Österreichs Journalisten glauben ans Masters-Ticket für Dominic Thiem
… und trauen dem heimischen Shootingstar bei den US Open fast durchwegs zumindest das Achtel- oder Viertelfinale zu.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
24.08.2016, 17:39 Uhr

Die US Open in New York und das letzte Saisondrittel stehen nun vor der Tür, im fürDominic Thiembis Ende Juni so sensationell verlaufenen 2016. Der 22-Jährige hat in diesem Jahr den nächsten Schritt gesetzt, sich mitseinem Lauf bis ins French-Open-Semifinalezum ersten Mal unter die Top Ten der Welt gespielt – und hält seither dort wacker seine Stellung. Im „Race to London“ nimmt der am 3. September 23 Jahre alt werdende Niederösterreicher derzeit sogar den herausragenden fünften Platz ein und besitzt dadurch gute Karten, als erster Österreicher seitThomas Muster1997 bei den ATP World Tour Finals in London im Einzel aufzuschlagen.
Bevor das Grand-Slam-Spektakel im „Big Apple“ und das Saisonfinish dann beginnen, wollte tennisnet.com von den wichtigsten Sportjournalisten im Lande wissen, wie sie so die Chancen Thiems einerseits bei den US Open bzw. andererseits auf ein Masters-Ticket sehen. Wir haben ihnen die folgenden zwei Fragen gestellt:
1. Wie weit kommt Dominic Thiem bei den US Open?
2. Schafft es Thiem erstmals zum Masters und auf welchem Platz beendet er die Saison?
Das waren die Antworten:
Alexander Antonitsch (Kommentator „Eurosport“, Herausgeber „tennisnet.com“)
1. Es hängt natürlich auch von der Auslosung ab und davon wie er ins Turnier startet. Er braucht sicher einige Matches, bis sein „Werkl“ ins Laufen kommt. Ich hoffe auf die zweite Woche, sprich: die Runde der letzten 16 oder das Viertelfinale.
2. Es schaut eigentlich ganz gut aus. Aber entscheiden wird es sich bei den ATP-Masters-1000-Turnieren im Herbst. Ein starkes Abschneiden bei den US Open wäre sehr cool zum Vorlegen. Die Saison beendet er auf Platz acht. Vamos!
Alexander Tagger („Kleine Zeitung“):
1. Viel hängt natürlich von der Auslosung ab und davon, inwieweit Dominic die fehlende Spielpraxis der letzten Wochen kompensieren kann. Aber ich bin überzeugt davon, dass er es in die zweite Woche schafft. Ein Viertelfinal-Einzug wäre toll – dann wird’s aber sehr schwierig. Vor allem auch, weil ich ihn derzeit nicht auf demselben Level wie in Paris sehe.
2. Aktuell ist er 2016 die Nummer fünf, auf den AchtenGael Monfilshat er fast 400 Punkte Vorsprung. Auch wenn ihm in der vergangenen Saison im letzten Viertel die Luft ausging, bin ich davon überzeugt, dass er heuer bei den ausstehenden Turnieren noch die nötigen Punkte sammeln und sich ein Ticket für das Masters sichern wird. Ich denke, am Ende wird es für ihn der achte Rang sein.
