Xavier Malisse spricht über seinen legendären Wutausbruch
Der Belgier Xavier Malisse blickt nach zehn Jahren auf seinen Ausraster zurück, der bei YouTube zum Kultvideo wurde.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
09.04.2015, 17:48 Uhr

Zehn Jahre ist nun einer der legendärsten Wutausbrüche im Tennis her. Xavier Malisse wurde beim ATP-Turnier in Miami im Match gegenDavid Ferrerdisqualifiziert. Der Belgier war mit den Entscheidungen einer Linienrichterin nicht einverstanden und soll mit dem Ball nach ihr geworfen und sie beleidigt haben. Malisse verlor nach der Disqualifikation völlig die Beherrschung, trat auf Stuhl und Bande ein und zertrümmerte seinen Schläger. „Wie könnt ihr mir das antun? Ich bin so angepisst, weil ich überhaupt nichts gesagt habe“, schrie Malisse seine Verärgerung heraus.Der Belgier hatte im Oktober 2013 seine Karriere beendet.Im Gespräch mit dem Portal „SweTennis“ blickte der 34-Jährige auf den Vorfall in Miami zurück.
„Wenn ich einer der Zuschauer gewesen wäre und mich selbst auf dem Platz gesehen hätte, würde ich mir denken, dass der Typ komplett verrückt ist“, erklärte Malisse, der für sein temperamentvolles Gemüt bekannt war. Das Video mit dem Wutausbruch wurde zum Renner auf YouTube. Er weigerte sich zunächst, das Video anzuschauen, tat es dann aber dennoch. „Als ich es gesehen habe, habe ich begriffen, dass ich diese Dinge nicht machen kann. Du kannst wütend werden, du kannst streiten und einen Schläger gelegentlich zertrümmern, aber das war komplett nicht in Ordnung.“
„Ich musste meine Gefühle rauslassen“
Der Vorfall hatte Malisse zum Nachdenken gebracht. „Danach wurde ich zwar immer mal wieder wütend, aber ich konnte mich selbst mehr kontrollieren. Ich brauchte gelegentlich einen Ausraster. Nur ruhig zu sein, hat mir nicht geholfen. Ich musste meine Gefühle rauslassen. Ich konnte zwar wütend werden, habe aber wegen Wutausbrüchen keine Punkte verloren. Ich wusste, wie ich damit umgehen konnte. Vor dem Vorfall wurde ich immer wütend und auf einmal war der Satz verloren, weil ich herumgelaufen bin und mich über alles beschwert habe.“
Sein aufbrausendes Temperament erklärt der „X-Man“ mit den Ereignissen in seiner Jugend. „Wen ich auf dem Platz war, wollte ich nur gewinnen. Abseits des Platzes war ich ziemlich entspannt. Als ich mit Tennis begonnen habe, habe ich von fünf Jahren bis zum Alter von 15, 16 nie verloren. Ich habe nie einen Satz verloren. Ich habe einfach gewonnen und gewonnen. Es wurde dann sehr schwer, als ich bei den Junioren anfing und immer mal wieder verloren habe. Ich konnte damit nicht umgehen, weil ich immer gewinnen wollte. Ich war so darauf fokussiert, zu gewinnen, was auch immer es kostet. Ich bin eigentlich immer mit den Schiedsrichtern aneinandergeraten, wenn ich dachte, dass sie einen Fehler machen.“
Mehr Emotionen von den Topspielern
Malisse gewann in seiner Karriere drei ATP-Titel und stand auf Platz 19 in der Weltrangliste. Beim Wimbledonturnier 2002 erreichte er das Halbfinale.Dem Belgier wurde vorgeworfen, dass er bessere Ergebnisse wegen seines Temperaments verschenkt habe.„Ich denke nicht, dass ich es bis auf Platz 19 geschafft hätte, wenn ich kein Temperament gehabt hätte und das Verlieren nicht gehasst hätte. Manchmal habe ich Matches verloren, weil ich meinen Kopf verloren habe. Und manchmal habe ich Matches auf die gleiche Weise gewonnen. Es sind gemischte Gefühle.“ Der Belgier würde sich wünschen, wenn die Topspieler mehr Emotionen zeigen würden, genauso, wie er es immer getan hat.
„Ich liebe Federer, aber manchmal sind die Topspieler wie Maschinen. Sie spielen einfach nur und zertrümmern nie einen Schläger. Manchmal würde ich gerne sehen, wie sie einen Schläger zerbrechen und zeigen, was sie wirklich fühlen. Manchmal ist es gut, wütend zu werden. Du zerbrichst einen Schläger und dann konzentrierst du dich auf den nächsten Punkt. Das ist das, was mein Mentaltrainer mir gesagt hat, dass man wütend sein kann, sich einen Moment nimmt, wo man seinen Schläger in die Einzelteile zerlegt und dann Sekunden später wieder ganz normal spielt.“(Text: cab)