Australian Open: Ein ganzer Kontinent in Rage - Djokovics Ausnahme stößt auf Unverständnis

Novak Djokovics Ausnahmegenehmigung für eine Teilnahme an den Australian Open erhitzt die Gemüter. Die Reaktionen Down Under bewegen sich zwischen Kopfschütteln und Wut.

von SID/red.
zuletzt bearbeitet: 05.01.2022, 13:26 Uhr

Wer gewinnt? Tippt jetzt!
© Getty Images
Novak Djokovic wird in Australien wegen seiner Ausnahmegenehmigung zum Politikum

Noch bevor Novak Djokovic überhaupt einen Fuß auf den fünften Kontinent gesetzt hatte, schlug dem neuen "Bösewicht" Australiens schon blanke Wut entgegen. "Kranke Heuchelei", eine "schallende Ohrfeige" und eine "Beleidigung für jeden Australier" - der mediale Aufschrei über die Ausnahmegenehmigung für den Tennisstar war gewaltig. Und der Start des ganz offensichtlich ungeimpften Serben bei den Australian Open wird Down Under zum Politikum auf allerhöchster Ebene.

Denn sogar Australiens Ministerpräsident Scott Morrison ließ öffentlich Zweifel an der Grundlage für die medizinische Ausnahmegenehmigung durchblicken, mit der Djokovic beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres (ab 17. Januar) auf Rekordjagd gehen will. "Wenn diese Beweise nicht ausreichen, dann wird er nicht anders behandelt als alle anderen und sitzt im nächsten Flugzeug nach Hause", sagte der Regierungschef am Mittwoch auf einer Pressekonferenz.

Tiley wäscht seine Hände in Unschuld

Damit sprach er seinen Landsleuten, die während der Corona-Pandemie durch zahlreiche strikte Lockdowns und strenge Einreiseregelungen selbst für Einheimische immense Entbehrungen hinnehmen mussten, aus der Seele. "Für Novak Djokovic sollte es überhaupt keine Sonderregelungen geben. Überhaupt keine", sagte Morrison - und brachte damit auch Craig Tiley, Turnierdirektor der Australian Open, in Erklärungsnot.

"Niemand wurde besonders begünstigt, es gab keine Sonderbehandlung für Novak", verteidigte sich Tiley und wusch seine Hände in Unschuld. Schließlich hätten zwei vom Bundesstaat Victoria und Tennis Australia unabhängige medizinische Expertengremien in Unkenntnis von Namen dem Weltranglistenersten die Sondergenehmigung für den Start bei den Australian Open erteilt. Ohne Ausnahmeerlaubnis dürfen dort nur vollständig geimpfte Profis aufschlagen. 

Strenge Kriterien bei Sondererlaubnis

Und doch forderte der Turnierboss - auch gezwungen durch den großen öffentlichen Aufschrei - Djokovic dazu auf, die Hintergründe offenzulegen. "Es wäre sehr hilfreich, wenn Novak erklären würde, auf welcher Grundlage er die Ausnahmegenehmigung beantragt und erhalten hat", sagte Tiley.

Die Kriterien für eine solche Sondererlaubnis sind äußerst streng, sodass eigentlich nur schwer kranke Menschen von der Impfpflicht ausgenommen werden - etwa wegen Herzproblemen oder gravierenden Operationen in jüngster Vergangenheit. Auch eine Corona-Infektion in den vergangenen sechs Monaten berechtigt zu einer medizinischen Ausnahmegenehmigung. 

Von Djokovic ist öffentlich aber nur eine Infektion aus dem Sommer 2020 bekannt. Seinen Impfstatus hatte der 34 Jahre alte Titelverteidiger, der sich in Melbourne zum alleinigen Grand-Slam-Rekordchampion krönen will, nie veröffentlicht. Die australische Grenzpolizei will angeblich die Gründe für die Ausnahmegenehmigung für den Topathleten nochmals genauestens überprüfen.

Spott und Ärger auch in den australischen Medien

Das Unverständnis in der australischen Bevölkerung - Zuschauer dürfen übrigens nur vollständig geimpft in die Stadien - über die Ausnahme für den besten Tennisspieler der Welt ist schon jetzt riesig, der Blick in die Gazetten gab ein gutes Stimmungsbild ab. "Regeln sind Regeln - es sei denn, man ist reich und berühmt wie Djokovic", schrieb die Zeitung The Age. 

Die Courier Mail titelte "You must be Djoking" (übersetzt: Das soll wohl ein Scherz sein), und die Canberra Times beschrieb die Gefühlslage der Australier: "Entsetzt, vielleicht. Wütend, ja. Frustriert, enttäuscht, angewidert, mit dem Gefühl, dass wir alle gerade eine schallende Ohrfeige bekommen haben."

Der ehemalige australische Tennisprofi Sam Groth sprach in einer Kolumne für Herald Sun von "kranker Heuchelei". Djokovics Teilnahme an den Australian Open sei "eine Beleidigung für jeden Australier, der wegen COVID durch die Hölle gegangen ist". 

Und The West Australian schrieb Djokovic bereits eine filmreife Rolle für das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres zu. "Der Djoker", kommentierte das Blatt, "hat sich in den Joker verwandelt und sich schamlos die Rolle des Bösewichts zugewiesen, bevor er seinen Versuch startet, die Tenniswelt zu beherrschen."

PS: Selbst die österreichische Satire-Plattform "Die Tagespresse" hat sich bereits dem Thema angenommen:

Verpasse keine News!
Aktiviere die Benachrichtigungen:
Djokovic Novak

von SID/red.

Mittwoch
05.01.2022, 14:14 Uhr
zuletzt bearbeitet: 05.01.2022, 13:26 Uhr

Verpasse keine News!
Aktiviere die Benachrichtigungen:
Djokovic Novak