Denise Maryodnig („Kleine Zeitung“):
1. Dominic Thiem spielt momentan, wenn ich es kritisch betrachte, nicht auf diesem konstant hohen Niveau wie zu Beginn der Saison – der einfach überragend und makellos war. Du hattest das Gefühl, dass er gar nicht verlieren kann und sein Erfolgslauf nicht mehr aufhört. Derzeit sieht die Sache etwas anders aus, und deswegen ist er auch schwer einzuschätzen. Es wird bei den US Open darauf ankommen, in welcher körperlichen Verfassung er sich schlussendlich befindet. Ob er sich auch wirklich von seiner Krankheit auskurieren und somit den konditionellen Rückstand aufholen konnte – die Zeit dafür war da. Vom Kopf her ist er stark, ohne Zweifel. Günter Bresnik wird ihn perfekt, wie immer, auf das letzte Grand-Slam-Turnier des Jahres vorbereitet haben. Zuzutrauen ist ihm nach dieser unglaublichen Saison sowieso alles. Wobei man auch sagen muss, nur wenn man gesetzt ist, heißt das noch lange nicht, dass er gleich in die dritte, vierte Runde spaziert. Denn wenn einem ein starker Aufschläger oder guter Hardcourt-Spieler gegenübersteht, der unbekümmert drauf los spielt, dann kann auch gleich Endstation sein. Passieren kann für Dominic alles…
2. Er steht auf Position fünf im „Race“ – die Ausgangsposition bis zum jetzigen Zeitpunkt ist richtig gut, gar keine Frage. Niemand konnte damit rechnen. Die US Open sind jetzt natürlich ein sehr wichtiger Baustein, denn wenn er in New York sein bestes Tennis abrufen kann, dann wird er sehr wichtige Punkte sammeln. Und dann könnte er zum ersten Mal beim Masters der besten Acht in London aufschlagen. Nur, hinter ihm warten im „Race“ Kaliber wieNadal,Wawrinka, Monfils,Berdych,CilicoderGoffin. Die werden es ihm sicher nicht leicht machen. Es wird ein Kampf bis zum Schluss! Dominic wird am Ende der Saison in jedem Fall in den Top Ten „überwintern“. Ob jetzt acht, neun oder zehn. Wenn er weiter so hart an sich arbeitet, gesund und verletzungsfrei bleibt, wird es stetig nach oben gehen…
Christoph Gastinger („Die Presse“):
1. Ich halte das Erreichen des Achtelfinals für realistisch.
2. Das Masters wird sich ausgehen, dasverletzungsbedingte Saison-AusvonFedererund dieUS-Open-Absage von Berdychspielen Dominic gewiss in die Karten. Ich erwarte dennoch eine knappe Angelegenheit, vielleicht fällt die Entscheidung für Dominic erst in Paris-Bercy. Abschließen wird er die Saison auf Platz neun, weil er im Herbst nicht mehr allzu viele Punkte zu verteidigen hat.
Jens Huiber („tennisnet.com“):
1. Das kann bei günstigstem Turnierverlauf (der Wawrinka-Ast wäre vorteilhaft) bis ins Halbfinale gehen, ein frühes Treffen mit Spielern wiedel Potro,Isner,Querreyetc., den guten Aufschlägern also, kann auch nur gedämpfte Freude aufkommen lassen.
2. Da darf man optimistisch sein. Es bräuchte noch ein herausragendes Ergebnis, wenn nicht bei den US Open, dann mit guter Setzung bei den beiden ausstehenden 1000ern. Von „hinten“ sind wohl Monfils undTsongaam gefährlichsten, noch dazu mit dem Heimturnier in Paris-Bercy. Da könnte Dominic mit einem Erfolg in Wien ja schön vorlegen. Ich sehe ihn auf einen soliden siebten Platz zum Jahresende zusteuern.
Stefan Bergmann („tennisnet.com“):
1. Natürlich hängt auch viel von der Auslosung ab, aber zuzutrauen ist Dominic auf jeden Fall immer viel. Wohl hatte Österreichs Nummer eins jedoch nach ihrer Nebenhöhlenentzündung bis zuletzt mit ihrer Form gehadert. Für mich ist das Erreichen des Achtelfinals absolut realistisch, bei Partien über drei Gewinnsätze ist es auch eher möglich, die fehlende Matchpraxis zu kaschieren. Für mehr braucht es meines Erachtens einen positiven Turnierverlauf.
2. Unbedingt. Ich bin fast überzeugt, dass Dominic die erforderlichen Resultate im letzten Saisondrittel einfahren wird können. Zudem müssen Leute wie Tomas Berdych oder Jo-Wilfried Tsonga auch erst mal ihren Mann stehen und konstante Leistungen vorweisen. Rang acht am Ende des Jahres wäre für mich ein Traumergebnis.
