Mario Haider-Maurer im Interview

Der Bruder von Österreichs aktueller Nummer zwei Andreas über seinen Schützling David Pichler und seine neue Akademie.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 03.12.2011, 09:20 Uhr

Die tennisnet.com-Jugendserie, Teil 5:Ab sofort stellt tennisnet.com in einer Serie die hoffnungsvollsten österreichischen Nachwuchstalente vor und spricht mit Betreuern und Experten über die rot-weiß-roten Stars von morgen und die Arbeit im Jugendbereich.

Mario Haider-Maurer, Nummer acht der ÖTV-Rangliste, ist seit 2009 ein fixer Bestandteil der Jugendarbeit im Burgenland. Mit dem Start der Hallensaison hat der Niederösterreicher mit Christian Kohl beim TC Blau-Weiß Oslip eine eigene Akademie eröffnet. Prominentester Schützling ist Österreichs U16-Ranglisten-ErsterDavid Pichler, der 2012 den Erstangriff auf die Junioren-Grand-Slams startet. „MHM“ im Interview über den so vielversprechenden Youngster, die neue Tennisschule, seine eigenen Ambitionen – und die seines Nachwuchses.

Mario, du bist im Waldviertel, ganz im Nordwesten Niederösterreichs, aufgewachsen. Wie ist es dazu gekommen, dass du dich fürs Jugendtennis im Burgenland engagierst?

Ich hab mich mit dem „Kohli“ immer gut verstanden und bin auch vom Tennis her mit ihm auf einer Linie. Er war damals BTV-Verbandstrainer und hat mich dazu geholt. Ich war ja mit dem Studium Gesundheits- und Sozialmanagement in Wien fertig, dort hat mich aber nichts gehalten, da zu wohnen, war nicht mein erklärtes Ziel. Ich hab dann beim Verbandstraining mitgeholfen, Kaderlehrgänge gemacht und war extern für die HAK in Oberpullendorf tätig, wo aber nur vier Spieler waren, darunter Karoline Kurz und David Pichler.

Letzterer wird jetzt von Kohl und dir trainiert – in eurer eigenen Akademie, hört man.

Ja. Ich hab im Juni bei der HAK in Oberpullendorf aufgehört und wir wollten nachher nicht mehr beim Verband arbeiten, aber weiter miteinander. Und zwar so, wie wir glauben.

Wie mühsam war das, eine eigene Tennisschule aufzumachen?

Nicht sehr. Wir haben davor beim Verband und privat mit vielen burgenländischen Spielern zusammengearbeitet, viele wollten bei uns weitertrainieren. Derzeit haben wir 15 Spieler, die meisten von ihnen leistungssportorientiert. Stefan Pichler, der Vater von David, kümmert sich um die mehr breitensportorientierten Spieler, Herbert Schandl haben wir als Konditrainer.

Das Ende von Kohls Zusammenarbeit mit BTV-Präsident Günter Kurz war nicht friktionsfrei. Wie ist dadurch eure Basis mit dem Verband? Genießt ihr gar Unterstützung bei diesem Projekt?

Das, was wir jetzt machen, ist eine rein private Sache, getrennt vom BTV. Wir wollten mit dem Verband nichts mehr zu tun haben, wollen die Differenzen, die es mit Kurz da gegeben hat, aber nicht auf dem Rücken der Spieler austragen. Die Spieler können sich aussuchen, wo sie trainieren wollen. Der Vorteil ist, wir können uns auch aussuchen, wer bei uns trainiert.

Wie lange kennst du Kohl schon und was macht eure Zusammenarbeit aus?

Da war ich noch ein kleinerer Bursch. Intensiver kennen wir uns seit etwa sieben Jahren, als er begonnen hat, meinen BruderAndikonditionell zu betreuen. Ich schätze ihn sehr, er leistet super Arbeit, ist ein super Typ und wir verstehen uns einfach total gut, das funktioniert. Es ist gar nicht leicht, jemanden zu haben, bei dem das so ist, bei dem man auch am Tennisplatz die gleiche Linie hat und immer auf einen Nenner kommt. Daher können wir auch dasselbe vor den Spielern vertreten. Da wir die meisten gemeinsam trainieren, ist das sehr wichtig.

Wieso ist die Wahl auf Oslip als Standpunkt gefallen?

Es ist fünf Minuten von mir von Trausdorf bei Eisenstadt entfernt, da hat sich das angeboten, zumal David aus Oslip kommt. Man ist uns dort super entgegen gekommen, wir haben gleich viel Kapazität in der Halle bekommen, daher ist das unser Stützpunkt.

Einer, der dem Burgenland gefehlt hat?

Na ja, wirklich viel gibt’s da nicht. Breitensportmäßig gibt’s überall was, leistungssportmäßig sonst ja fast nichts, eigentlich nur Martin Hofman mit seiner Tochter Niki Hofmanova.

Der Name HMK-Tennisakademie soll erst seit knapp zwei Wochen bestehen.

