Becker spricht Klartext: "Wunderkinder werden nicht alt"
Vor 40 Jahren schrieb Boris Becker mit seinem Wimbledon-Sieg Tennisgeschichte. In der ZDF-Talkshow “Markus Lanz” sprach der einstige Jungstar nun offen über die Schattenseiten des plötzlichen Ruhms und warum ihm der Titel fast das Leben gekostet hätte.
von Isabella Walser-Bürgler
zuletzt bearbeitet:
19.09.2025, 10:24 Uhr

Mit gerade einmal 17 Jahren katapultierte sich Boris Becker 1985 in Wimbledon an die Spitze der Tenniswelt und löste damit in Deutschland einen bis dahin beispiellosen Tennis-Boom aus. Doch der Tag, der ihn zum Weltstar machte, markierte für ihn gleichzeitig das Ende seiner Unbeschwertheit. In der Talkrunde bei Markus Lanz sagte Becker rückblickend, er habe an diesem 7. Juli seine persönliche Freiheit verloren. “Mit 17 ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen, ist nicht gesund”, erklärte er. Heute ist er überzeugt: Ein späterer Durchbruch hätte ihm womöglich ein längeres, ausgeglicheneres Karriereleben ermöglicht.
Das Etikett “Wunderkind”
Becker spricht offen darüber, wie das Etikett “Wunderkind” zu einem Fluch für ihn wurde. Es habe enormen Druck erzeugt und ihn in Situationen gebracht, die ihn an den Rand des Zusammenbruchs geführt hätten. “Wunderkinder werden nicht alt”, sagte er mit ernster Miene, denn früher Ruhm sei eben nur Druck und kein Privileg. Trotzdem gibt er auch zu, dass gerade dieser Drang, immer weiterzugehen und eigene Grenzen zu überschreiten, ihn zu einem der erfolgreichsten Spieler seiner Zeit machte.
Erfolge und frühe Müdigkeit
In seiner Karriere gewann Becker insgesamt sechs Grand-Slam-Titel, darunter dreimal in Wimbledon, und führte die Weltrangliste an. Doch bereits mit 25 Jahren verspürte er eine tiefe Müdigkeit, wie er berichtet. Nach sieben Wimbledon-Finals habe er sich gefragt, warum er sich immer wieder neu beweisen müsse. Diese innere Erschöpfung führte schließlich dazu, dass er mit 31 Jahren endgültig seine Karriere beendete, nachdem er jahrelang nur noch irgendwie ‘mitgeschwommen’ war.
Und Alcaraz?
Beckers Worte lassen unweigerlich an das derzeitige Ausnahmetalent Carlos Alcaraz denken, der mit gerade einmal 21 Jahren bereits mehrere Grand-Slam-Titel gewonnen und die Nummer eins der Welt erklommen hat. Schon seit seinem 15. Lebensjahr gilt er als Wunderkind des Tennissports. Seinen ersten Grand-Slam-Titel holte er 2022 in New York mit 19 Jahren. Noch wirkt der Spanier unerschütterlich, voller Spielfreude und Energie, so wie auch Becker in den 80er-Jahren. Ob Alcaraz gelingt, was Becker rückblickend vermisst – nämlich die Balance zwischen sportlichem Höhenflug und innerer Stabilität zu wahren –, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen.
