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David Steiert crasht geplante Nr. 1 Party von Rene Gräflinger

Am Dienstag Abend ist die hochkarätig besetzte und hochklassig ausgefallene vierzehnte Auflage des S...

von Claus Lippert
zuletzt bearbeitet: 12.10.2023, 01:18 Uhr

Am Dienstag Abend ist die hochkarätig besetzte und hochklassig ausgefallene vierzehnte Auflage des September Masters Series 1000 Turniers im Union Tennis Center La Ville glanzvoll zu Ende gegangen. Und zwar mit einem elektrisierenden Showdown, mit einem Endspiel das 2:04 Stunden dauerte, und am Ende zwei Gewinner hervorbrachte. Der große Sieger des Abends war natürlich David Steiert. Der 30jährige Münchner bezwang im Finale des 139. Saisonturniers den 2fachen HTT US Open Champion Rene Gräflinger mit 4:6, 6:1, 7:6, und sorgte so für den ersten deutschen HTT Masters Series 1000 Turniersieg seit Oktober 2012. Mit dem deutschen Shooting-Star jubelte aber wohl auch der daheim auf der Couch sitzende rumänische HTT Superstar Damian Roman, der durch Steierts Titelgewinn und Schützenhilfe weiter an der Spitze der HTT Computer-Rangliste steht, und sich bereits in seiner insgesamt 277sten Woche als Nummer 1 befindet. Ein Bericht von C.L

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Rene Gräflinger verpasst historischen Finalabend im UTC La Ville

Eigentlich war Alles angerichtet für einen Finalabend historischen Ausmaßes. Der 10. Oktober 2023 hätte jener Tag werden sollen, an dem die Hobby Tennis Tour mit dem heuer so konstant und erfolgreich spielenden Rene Gräflinger nach exakt 1.499 Tagen dominanter Regentschaft von Damian Roman am HTT Ranglisten-Thron, eine neue Nummer 1 hätte feiern wollen. Die Rahmenbedingungen waren zufälliger Weise perfekt abgesteckt, immerhin stand mit dem finalen Showdown zwischen Gräflinger und Steiert, der über 62. Duelle gewachsene und immer wieder reizvolle deutsch-österreichische HTT-Endspiel-Vergleich an. Zudem war das September-Masters-Series-1000-Event das 600. Hallenturnier der HTT-Open-Ära, und zudem hätte Gräflinger zur fünfundzwanzigsten HTT Nr. 1 der Geschichte aufsteigen können. Doch “hätte, hätte, Fahrradkette”! Statt einer rauschigen Siegesfeier saß der für den HTT-Thron vorgesehene Gräflinger knapp vor halbelf Uhr Abends mit hängendem Kopf, und leerem Blick tief enttäuscht auf seiner Spielerbank. In Gedanken wohl nochmals die vergangenen 124 Spielminuten Revue passieren lassend, in denen der 38jährige Kärntner genug Möglichkeiten hatte, den großen Traum vom Sprung auf Platz 1 des HTT Computer-Rankings wahr werden zu lassen.

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Gräflingers Mission “Nummer 1” im Zeitraffer: So knapp dran und doch so weit entfernt

Dienstag Abend 20:15 Uhr – Rene Gräflinger fehlt nur mehr ein Sieg zum Sprung auf Platz 1. Vierzig Minuten später um 20:55 Uhr benötigt der 38jährige Kärntner nur mehr einen Satz zur Verwirklichung seines Karriere-Traums. 22:00 Uhr, Gräflinger führt im dritten Durchgang 5:4 bei eigenem Aufschlag, jetzt ist es nur mehr 1 Game! 22:16 Uhr – den 2fachen HTT US Open Champion aus Ferlach trennt nur mehr ein gewonnener Tie-Break vom Sprung auf den Ranglisten-Thron. In diesem Tie-Break führte der Ranglisten-Zweite 2:1, in diesem Tie-Break wehrte er bei 3:6 noch zwei Matchbälle seines großartig spielenden und vorallem exzellent servierenden Gegners ab, ehe David Steiert mit einem letzten Service-Winner seinen österreichischen Final-Kontrahenten aus allen Nummer 1-Träumen gerissen hatte. Heute am Tag danach und der Veröffentlichung der neuesten Ausgabe der HTT Computer-Rangliste fehlen Gräflinger auf HTT Branchen-Primus Damian Roman exakt 150 Punkte zur Glückseeligkeit. Resigniert hat der amtierende HTT Finals Gewinner aber keineswegs. “Jetzt lasse ich nicht mehr locker”, verabschiedete sich Gräflinger am Dienstag knapp vor 23 Uhr in die Nacht.

