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Australian Open: Novak Djokovic - Ein neues Level der Dominanz

Mit seinem glatten Drei-Satz-Sieg gegen Rafael Nadal im Endspiel der Australian Open 2019 hat Novak Djokovic der Tenniswelt wieder einmal seinen Stempel aufgedrückt.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 27.01.2019, 14:40 Uhr

Novak Djokovic so dominant wie selten
© Getty Images
Novak Djokovic

Es war ein Spiel, ein Abend, der den Begriff von Dominanz auf ein neues Level hob. Und es war ein Rekordsieg von Novak Djokovic, der allein deswegen in Erinnerung bleiben wird: Weil er, der Tennis-Titan, in der Stunde seines historisch siebten Triumphes in Melbourne einen Rivalen deklassierte, der in den beiden Turnierwochen zuvor selbst jeden Gegner wie nach Belieben deklassiert hatte. Tennis in einer anderen Dimension, so war das Australian-Open-Tennis von Rafael Nadal bisher beschrieben worden – doch was war dann das, was Djokovic an diesem 27. Januar zeigte, über zwei Stunden und sechs Minuten eines leicht surreal anmutenden 6:3, 6:2, 6:3-Erfolges. Wie ein einziger Superlativ auf zwei Beinen stand er jedenfalls da, der König dieses Turniers, der Nummer eins-Spieler des Planeten, der nunmehr 15-malige Grand-Slam-Champion. „Es ist ein erstaunlicher Moment, diese Reise überhaupt in den letzten zwölf Monaten“, sagte der überwältigte Serbe. 

Sein wilder Achterbahn-Trip vom Dominator der Branche zum Krisen-Djoker und retour, sozusagen mit Rückfahrkarte, erreichte am anderen Ende der Welt die vorläufig letzte Wegstation – auf einem Gipfelpunkt, unerreichbar für jeden anderen Konkurrenten, auch für Nadal, den bulligen Stierkämpfer der Branche. Aber zum Fighten, zum Sich-Hineinbeißen in dieses ultimative Duell der Australian Open 2019 kam der Mallorquiner gar nicht. Er war, ohne jede Übertreibung und ohne Zynismus, nur der Statist in dieser großen Djokovic-Show, ein oft verblüffter Betrachter dieses Einbahnstraßen-Tennis in die falsche Richtung. „Es war unglaublich, wie Novak hier gespielt. Ich war ohne jede Chance“, sagte Nadal, der Weltranglisten-Zweite, also der Mann, der Djokovic auf dem Papier eigentlich am dichtesten im Nacken sitzen müsste.

Nadal von Beginn an der Getriebene

Große Spiele, denkwürdige Spiele, fantastisch umstrittene Spiele hatten sich Djokovic und Nadal in der Vergangenheit geliefert. Aber noch nie gab es eine Grand Slam-Pokalpartie zwischen dem Serben und Spanier, die eine solch frappierende Überlegenheit eines der beiden Hauptdarsteller aufwies. Und die so komplett neben der Erwartungs- und Zeitskala lag, sogar eine halbe Stunde kürzer dauerte als das Damenfinale. Es war nichts weniger als Perfektion von Djokovic, ein Match in jener berühmten „Zone“, in einer Geistesverfassung, in der selbst die schwierigsten Prüfungen mit traumwandlerischer Sicherheit gelingen. Und es war ein Alptraum für Nadal, der sich von der ersten bis zur letzten Minute in der Rolle des Gehetzten und Getriebenen wiederfand – gegen einen „Djoker“, der im ganzen Match gerade mal neun leichte Fehler aufsummierte. „Besser kannst du auf einem Hartplatz nicht spielen“, notierte da Djokovics einstiger Trainer Boris Becker, „da kann man sich nur verneigen.“

Sicher war dies: In jenem Augenblick, als Djokovic nach dem Matchball auf die Knie sank und dann den Boden der Laver-Arena küßte, da hatte er auch ein außergewöhnliches Comeback innerhalb der letzten zwölf Monate gekrönt. Vor Jahresfrist hatte er sich mit einer Achtelfinal-Enttäuschung aus Melbourne verabschiedet, war danach am Ellenbogen operiert worden. Wenig lief zusammen in seiner Tenniswelt, die Zweifel seien „beträchtlich“ gewesen, sagte der 31-jährige selbst, „die Zweifel, noch mal nach vorne zu gelangen.“

Djokovic für McEnroe Grand-Slam-Anwärter

Erst als er seinen alten Trainer und Weggefährten Marijan Vajda und auch andere Ehemalige in sein Team Nole zurückbeorderte, ging es im Frühling 2018 langsam, aber sicher wieder aufwärts. Was bis Ende Januar 2019 allerdings folgen würde, hätte wohl niemand in seiner Truppe, aber auch keiner seiner Widersacher erwartet: Drei Grand-Slam-Siege hintereinander (Wimbledon, New York, Melbourne), der erneute Sprung auf Platz 1. Und eine spielerische Klasse und Selbstgewissheit, mit der er den Rest des Feldes geradezu pulverisierte. „In dieser Form kann er in dieser Saison alle wichtigen Titel abräumen, selbst in Paris, bei den French Open“, sagte Amerikas ehemaliger Superstar John McEnroe.

Ivan Lendl, der Trainer von Alexander Zverev, war bei der Siegesfeier auf dem Melbourne-Centre Court der Zeremonienmeister. Es war ein etwas kurioser Anblick, schließlich hatte Zverev den Weltranglisten-Ersten Djokovic noch bei der WM in London im Finale geschlagen. Aber Zverev und die anderen, die ganz Jungen, die Mittelalten, die Ü30-Asse und auch ein Gigant wie Nadal, sie alle verschwanden nun wieder hinter der überlebensgroßen Spielerstatur von Djokovic. Grand Slams sind eben noch einmal eine andere Welt, eine andere Herausforderung, Djokovic und die anderen paar Tennis-Gentlemen aus dem Eliterevier haben sie seit anderthalb Jahrzehnten fest im Griff. Doch selbst den anderen Großmeistern, ob Nadal, ob Federer, sind die Türen verschlossen, wenn Djokovic so aufspielt wie bei diesen Australian Open. Er hat jetzt 15 der Major-Titel gewonnen, steht in der ewigen Bestenliste auf Platz 3 hinter Federer und Nadal, nun aber vor Pete Sampras. Und Djokovic sieht nicht so aus, als würde er so schnell wieder müde – im Gegenteil.

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von Jörg Allmeroth

Sonntag
27.01.2019, 17:12 Uhr
zuletzt bearbeitet: 27.01.2019, 14:40 Uhr

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