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Checkliste für Tenniseltern: Wie man das mentale Spiel seines Kindes fördert

Neben dem technischen und dem athletischen Aspekt spielt auch der mentale eine Rolle. Schon bei ganz jungen Tennisspielern. Der Tennis-Insider hat dafür Tipps für Eltern.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 14.07.2025, 14:25 Uhr

Das mentale Spiel sollte schon in jungen Jahren gefördert werden
© Jürgen Hasenkopf
Das mentale Spiel sollte schon in jungen Jahren gefördert werden

Du hast es nicht leicht.

Du willst deinem Kind helfen. Helfen, besser mit dem Druck bei Turnieren umzugehen. Vor allem in Zeiten einer Niederlage. Auf der anderen Seite fragt man sich als Elternteil aber auch: “Wie?”. Wie kann man sein Kind unterstützen, ohne Stress zu verursachen? Du willst es nicht falsch machen. Aber du hast keine Ahnung, was richtig und was falsch ist. Zu viele verrückte Situationen, in den du mit Fragezeichen im Kopf vor deinem Kind stehst.

In diesem Artikel bekommst du eine Checkliste, die hoffentlich viele Fragen in der Zukunft klären und dich als Elternteil unterstützen wird, dein Kind besser durch den Tennis-Wahnsinn manövrieren zu können. Bedenke: Du bist eine Stütze und Hilfe - kein weiterer Trainer. Zumindest nicht auf dem Platz.

Warum mentales Training in den heimischen vier Wänden startet


Das Zuhause kommt immer mit auf den Platz. Wir Erwachsene nehmen den Stress auf der Arbeit oder die schlecht geschlafene Nacht mit ins Match. Bei Kindern ist es das familiäre Umfeld oder auch die Schule, die einen direkten Einfluss auf die Emotionen und damit auf das Leistungsniveau des Kindes hat. Und natürlich auch die schlecht geschlafene Nacht oder die "5" in der Matheklausur.

Erwachsene haben die Eigenverantwortung, sich selbst ein gewisses Maß an emotionaler Regulation und Stabilität zu geben. Das klappt bei uns schon mal mehr, mal weniger. Deswegen sind wir erwachsen. Bei Kindern ist das ein ganz anderer Schnack. Sie sind charakterlich noch nicht so weit entwickelt. Die Kids brauchen Unterstützung und Hilfe, um ihre Emotionen und den “Stress im Kopf” besser bewältigen zu können. Das gilt vor allem vor und nach einem Tennismatch. 

Vor einem Spiel ist die Nervosität hoch. Die Anspannung steigt. Kinder nehmen den Druck mit ins Match, den Eltern und Trainern etwas bieten zu müssen. Das erzeugt einen zusätzlichen Druck, den viele Eltern leider nicht auf der Bespannung haben. Wer hier durch Gestik, Mimik oder Worte noch zusätzlich Anspannung aufbaut, der hilft seinem Kind definitiv nicht. Man darf auch nie vergessen, dass die Kids sensibler sind. Sie nehmen Gestik, Mimik und Worte anders wahr. 

Lass uns zunächst schauen, welche Rollen du als Tenniselternteil in Bezug auf den Tennissport ausfüllst. Sei es ganz bewusst oder auch nur unbewusst.

Die drei Rollen von Tenniseltern


Geht es nach der amerikanischen Erziehungspsychologin Jacquelynne Eccles, haben Eltern im Sport die folgenden Aufgabenbereiche. Wir können sie auch “Säulen” nennen:

1. Versorger – Eltern arrangieren alles, was mit dem Sport zu tun hat (Fahrten zum Training und zu Turnieren, Finanzen etc.)

