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Die Dauerkrise – Nur Daniel Brands als Lichtblick im deutschen Herrentennis

Keine böse Überraschung, sondern eine Trendbestätigung der letzten Saison: Kein Deutscher steht in Melbourne in Runde drei.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 20.01.2016, 21:55 Uhr

Daniel Brands - Australian Open 2016

Daniel Brands hat so einiges überstanden in den letzten beiden Jahren. Das Pfeiffersche Drüsenfieber, eine tückische Viruserkrankung. Den Schock, dass ganz plötzlich der eigene Körper zum Feind werden kann. Den Absturz in der Weltrangliste, von Platz 51 bis jenseits von Platz 400. Auch die Zweifel und Ängste, ob es überhaupt noch einmal etwas wird mit seiner Tenniskarriere, mit einem Comeback, mit dem Herumreisen auf der geliebten Zirkus-Tour. "Es war eine schwere, schwere Zeit", sagt der 28-jährige Brands, "aber ich habe doch nie wirklich die Hoffnung aufgegeben."

Er, der Turm von Deggendorf, der 1,98-Meter-Mann mit dem Aufschlag-Dampfhammer, war der einzige kleine Lichtblick im deutschen Herrentennis bei den Australian Open. Drei harte Qualifikationsspiele überstand Brands, gewann sogar eine Auftaktrunde in Melbourne, ehe er, schon als "letzter DTB-Mohikaner", am Mittwoch in seinem zweiten Hauptfeld-Match mit 6:4, 1:6, 6:7 (0) und 3:6 am Spanier Guillermo Garcia-Lopez scheiterte. Wo sich seine Landsmänner oft sang- und klanglos aus diesem ersten Grand-Slam-Kräftemessen verabschiedeten, allesamt beim ersten Einsatz, erschien wenigstens die persönliche Bilanz des tapferen Niederbayern noch als versöhnlich - und aufmunternd. "Daniel ist insgesamt auf dem richtigen Weg", sagte Bundestrainer Michael Kohlmann . Nicht ausgeschlossen, dass Brands sogar einen Einberufungsbescheid von Kohlmann für die Davis-Cup-Partie Anfang März in Hannover gegen Tschechien erhält.

Solide, konstant gute Spieler zwischen 20 und 30 fehlen

Während Anna-Lena-Friedsam , die couragierte Rheinländerin, nach einem 6:3,-6:4-Sieg gegen die Chinesin Qiang Wang erstmals in ihrer Karriere die dritte "Major"-Runde erreichte und ein Rendezvous mit US-Open-Finalistin Roberta Vinci verabredete, lenkte die allzu frühe Abschlussrechnung in Melbourne wieder einmal den Blick auf die Krisensituation im deutschen Herrentennis. Zum ersten Mal seit 2004 kein nationaler Profi in der dritten Australian-Open-Runde - es war keinesfalls eine böse Überraschung, eine Pleite aus heiterem Himmel, sondern eine Trendbestätigung der vergangenen Saison. Und selbst der einzige deutsche Profi, der mit den Allerbesten der Branche mitzuhalten vermag, gab kein Mut machendes Bild ab - jener Philipp Kohlschreiber , der einen möglichen und machbaren Sprung unter die gesetzten Grand-Slam-Größen vor Turnierbeginn ausließ. Und der sich dann, vom typischen Lospech beglückt, in Runde eins dem japanischen Star Kei Nishikori (Platz sieben der Setzliste) geschlagen geben musste.

Viele deutsche Profis sind inzwischen schon altgediente Nomaden im Tennisbetrieb, jenseits der 30 wie Kohlschreiber, der Saarländer Benjamin Becker , Rasta-Man Dustin Brown , der Schwabe Michael Berrer und der (gerade verletzte) Bayer Florian Mayer . Dann wäre da noch die "Generation Next" um den Hamburger Alexander Zverev (18) oder den sehr jungen, erst 15-jährigen Berliner Rudi Molleker . Aber was fehlt, sind die soliden, die konstant guten Spieler zwischen 20 und 30 Jahren, dort, so sagt es DTB-Vize Dirk Hordorff, "klafft eine große Lücke."

Hordorff: "Keine ganz schnelle Besserung in Sicht"

Es sei, so Hordorff, "auch keine ganz schnelle Besserung in Sicht." Wenn, dann vielleicht in Person von Comebacker Brands (28). Oder des Westfalen Jan-Lennard Struff (25) und des Münchners Peter Gojowczyk (26). Gojowczyk war vor knapp zwei Jahren schon einmal als Zukunftshoffnung des deutschen Tennis gehandelt worden, als er beim Davis-Cup-Duell in Frankreich an Tag eins einen der beiden Punkte zur 2:0-Führung herausgespielt hatte. Das Match ging schließlich noch mit 2:3 verloren. Und auch für Gojowczyk ging es abwärts, auch, aber nicht nur wegen Verletzungspechs. Der Weg zurück nach oben wird mühsam: Gojowczyk steht gerade auf Platz 223 der Weltrangliste.

Hier die Ergebnisse der Australian Open: Einzel , Doppel , Einzel-Qualifikation .

Hier der Spielplan.

von tennisnet.com

Mittwoch
20.01.2016, 21:55 Uhr