Manuel Wachta („tennisnet.com“):
1. Das Achtelfinale wäre schön, das Viertelfinale oder mehr super, wird allerdings womöglich diesmal eher schwer zu erreichen sein. Dominic scheint im Moment nicht in jener Verfassung zu sein, die ihn bekanntlich bis hin zu Wimbledon zu einem fantastischen Höhenflug ansetzen hatte lassen. Die Frage ist, wie viel sich dran in einer Trainingswoche vor dem Turnier ändern lassen kann. Klar ist allerdings auch: Wenn er mal in der zweiten Woche wäre, die Spielpraxis und das Selbstvertrauen wieder ein wenig stärker vorhanden sind, könnte es auch noch weiter gehen. Die zweite Woche muss jedenfalls das Ziel sein. Eine gute Auslosung wäre hilfreich – ungesetzte Kaliber, wie beispielsweise Juan Martin del Potro, sind jene Spieler, auf die keiner früh treffen will.
2. Dominic hat im „Race to London“ derzeit 495 Punkte auf den Neuntplatzierten Tomas Berdych, der zudem für die US Open absagen musste. Das sollte sich also ausgehen, auch wenn seine direkten Konkurrenten in der Hallensaison stärker einzuschätzen sind. Ein gutes Abschneiden in New York wäre natürlich förderlich, aber auch zumindest ein starkes Resultat bei den zwei verbleibenden ATP-Masters-1000-Turnieren könnte bereits ausreichen. Ich lege mich fest: Er wird es schaffen und 2016 im schlechtesten Fall auf Platz sieben abschließen.
Gerald Widhalm („Austria Presse Agentur – APA“):
1. Das ist vor der Auslosung sehr spekulativ: Erwischt Dominic zum Beispiel ein Auftaktlos del Potro, kann es trotz Nummer-acht-Setzung schnell vorbei sein. Spielt er sich ins Turnier, kriegt er die ihm fehlende Matchpraxis und das Selbstvertrauen, dann ist die zweite Woche natürlich drinnen. Grundsätzlich verhindert die Setzung in den ersten Acht aber die ganz großen Gegner bis ins Viertelfinale.
2. Das Erreichen des Masters wäre ein Traum für Thiem und Österreichs Tennisfans. Dazu bräuchte er, schätze ich, aber wohl ein Viertelfinale in Flushing Meadows. Und seine bisher stärkste Hallensaison.
Harald Ottawa („KURIER“):
1. Nach einer schweren Grippe und der Hüftentzündung ist er körperlich wieder voll da, das Umfeld US Open bringt ihm Selbstvertrauen. Ist die Auslosung gut, kann es weit gehen, es ist sein Lieblings-„Major“.
2. Das ATP-Finale als zweiter Österreicher im Einzel wäre eine tolle Sache, es wird sich knapp ausgehen. In New York kann er einen großen Schritt dazu machen… aber noch ist es weit. Ich bin optimistisch. Er wird am Saisonende Platz sieben oder acht einnehmen und Platz eins in der Wahl zum Sportler des Jahres.
Roman Stelzl („Tiroler Tageszeitung“):
1. 2014 durfte ich ja mit tennisnet.com-Redakteur Manuel Wachta vor Ort erleben, wie sehr Dominic Thiem die US Open taugen. Am liebsten würde ich ihn im Finale sehen, noch lieber als Sieger – aber angesichts der letzten Wochen nach Kitzbühel fürchte ich, dass es trotz Top-acht-Setzung „nur“ für das Viertelfinale reichen wird…
2. Ja, er schafft es zum Masters. Haarscharf als Achter.
Christian Frühwald („LAOLA1.at“):
1. Vor der Auslosung ist so etwas immer schwierig zu sagen. Schließlich könnte auch ein ungesetzter Juan Martin del Potro in einer der ersten Runden drohen. Läuft alles nach Plan, sollte aber zumindest das Achtelfinale drin sein. Dominic hat mittlerweile dieses Niveau und diese Konstanz erreicht, dass er auch in schlechten Phasen seine „Pflichtsiege“ einfahren kann. Danach wird es sicherlich schwierig werden. Sollte er allerdings die ersten zwei, drei Runden gut überstanden haben, kann es im Tennis auch ganz schnell wieder „Klick“ gemacht haben.
2. 500 Punkte hat Dominic derzeit Vorsprung auf Platz neun. Es wird nicht leicht für ihn, diesen Vorsprung bis November zu behaupten. Vor allem deshalb, weil sich alle vor und hinter ihm rangierenden Spieler auf Hartplatz bzw. in der Halle extrem wohl fühlen. Als Zehnter beendet er das Jahr aber trotzdem knapp in den Top Ten.
