Jo-Wilfried Tsonga und der rechte Fuß beim Aufschlag
Wie der Franzose die Technik bei seinem Aufschlag verändert hat.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
13.10.2016, 17:00 Uhr

Verrückt ist, dass viele Hobbyspieler eher selten ihr eigenes Spiel hinterfragen und an Stellschrauben drehen. Sie trainieren Vor- und Rückhand, spielen meist dasselbe und schauen nur selten über den Tellerrand. Fragen bezüglich des eigenen Spiels werden wenige bis gar keine gestellt. Wo könnte man technisch etwas verändern? Welche neuen Bewegungsabläufe könnte man im Training testen? Was könnte beispielsweise den eigenen Aufschlag verändern - und dadurch verbessern?
Die absoluten Topspieler sind anders eingestellt. Sie hinterfragen. Sie testen. Sie überlegen. Sei es nur eine kleine Veränderung in der Ausholbewegung bei der eigenen Vorhand.Novak DjokovicundRafael Nadalhaben ihre Technik der Grundschläge auf ihren Wegen zur Nummer eins stetig weiterentwickelt. Technische Aspekte umzustellen ist nicht einfach. Doch auchJo-Wilfried Tsongahat nun einen Schritt getan, den Rafael Nadal rückwärts in seiner Karriere gegangen ist.
Das Nachziehen des hinteren Fußes beim Aufschlag
Standen die Füße von Nadal zu Beginns einer Karriere noch ruhig beim Aufschlag, veränderte er dies mit den Jahren. Mittlerweile ist es kein ungewohntes Bild mehr, wenn Nadal bei eigenem Aufschlag seinen linken Fuß (als Linkshänder) nachzieht. Tsonga geht den umgekehrten Weg. Er lässt den hinteren Fuß nicht mehr nach vorne kommen, sondern bleibt beim Aufschlag stehen. Die Motive hinter einer solchen Umstellung können beliebig sein. Der Franzose gehört zu den besten Aufschlägern der Tour. Hart und brachial ist sein erster Aufschlag. Vielleicht liegt die Umstellung im zweiten Aufschlag begründet. Es ist möglich, dass sich Tsonga in diesem Bereich vielleicht noch ein kleines Stück verbessern will.
Das Nachziehen des hinteren Fußes beim Aufschlag bringt einen anderen Rhythmus in den Aufschlag. Für Tsonga ist das Weglassen des Nachziehens eine erhebliche Umstellung. Jeder Spieler, der sonst seinen hinteren Fuß beim Aufschlag nachzieht und dies mal versucht umzustellen, wird sofort den veränderten Rhythmus bemerken. Umso erstaunlicher ist es, dass Tsonga diesen Weg geht. Für einen Spieler seines Formats ungewöhnlich - und spannend.
Was verändert sich beim Aufschlag?
Ein Teil der eigentlichen Aufschlagbewegung fällt für Jo-Wilfried Tsonga nun weg. Er bleibt länger in der Position, in welcher er in der Körperspannung verweilt. Sein Oberkörper wirkt ruhiger beim Aufschlag. Die gesamte Aufschlagbewegung kommt weniger hektisch daher. Es macht ein wenig den Eindruck, als wenn er einen Tick langsamer servieren würde. Dafür aber mehr Präzision forciert. Auch die verschiedenen Optionen zwischen Slice, hartem Aufschlag und Kick werden öfter gemischt. Für den Gegner ist dies unangenehmer, da er nie weiß, was beim Aufschlag von Tsonga auf ihn zukommt.
Ob diese Veränderung von Dauer sein wird, bleibt abzuwarten. Lernen können wir daraus, dass selbst die absoluten Topspieler immer an ihrem eigenen Spiel feilen. Sie versuchen sich in jedem Bereich zu verbessern - selbst bei den technischen Aspekten. Für jeden Hobbyspieler sind solche Veränderungen der Topspieler ein kleiner Tritt in den Allerwertesten, sich selbst mehr zu hinterfragen und ihr Spiel zu verändern. Und dadurch vielleicht zu verbessern.
Eine Analyse von Marco Kühn (tennis-insider.de).