Ja, wir haben viel überlegt und mit den Spielern diskutiert und uns jetzt so entschlossen. Es wird hoffentlich vor Weihnachten auch noch die Webseite hmk-tennis.com online gehen.

Wen wollt ihr ansprechen? Ausschließlich burgenländische Talente?

Nicht unbedingt. Wir haben jetzt schon Spieler aus anderen Bundesländern. Wir wollen vor allem leistungssportorientierte Spieler ansprechen, die Profi werden wollen, Turniere spielen oder einsteigen. Aber es kann prinzipiell jeder zu uns kommen, abhängig von der Kapazität.

Wer zählt denn bisher zu euren Schützlingen?

In der Jugend ist David hervorzuheben. Er ist von Montag bis Samstag da, macht das volle Kondiprogramm, auf ihn haben wir einen super Einfluss, können richtig was weiterbringen. Viele andere können wegen der Distanz oder der Zeit nicht so viel trainieren, die meisten zwei bis drei Mal pro Woche. Tobias Pürrer(Nummer eins U12, Anm.)ist etwa teilweise bei uns, seine achtjährige Schwester Anna, die zwei Nyikos-Schwestern Helena und Eva, oder Laura Fröch, die teils auch bei Hofman spielt. Wir haben aber auch Spieler der Allgemeinen Klasse wie Jan Poskocil. Das sind aber noch nicht alle, insgesamt sind es derzeit 15 Spieler.

Was sind die Ziele eurer Akademie? Wie sieht eure Trainerphilosophie aus?

Uns ist wichtig, optimales Tennistraining und Kondiangebot zu bieten. Das kann man nicht trennen, das gehört zusammen. Wir wollen nicht nur, dass sich die Leute steigern, sondern auch eine Verletzungsprophylaxe. Zu viele müssen aufhören oder ihre Karriere unterbrechen. Tennis ist eine sehr einseitige Belastung, da muss man per Kondiprogramm entgegenwirken. Dieses gibt’s zwei Mal pro Woche vor Ort mit Unterstützung, aber auch Training für daheim, alles wird online dokumentiert. Das zu verbinden, ist ebenso unumgänglich wie die Planung und ein individuell gestalteter Aufbau. Besonders wichtig ist uns, dass die Einstellung passt, das ist uns wichtiger als das Niveau. Besser ist ein Schwächerer, der sich verbessern will.

Definitiv ein Stärkerer ist David. Soll er euer großes Zugpferd werden?

David ist echt ein sehr starker Spieler, sicher einer der besten nachkommenden Jugendlichen oder der Beste. Er hat sich super entwickelt, hat die richtige Einstellung und arbeitet intensiv. Ich traue ihm so einiges zu. Er wird im Februar erst 16, aber wenn ich mit ihm trainiere, dann muss ich schon gescheit spielen, dass ich gewinne.

Wozu ist der Junge imstande?

Bei einem Jungen kann man nicht sagen „der wird in die Top Ten kommen“. Ein Ziel muss immer realistisch sein. Ich würde nie sagen, er muss fix in die Top 100 kommen, aber für ihn sollte es auf jeden Fall das Ziel sein.

Inwiefern kann ihm dein Bruder Andi dabei vielleicht behilflich sein?

Sie haben schon einmal miteinander trainiert, aber das kann man nicht so gut planen, da Andi zumeist unterwegs ist. Er ist sicher ein Vorbild für David, aber sein Stützpunkt ist Tirol. Bis jetzt braucht David ohnehin keine Extra-Motivation.

Färbt dein allseits bekannter Ehrgeiz zusätzlich auf David ab?

Er ist ein ganz anderer Typ, ein ruhiger und braver, aber sehr ehrgeiziger, eine gute Mischung. Motivieren kann er sich nur selber, das schafft er auch. Er hat hartes Training vor und hinter sich, ist aber voll dabei, da brauche ich nicht allzu viel beisteuern. Natürlich hat er in seinem Alter im Training noch nicht immer dasselbe Niveau, aber da kann er sich viel abschauen.

Wie würdest du seinen Level mit jenem von Andi im selben Alter vergleichen?

Andi war U12 auch nicht der Beste, U14 besser, U16 Bester. Er war nicht früher schon der dominierende Spieler, er ist erst mit 18, 19 richtig gut geworden. David ist auch auf dem Weg dazu. Aber speziell im Herren-Tennis ist die Dichte so groß. Ich glaube, dass David nicht weit weg von Andis Niveau damals ist, es vielleicht auch hat. Aber das sagt nichts für die spätere Entwicklung. Andi hat auch gemeint, dass David super Tennis spielt. Das ist nicht subjektiv, das ist auch objektiv durch Ergebnisse nachweisbar. Er hat auch vor einem Jahr gegen einige verloren, die er jetzt teils locker im Griff hat. Die Richtung stimmt also und das Niveau ist da.

Ist es realistisch, dass er 2012 schon sein Junioren-Grand-Slam-Debüt gibt?