2. Vorbilder – Eltern haben die Aufgabe, eine gesunde Einstellung zum Sport und zum Umgang mit Siegen und Niederlagen durch ihr eigenes Verhalten zu demonstrieren

3. Unterstützer – Eltern navigieren ihre Kinder durch Höhen, Tiefen und Rückschläge

Drei Säulen, die einem allerhand abverlangen können. Wenn es gut läuft, dann sind diese drei Säulen leichter zu “beackern”, als wenn es schlecht läuft. Aber gerade in den nicht so guten Tagen, können Eltern ihren Kindern Resilienz und Kampfgeist vermitteln. Man darf nie vergessen, dass Kinder am effektivsten von dem Verhalten der Eltern lernen. Nicht unbedingt von den Worten. Worte sind schön und gut. Sie müssen sich aber mit den Taten decken. 

Für Tenniseltern sind diese drei Säulen das, was für die Kinder auf dem Tennisplatz das Match ist. Die Kinder müssen im Turnier mit unterschiedlichen Herausforderungen kämpfen. Außerhalb des Platzes, vor und nach einem Match, sind es die Eltern, die ebenfalls auf ihrem Gebiet, den drei Säulen, einen komplexen Job zu erledigen haben. Die Kids haben auf dem Platz genau so zu kämpfen wie die Eltern außerhalb des Platzes - und umgekehrt.

Je besser die Eltern die drei Säulen lösen, desto sicherer kann sich das Kind fühlen. Wenn sich das Kind sicherer fühlt, so kann es auch viel besser auf dem Platz performen. Das Kind nimmt das Feeling seines Umfeldes, das immer durch die drei Säulen gebildet wird, mit in den Wettkampf.  

Positiver und negativer Einfluss


Im Kern hat das Verhalten der Eltern zwei Auswirkungen.

Das Verhalten kann einen positiven oder einen negativen Effekt auf das Kind haben. Klar, als Elternteil willst du immer einen positiven Einfluss haben. Die Frage ist aber auch hier, wie das funktionieren kann. Wir haben ein paar Zeilen weiter oben bereits festgestellt, dass es das Verhalten ist, das zählt. Nicht unbedingt die gesprochenen Worte. Unterschiedliche Studien haben gezeigt, welche Verhaltensweisen von Eltern einen positiven Einfluss auf das Mindset von Kindern haben.

Klingt interessant? Dann lies unbedingt weiter. 

Zu den positiven Einflüssen gehören:

- Emotionale Sicherheit bieten. Nicht meckern nach einer Niederlage, sondern aufbauen und aufmuntern. Wege aus der Krise zeigen und diesen Weg gemeinsam gehen

- Verständnis zeigen. Es hilft immer, sich in die Situation des Kindes zu versetzen. Eine schöne mentale Übung für Eltern ist, ein gesamtes Match im Kopf des Kindes zu verbringen. Was geht während einer Partie im Kopf des Kindes vor? Welche Ängste hat das Kind? Was wünscht es sich nach dem Spiel? All das hilft, sein Kind besser unterstützen zu können

- Lob. Ja, du darfst dein Kind loben. Und ja, du darfst es sogar nach Niederlagen loben. Entscheidend ist nicht das Ergebnis, mit dem dein Kind vom Platz geht. Entscheidend ist das Gefühl, das dein Kind aus dem Match mit nach Hause nimmt

All diese Verhaltensweisen fördern die Freude am Sport, das Selbstvertrauen des Kindes, die Resilienz und die nicht ganz unwichtige intrinsische Motivation, die für langfristigen Erfolg unabdingbar ist.

Du ahnst es. Auf der anderen Seite gibt es auch Verhaltensweisen, die das Selbstvertrauen und die Motivation eines Kindes zerstören können.

