Hype um Wunderkinder vorüber

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 26.10.2010, 09:59 Uhr

Wer gewinnt? Tippt jetzt!



Kim Clijsters (27) gehört zu den beliebtesten Spielerinnen im Frauentennis. Die Belgierin gewann 2005, 2009 und 2010 die US Open und rückte in ihrer Karriere schon einmal auf Platz eins vor. Clijsters ist mit dem Basketballer Brian Lynch verheiratet. Das Paar hat eine Tochter, die zweijährige Jada Ellie. In dieser Saison nimmt sie erstmals nach 2006 wieder an der WM teil, im katarischen Doha.



Kim Clijsters: Nein, überhaupt nicht. Gerade bei den absoluten Topturnieren ist die Erfahrung, die Reife einer Spielerin ein entscheidender Faktor. Und zwar mehr als in jeder anderen Zeit im Tennis. Denn wir steuern gerade in eine Periode in diesem Sport, in der man Abschied nimmt von diesem Wunsch nach jugendlichen Heldinnen, von der Manie um sogenannte Wunderkinder.



Weil die Ausgeglichenheit so groß ist wie nie zuvor. Alle können eine tolle Vor- und Rückhand spielen, aber nur wenige verfügen über die Erfahrung, wie man sich in kritischen Situationen bei großen Turnieren verhalten muss. Welche Emotionen da zu kontrollieren sind, wie man die richtige Taktik anwendet, wie man diese Atmosphäre verarbeitet. Das ist sozusagen das Alleinstellungsmerkmal der Älteren. Mich hat es nicht überrascht, dass eine reife Spielerin wie Schiavone die French Open gewonnen hat.

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…und wohin hat es geführt? Wir kennen doch alle die Geschichten von frühzeitig begonnenen und frühzeitig beendeten Karrieren. Da werden Spielerinnen einmal an die Spitze hochgetrieben- und dann ist schnell die Luft raus. Viele hat man nie wieder auf der Tour gesehen. Viele haben nie wieder den Anschluss geschafft. Ich bin froh, dass dieser Hype vorüber ist.

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Sie ist ohne Zweifel die konstanteste Spielerin der Saison, hat sechs Turniere gewonnen. Deshalb ist ihre Position in der Rangliste kein Geschenk, kein Zufall. Ob sie nun eine würdige Nummer 1 ist, darüber sollen andere streiten. Sie wird auch noch Grand Slams gewinnen. Und wenn sie das mit 25 schafft, ist es immer noch früh genug.



Zuerst mal: Ich hätte nie gedacht, noch einmal bei einer WM zu spielen. Aber nun ist eine große Genugtuung, zumal wenn man diesen Stress sieht, den man als tennisspielende Mutter zwangsläufig hat. Dabei war ich gar nicht so viel unterwegs. Mit 42 meist sehr guten Spielen habe ich mir meinen Platz geholt, da kann man sich wirklich nicht beschweren. Dass ich hier antrete, hat allein fast schon die Qualität eines Grand-Slam-Titels.



Das ist schon ein ganz schön komisches Gefühl. Ich weiß gar nicht, was ich mit der ganzen freien Zeit anfangen soll (lacht). Ich vermisse die beiden natürlich sehr, aber es hätte keinen Sinn gehabt, Jada aus dem Kindergarten rauszunehmen für die paar Tage. Sie hat sich gerade an ihre neuen Freundinnen und Freunde gewöhnt, da muss ich meine mütterlichen Gefühle mal zurückstellen. Beim Abschied sind natürlich Tränen geflossen.



Man muss seine Engagements reduzieren, den Kalender optimal ausnutzen. Mein Mann ist meine größte Hilfe, weil er mich ja fast immer auf die Turniere begleitet. Außerdem haben wir das Privileg, dass eine Nanny im Einsatz ist, die sich um Jada kümmert. Wie gesagt: Das Herumreisen versuche ich auf das Nötigste zu beschränken, denn es kostet eine Menge Energie. Andererseits: Jada genießt die Trips, und die anderen Spielerinnen haben ihren Spaß daran, mit ihr ein bisschen herumzutollen und Faxen zu machen.



Ich wollte eigentlich nur ein paar Schaukämpfe, dann kam aber der Hunger aufs Tennis zurück. Ich trainierte härter und sah: Ich bin noch wettbewerbsfähig. In Wimbledon, bei einem Einladungsmatch, machte mir auch Steffi Graf Mut zum Comeback. Als mein Mann merkte, wie wichtig Tennis wieder für mich wurde, sagte er: Okay, ich bin auch lange genug herumgereist, also beende ich meine Laufbahn und begleite dich zu den Turnieren.



Es gibt keine feste Orientierung. Wenn ich merke, dass ich alles erreicht habe oder wenn ich denke, dass es zu schwer wird für die Familie, dann kann ich sofort sagen: Fertig, aus. Niemand zwingt mich zum Weiterspielen. Ich bin ein völlig freier Mensch.



Das hoffe ich. Denn Olympische Spiele in Wimbledon – mehr geht eigentlich nicht. Dieses Highlight würde ich noch sehr gerne mitnehmen.

Foto: GEPA pictures

von tennisnet.com

Dienstag
26.10.2010, 09:59 Uhr