"Deutschland braucht wieder ein Tennisidol"
Roberto Blanco über fehlende deutsche Tennishelden und seine Liebe zum weißen Sport.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
10.06.2010, 14:06 Uhr

Schlagerstar Roberto Blanco (Foto: pmk) ist Stammgast bei Tennisturnieren weltweit und fühlt sich an jedem deutschen Centre Court zuhause. Der Freund vieler Tennisgrößen wurde am 7. Juni 1937 in Tunis geboren, als Sohn des kubanischen Folklorekünstlers Alfonso Zerquera und dessen Ehefrau Mercedes Blanco. Am Rande der 18. Gerry Weber Open 2010 feierte der Entertainer am Montag seinen 73. Geburtstag.
Herr Blanco, was haben Tennisspieler und Schlägersänger gemeinsam?
Roberto Blanco:Sie sollten keine Angst vor der großen Bühne haben, keine Angst vor dem großen Auftritt. Sie sollten den Anspruch haben, sich jeden Tag, jede Stunde verbessern zu wollen, praktisch bei jedem Ton in der Übungsstunde – oder bei jedem Schlag auf dem Trainingsplatz. Wer bequem ist, schafft es nicht weit. Dazu kommt, dass man eiserne Disziplin
haben muss. Nur so landest du in der Spitze.
Wie oft spielen Sie selbst noch Tennis – mit jetzt 73 Jahren?
Roberto Blanco:So oft es geht. Wenn ich reise, und ich reise ja viel, dann ist immer eine Tennistasche gepackt. Und Spielpartner gibt´s genug in Deutschland. In Karlsruhe rufe ich dann gerne mal den Jürgen Faßbender an, in Düsseldorf den Wilhelm Bungert. Ich fühle mich frisch, fit, gut in Form. Tennis hält mich jung. Und in Halle bittet mich dann auch mal Ralf Weber zum Match auf den Court.
Was ist ihr bester, und was ihr schlechtester Schlag?
Roberto Blanco:Ich unterscheide mich wohl nicht von den meisten Spielern. Die Vorhand ist gut, die Rückhand nicht so gut. Da spiele ich am liebsten den Steffi Graf-Slice. Wenn ich eine Rückhand à la Roger Federer spielen will, landet der Ball in Dänemark.
Welchen Spieler bewundern Sie am meisten?
Roberto Blanco:Ich schaue schon lange Tennisspiele. Und deshalb habe ich auch Spieler aus verschiedenen Generationen, die ich verehre: Manuel Santana, Lew Hoad, Roy Emerson, John Newcombe und Ken Rosewall aus meinen jungen Jahren. Später Björn Borg, Ilie Nastase, dann Boris, heute Roger Federer. Sein Spiel ist wie eine perfekte Melodie, ein Genuss, eine Zauberei auf höchstem Niveau. Ich habe auch schon mal ein paar Bälle gegen ihn geschlagen. Auch Nadal ist imponierend. Welch ein Fighter! Wenn du siehst, was diese beiden Burschen für Bälle spielen, dann denkst du nur: Mann, das gibt´s doch gar nicht.
In den Zeitungen werden Sie gern mal als Deutschlands letzter wirklicher oder auch oberster Tennisfan bezeichnet, eben weil Sie noch so präsent sind auf den Courts und damit auch im Fernsehen?
Roberto Blanco:Wissen Sie: Ich saß schon in der ersten Reihe, als in Deutschland noch gar nicht an Fernsehübertragungen vom Tennis zu denken war. Ich will Tennis genießen, und das kann ich am besten, wenn ich nahe dran bin, wenn ich den Atem der Spieler spüre. Ich bitte niemandem, mich ins Bild zu nehmen. Ich kenn´ ja den blöden Spruch: Der Blanco, der will sich nur zeigen. Ist wirklich nicht wahr.
Wie sehen Sie den Zustand des Tennis in Deutschland?
Roberto Blanco:Viele malen dauernd den Untergang herbei. Das ist Unsinn. Deutschland hat immer noch die meisten Clubs und Spieler auf der Welt, gemessen an der Bevölkerungszahl. Was wir natürlich brauchen, ist ein Idol. Einer oder eine mit Starpotenzial. Aber es gibt ja viele große Tennisnationen, die derzeit bei den Herren keine absoluten Topleute haben – Frankreich, Australien, die USA. Wir brauchen für die Jugendlichen ein zentrales Trainingscamp, wo sie sich gegenseitig anstacheln und nach oben schaukeln. Das ist ein Defizit.
Welches war Ihr schönster Moment bei einem Tennisturnier?
Roberto Blanco:Was gibt es Schöneres als einen Tag mit Sonnenschein, einem vollen Centre Court und einem tollen Match? Das ist wirklich ein Glücksmoment für mich. Das kann in Wimbledon, Paris oder New York sein. Egal.
