühle und jetzt schon zum siebten Mal spiele und so viele schöne Erinnerungen habe. Und es ist eines von leider nur zwei Heimturnieren, bei dem natürlich auch eine spezielle Atmosphäre herrscht, die man sonst nirgends auf der Welt kriegt. Und von dem her war es dann alles in allem eine leichte Entscheidung, auch wenn man aus sportlicher Sicht andere Entscheidungen treffen könnte.
Kitzbühel träumt, nach der Vertragsverlängerung mit Lizenzinhaber Octagon bis 2025, von einer noch größeren Zukunft. Siehst du in der Veranstaltung ein potentielles zweites ATP-World-Tour-500-Turnier in Österreich?
Es wird auch auf einige Sachen ankommen, glaube ich. Aber wenn 2019 der Turnierkalender geändert wird und Kitzbühel will es und man kriegt vielleicht einen etwas besseren Termin… Ich denke, die Infrastruktur ist auf jeden Fall da. Ich hoffe, dass ich dann ein richtig guter Spieler bin, sodass auch das Tennis-Interesse richtig groß ist. Dann kann man das auf jeden Fall in Angriff nehmen, denke ich.
Aufgezeichnet von Manuel Wachta.