Schwer zu sagen. Vom Niveau hat er’s, glaube ich, drin. Es bräuchte halt Anfang 2012 einige gute Ergebnisse. Er hat ein enges Programm jetzt mit vermehrten Herren- und ITF-Turnieren. Klar gilt es, die Junioren-Grand-Slams als nächstes zu erreichen, mal sehen, ob es sich 2012 ausgeht. Spätestens 2013 muss es natürlich das erklärte Ziel sein.

Wie sehr kommen dir bei der Arbeit mit David deine Erfahrungen mit Andi zu Gute?

Ich hab die meiste Zeit am Platz mit Andi verbracht, viel mit ihm erlebt, ihn auch zu einigen Turnieren begleitet und seine super Entwicklung hautnah mitgekriegt, natürlich hilft mir das.

Wusstest du schon immer, dass du mal Trainer werden willst?

Ich hab Tennis immer gern gehabt, es ist mein liebstes Hobby. Dass ich Trainer bin, hat sich jetzt so ergeben, ich bin da hineingewachsen. Es macht mir Spaß, das war nicht immer schon so. Mir stehen durch mein Studium andere Türen offen, aber momentan gefällt es mir so und derzeit hab ich vor, in dem Bereich zu bleiben. Ich bin auch selber ehrgeizig, arbeite weiter am eigenen Tennis, aber vor allem möchte ich anderen helfen. Wenn jemand Top 100 werden will, möchte ich den unterstützen, da bin ich gern dabei. Ich will nur nicht wen trainieren, den es selber nicht interessiert. Es macht nur Spaß, wenn man Ziele ernsthaft miteinander verfolgt.

Wie lässt sich deine Arbeit künftig mit deinen eigenen Tennis-Ambitionen und der Familie unter einen Hut bringen?

Gottseidank ist die Halle fünf Minuten von daheim weg. Wenn da ein Loch von einer Stunde ist, fahre ich heim, so verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie, das ist mir sehr wichtig. Mit dem eigenen Tennis ist das alles schon sehr stressig, aber es ist mir ebenfalls wichtig. Ich bin da immer noch sehr ehrgeizig und versuche, selbst viel Kondition und Tennis nebenbei zu trainieren. Die Schläge übe ich ja auch laufend beim Training mit den Jugendlichen.

Also wird man dich auch 2012 auf der ÖTV-Tour sehen, oder?

Ja, ich werde einige Turniere spielen, aber zeitlich natürlich begrenzt. Dass ich so wie früher oft alle Turniere spiele, wird nicht gehen. Ich werde versuchen, die Form beizubehalten und mich zu entwickeln. Auch mit 27 kann man sich nämlich noch weiterentwickeln.

Das hast du heuer bewiesen. Du hattest deine, wie du selbst sagst,„wohl beste Saison“. Neun ÖTV-Turniersiege,Stefan Koubek bei den Staatsmeisterschaften geschlagen, bei zwei Future-Starts jeweils aus der Qualifikation das Viertelfinale erreicht – trauerst du nicht dem nach, dass du es selbst nie wirklich international probiert hast?

Überhaupt nicht. Das Problem war, dass ich mit 19, 20 für international seriöses Niveau zu schwach gewesen bin, so objektiv war ich. Das Ziel müssen die Top 100 sein, aber damals war ich nicht gut genug. Wenn ich mit 19 so gespielt hätte, wie jetzt, hätte ich es probiert, keine Frage. Aber es macht mir bis heute Spaß, ich trauere nichts nach. Es ist okay so. Die Top 100 sollen der Andi wieder und der David schaffen, dann bin ich zufrieden.(lacht)

Vater bist du seit 25. Oktober 2010 auch.Was macht der eigene Nachwuchs?

Auch „Kohli“ ist Ende Februar heuer Vater geworden, das verbindet ebenfalls. Meine Frau Kristin versteht sich auch sehr gut mit seiner Frau Uschi, die beiden sind öfter bei uns, das harmoniert gut. Die Kleinen verstehen sich auch sehr gut, zumindest haben sie einander noch nicht wehgetan.(lacht)Lea unternimmt derzeit die ersten Gehversuche.

Die Beinarbeit passt?

Die ist super!(lacht)Ein paar Meter schafft sie schon, aber sie hat gemerkt, dass sie mit dem Krabbeln noch schneller ist. Die Griffhaltung haben wir schon ein bisserl mit ihr geübt. Aber ihre Lieblingsbeschäftigung ist es, einen Sack mit Tennisbällen die Stufen runterzuschmeißen, sie wirft gerne mit Bällen herum. Schauen wir mal, ob ihr Tennis auch taugen wird. Wenn ja, machen wir ihr aber sicher keinen Druck.

Sollte es ihr gefallen: Wird Lea auch mal durch die HMK-Tennisakademie gehen?

Das kann man noch nicht sagen. Wir wollen ihr das Tennis auf jeden Fall positiv vermitteln. Ob sie sich dann auch was von mir sagen lassen würde, weiß man noch nicht, das ist zu weit weg. Vielleicht wird sie Balletttänzerin, auch okay.(Foto: GEPA pictures/ Oskar Höher)

Das Gespräch führte Manuel Wachta.

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Samstag
03.12.2011, 09:20 Uhr