Dazu gehören:

- Druck aufbauen. Leistungen erwarten, nur Siege in den Vordergrund stellen

- Kritik. Überhäufe dein Kind mit Kritik und du zerstörst langsam, aber zielgerichtet, die intrinsische Motivation

- Taktische Instruktionen. Dein Kind bekommt im Training genug Tennis-Input. Du bist kein weiterer Trainer. Kommst du mit weiteren taktischen Vorschlägen um den Netzpfosten geschlichen, baut das enormen Druck auf. Dein Kind ist dann verwirrt und weiß nicht mehr, was es spielen soll

All diese Verhaltensweisen steigern die Angstzustände des Kindes, mindern die Spielfreude und den Spaß und sorgen langfristig für ein geringes Selbstvertrauen und das Beenden des Tennissports.

Was verraten Umfragen unter Junioren und Trainern?


In den USA wurde unter Juniorenspielern und Trainer eine Umfrage durchgeführt. Beide Parteien wurden befragt, welches Verhalten von Tenniseltern förderlich und welches Verhalten weniger förderlich ist.

Hier sind die Zahlen:

59 % der Eltern hatten durch emotionalen Support und eine gute logistische Struktur (das Organisieren von Fahrten, Planen von Turnieren, Organisation von Schule, Training und Turnier) den besten Einfluss auf die Leistungen und die Spielfreude der Kinder.

36 % der Eltern hatten durch unrealistische Erwartungen an die Leistungen ihrer Kinder und einen Hyperfokus auf Siege einen negativen Einfluss auf die Kids.

Diese Zahlen spiegeln sehr gut das wider, was Psychologen in Bezug auf Jugendliche und Sport sagen. Eine unterstützende, emotional anwesende Verhaltensweise, die Liebe zum Spiel signalisiert, ist der beste Einfluss, den ein Kind haben kann. Nicht nur für die Ergebnisse auf dem Court. Auch für die psychische Gesundheit, die immer an erster Stelle steht.

Das emotionale Umfeld entscheidet 

Die Eltern formen das emotionale Umfeld des Kindes. Tennis sollte sich für die Kids nicht wie eine Bürde, ein “Muss” oder ein Übel anfühlen. Viel mehr haben Eltern die Aufgabe, dem Kind klar zu zeigen, dass beim Tennis der Spaß an erster Stelle steht. Erinnere dich immer wieder daran, dass Kinder ihre Eltern nicht enttäuschen wollen. Wird von außen, emotional, zu viel Wert auf Siege gelegt, erzeugt das einen enormen Leistungsdruck beim Kind. Das kann Angstzustände triggern, die Leistungen schwächen und im Extremfall dazu führen, dass die Kids keine Turniere mehr spielen wollen.

Checkliste für Tenniseltern

Wir haben über ein, zwei Dinge in diesem Artikel gesprochen. Zum Schluss können wir die wichtigsten Fakten in einer smarten Checkliste zusammenfassen. 

Hier ist ein möglicher Wegweiser für Tenniseltern:

- Unterstützung und Hilfe bieten

- Lobe und ermutige, wo es möglich und vor allem nötig ist. Gib emotionale Unterstützung

- Bleibe während der Matches ruhig, ermutigend und emphatisch.

- Lobe den Einsatz und die Einstellung deines Kindes - nicht die Ergebnisse

- Hilf deinem Kind prozessorientierte zu verfolgen. Zum Beispiel: eine perfekte Beinarbeit in zwei Jahren anstatt ein Sieg im nächsten Turniermatch

- Diskutiert Rückschläge und Niederlagen und beendet das Gespräch mit einer wichtigen Lektion, die man aus dieser Niederlagen mitnehmen kann

- Kombiniere diese Tennislektionen mit Lektionen für das Leben. Wie zum Beispiel: Resilienz, Disziplin, Eigenverantwortung

- Fokussiere dich auf Spaß und das Meistern dieser extrem komplizierten Sportart. Spaß ist immer das Fundament von langfristigem Erfolg. Schau dir Carlos Alcaraz an

Ich hoffe, diese Informationen können dir als Elternteil weiterhelfen.

von tennisnet.com

Montag
14.07.2025, 17:30 Uhr
zuletzt bearbeitet: 14.07.2025, 14:25 Uhr