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Gräflinger mit Traumstart und mit der großen Chance im dritten Satz, bei 5:4 und eigenem Aufschlag den Sack zuzumachen

Zwei Stunden zuvor schien Rene Gräflinger in seinem siebenten Saisonfinale auf gutem Weg, das seit Wochen den Circuit beherrschende Thema “Kampf um die Nr. 1” zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Der 38jährige hatte sich gegen einen extrem nervös und fehlerhaft beginnenden Gegner nach einer raschen 3:0 Führung und einer sich in der Folge entwickelten Break-Orgie den ersten Satz nach 37 Minuten mit 6:4 geschnappt, ehe das Unternehmen “Nummer 1” ins Stottern geriet. Es folgten dreizehn Minuten des blanken sportlichen Horros. Gräflinger hatte sich ein unrühmliches 0:4 eingehandelt, bis 0:3 traurige drei Pünktchen auf der Habenseite und vorallem keine Idee mehr, dem aktiv und druckvoll spielenden Deutschen beizukommen. Gerade einmal 6 Winner bei 17 unforced errors holte der Kärntner im zweiten Satz. Es erinnerte nichts mehr an Gräflingers Performance zu jenem spielerischen Feuerwerk, das er noch 24 Stunden zuvor im Semifinale gegen Dominik Jaros abgebrannt hatte. Der dritte Satz lebte dann vorallem von einer faszinierend wirkenden Spannung, die der Spielverlauf mit sich brachte. Gräflinger egalisierte frühe 0:2 und 1:3 Rückstände, und sah dann Minuten später nach gelungenem Break zum 5:4 fast wie der Sieger aus. Ein läppisches Aufschlagspiel fehlte noch, doch in dieser Phase merkte der 38jährige Kärntner, wie schwierig es tatsächlich ist, in Österreichs größter Breitensport-Tennisrangliste auf die “Eins” zu springen. Gräflinger spielte im bislang vielleicht wichtigsten Aufschlagspiel seiner Karriere zu passiv, zu zögerlich und vorallem auch zu fehlerhaft. Ganz anders David Steiert, der mutig und entschlossen auf die Bälle und in die Bälle ging, und das aus seiner Sicht so wichtige Re-Break schaffte.

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“Er war heute der bessere Spieler” – David Steiert holt ersten HTT Masters Series 1000 Titel für Deutschland seit 11 Jahren

Der Rest des dritten Satzes ist bekannt. Steiert, für den in diesem alles entscheidenden Tie-Break weitaus weniger auf dem Spiel stand, ging mutig agierend ins Risiko, während sein Gegner den ein oder anderen Fehler zu viel einbaute. “David war heute der bessere Spieler. Er hat vorallem sehr stark retourniert, während ich mich viel zu sehr in die Defensive drängen ließ. Mir hat heute ein bißchen die Kontrolle in meinen Schlägen gefehlt. Das ist schade, weil im dritten Satz trotzdem alles möglich gewesen wäre. Aber so ist eben Tennis”, analysierte der unterlegene 2fache HTT US Open-Sieger. Der Mann des ersten Oktober-Wochenendes war aber ganz klar David Steiert. Der 30jährige, geboren in München und seit 10 Jahren in Wien lebend, hat nach vielen Jugendjahren im Leistungstennis durch Verletzungen und andere Interessen mit Tennis gebrochen. Vor eineinhalb Jahren entdeckte er seine alte Leidenschaft wieder, und nach seinem Start bei den Wiener Landesmeisterschaften im UTC La Ville, lernte der Deutsche die HTT kennen, auf der er gleich bei seinem Debüt für Furore und Schlagzeilen sorgte. Steiert ist erst der dritte deutsche Spieler nach Robin Douglas im März 2009 und Jan-Philip Hupasch im Oktober 2012, der für Schwarz-Rot-Gold zu Titelehren auf HTT Masters Series 1000 Ebene kam. Zudem erhöhte der gebürtige Münchner im deutsch-österreichischen Final-Länderkampf nach 62 Duellen auf 34:28 Siege.

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Mit blutigen Zehennägeln und krampfenden Waden durchgekämpft

“Das war ein feiner Ritt. Ich bin sehr zufrieden und mega happy mit meiner Leistung bei diesem Turnier. Körperlich war ich seit dem Match gegen Damian Roman im Achtelfinale am Ende. Die Krämpfe in den Waden haben sich zu einem Muskelkater ähnlichen Schmerz entwickelt. An beiden Füßen habe ich blutige Zehennägel, aber ich habe mich durchgebissen. Ins Finale heute bin ich denkbar schwach gestartet. Aber ich habe mich dann ins Match gekämpft, meinen Fokus gefunden und befreiter geschwungen. Ich konnte in der Folge auch mein Service stabilisieren, und im zweiten Satz habe ich wirklich ein sehr gutes Level abgeliefert. Eigentlich wollte ich im dritten Satz meine Performance halten, aber Gräflinger hat sich dann auch wieder gesteigert, und so hat das Finale mit dem Tie-Break einen würdigen Abschluss bekommen. Ich denke, heute hat mein Service den Ausschlag zu meinen Gunsten gegeben. Es war ein geiles Turnier, top organisiert, und ich werde mit Sicherheit wieder kommen”, beteuerte Steiert in seinem Abschluss-Statement.

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von Claus Lippert

Donnerstag
12.10.2023, 00:48 Uhr
zuletzt bearbeitet: 12.10.2023, 01:18 Uhr