Wolfgang Thiem exklusiv – „Dominic muss die richtigen Schlüssel noch finden“
Wolfgang Thiem, Vater von Dominic Thiem, nach dem verlorenen Davis Cup gegen die Niederlande im tennisnet.com-Interview.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
20.07.2015, 16:01 Uhr

Durch die2:3-Niederlage gegen die Niederlandemuss Österreichs Davis-Cup-Auswahl also auch 2016 in der Europa/Afrika-Zone I, der zweiten Leistungsstufe, spielen. Dominic Thiem verlor sowohlam Freitag das erste SpielgegenThiemo de Bakker, als auch am Sonntag sein zweites gegenRobin Haase, den zweimaligen Gewinner des ATP-Turniers hier in Kitzbühel. tennisnet.com begab sich auf Ursachenforschung, woran es gelegen hat und warum es beim heimischen Jungstar noch so viele Ups and Downs gibt. Vater Wolfgang Thiem gab dazu im exklusiven Gespräch seine Sicht der Dinge preis.
Dominics zwei Partien hier in Kitzbühel sind definitiv nicht nach Wunsch gelaufen. Wie sehen deine Erkenntnisse der Davis-Cup-Woche aus?
Dass er am Sonntag definitiv besser als am Freitag gespielt hat, das ist eigentlich eine der Erkenntnisse. Er hat am Sonntag aus meiner Sicht um einiges aktiver gespielt. Er hat auch das, was er spielen soll, gegen Haase zu verbessern probiert, und das ist für mich eigentlich das Positive. Dass es heute nicht gereicht hat, hat sicher auch damit zu tun, dass Haase die ganze Zeit drangeblieben ist und ihm wenig Raum gegeben hat.
Kann sich Dominic etwas vorwerfen? Was muss er besser machen?
Er muss erst lernen, dass er, wenn er in so ein Spiel geht – die erste Partie im Davis Cup oder bei einem Heimturnier, was immer eine gewisse Drucksituation ist –, genau so startet wie bei jedem anderen Match. Zum Beispiel so wie gegen Haase. Da waren der Start und die Art und Weise, wie er sich präsentiert hat, in Ordnung. Da kann er sich nichts vorwerfen.
In seinem jungen Alter hat er zweifellos noch sehr viele Höhen und Tiefen. Worin siehst du die Gründe für seine sicher vorhandene Unkonstanz, wenn auch auf hohem Niveau? Hat es was damit zu tun, dass er aufgrund seiner langwierigen Darmprobleme, häufiger Krankheiten – etwa mitten in der Vorbereitungszeit – zu selten wirklich kontinuierlich trainieren konnte?
Nein, das hat mit dem, was jetzt ist, überhaupt nichts mehr zu tun. Die Darmprobleme hatte er vor zwei Jahren. Und er ist auch mittlerweile fit. Dass er Fünf-Satz-Matches bei Grand Slams oder im Davis Cup spielen kann, das hat er jetzt ja schon mehrmals bewiesen. Die Fitness ist inzwischen um einiges besser – natürlich noch nicht perfekt, da gibt es auch noch Baustellen ohne Ende. Aber im Endeffekt ist es so, dass er jetzt auf der Tour mitspielen kann, es schränkt ihn nicht mehr ein.
Worin liegt diese Unkonstanz auf hohem Niveau für dich dann begründet?
Weil er einfach sein Spiel noch finden muss. Er muss die richtigen Schlüssel für die Schlösser noch finden – denn die hat er teilweise noch nicht. Weil er einfach von den Möglichkeiten her sehr vielfältig spielen kann. Er ist jetzt nicht so wie etwa einKyrgios, der eben super serviert und von hinten auf den ersten Ball draufgeht. Sondern er hat einfach mehrere Möglichkeiten und Varianten. Und das dann zusammenzubasteln, ist halt schwierig.
Setzt er diese Möglichkeiten und Varianten nicht oftmals noch nicht richtig ein und ist in seinem Spiel häufig zu vorhersehbar?
Sicher. Sicher braucht er noch eine Zeit, bis er die Schlagauswahl richtig zu treffen weiß. Das macht er im Moment sicher noch zu sehr vorhersehbar.
Wo siehst du ihn am Ende des Jahres?
Jetzt ist er 21, steht auf Rang 28 in der Welt. Ich habe zu Beginn der Saison gesagt, wenn er die Saison um die 50 abschließt, bin ich zufrieden. Das müssen wir jetzt wieder ein bisschen revidieren.(lächelt)Alles, was unter 30 ist, ist ein irrsinniger Erfolg. Und wenn er zwischen 30 und 50 steht, ist es auch in Ordnung, denn es ist immer schwieriger, in der zweiten Saison das Jahr des Durchbruchs zu bestätigen.
Das Gespräch führte Manuel Wachta.