Die kleine Anleitung für einen großartigen Stoppball

Öfter mal den Stopp einstreuen? Warum nicht - wenn man's richtig macht.

von Marco Kühn
zuletzt bearbeitet: 05.10.2020, 15:54 Uhr

Hugo Gaston
© Getty Images
Hugo Gaston

Er erlebt in Roland Garros eine Revolution. Hugo Gaston hatte gegen Dominic Thiem im laufenden Ballwechsel kaum eine Chance. Doch der Franzose zeigte Köpfchen und Mut. Er schaffte es durch teilweise perfekt eingestreute Stopps, einen 2:0-Satzrückstand aufzuholen. Wie es das Schicksal so wollte, waren es genau diese Stopps, die ihm am Ende des fünften Satzes allesamt misslangen.

Wir werden in diesem Artikel prüfen, wann ein Stoppball Sinn macht, wie man diesen am besten spielt und wohin man sich nach einem Dropshot idealerweise orientieren sollte.

Wir starten mit dem Sinn.

Wie der Stoppball den Rhythmus des Gegners zerstört

Du kennst das gute Gefühl in den Grundschlägen, wenn du knapp zehn Minuten im Rhythmus lange Bälle mit deinem Kumpel spielst. Du fühlst den Ball auf der Bespannung, stehst fast immer richtig zum Ball und deine Fehlerquote ist überraschend niedrig. Man könnte auch sagen, dass du dann absolut im Flow bist. Dieser aufgebaute Rhythmus lässt sich allerdings problemlos innerhalb von zehn Minuten zerstören. Ein Stoppball zieht dich aus deiner Komfortzone an der Grundlinie heraus. Du wirst gezwungen einen Ball zu spielen, der rein gar nichts mit deiner eigentlichen Schlagbewegung gemeinsam hat. Hinzu kommt, dass die ständigen Sprints nach vorn auf Dauer Kondition und somit auch Konzentration rauben.

Diese Faktoren sorgen dafür, dass der zuvor gewonnene Schlagrhythmus nicht mehr auffindbar ist.

Dominic Thiem absolvierte gegen Hugo Gaston ein knapp zweistündiges Sprint-Training. Die meisten Vereinsspieler würden ein solches Training vermutlich nur knapp zwanzig Minuten aushalten und dann wutentbrannt den Schläger am Netzpfosten zertrümmern.

Wann sollte man einen Stopp spielen?

Du solltest niemals ohne Köpfchen einen Stopp einstreuen. Auch wenn es im Match zwischen Gaston und Thiem teilweise so schien, als würde der Franzose wahllos Dropshots spielen. Bei eigenem Aufschlag setzte Gaston nach dem Thiem-Return den Stopp ein. Dominic stand beim Return unglaublich weit hinter der Grundlinie. Da Gaston Linkshänder ist, hatte vor allem sein Aufschlag mit Slice nach außen - auf die Vorteilseite - einen gewinnbringenden Effekt. Thiem wurde so weit aus dem Feld getrieben, dass ein geschickter Stopp eine effektive Strategie war. Warum es für Thiem so schwierig wurde, obwohl er so flink auf den Beinen ist, klären wir gleich.

Dein Gegner sollte also weit hinter der Grundlinie stehen, wenn du einen gezielten Stopp einsetzen willst. Dazu sollte deine eigene Position möglichst nah oder auf der Grundlinie sein. Im besten Fall stehst du im Feld. Es ist nämlich nicht so ganz einfach einen gefühlvollen Stopp zu spielen, wenn du weit hinter der Grundlinie stehst. Hinzu käme, dass dein Gegner noch mehr Zeit hätte den Ball zu erlaufen.

Nun schauen wir, warum Dominic große Probleme mit den starken Stopps hatte und was du dir vom geistreichen Gaston abschauen kannst.

Wie spielt man einen effektiven Stopp?

Du schiebst deinen Stopp natürlich nicht einfach nur irgendwie über die Netzkante. Du gibst deinen Stopps ein "Geheimnis" mit auf den Weg. Dieses Geheimnis beinhaltet Schnitt. Du sagst dem Ball, dass er sich entweder seitlich oder rückwärts drehen soll, wenn er im gegnerischen Feld aufspringt. Der kleine "Fiesling" Gaston spielte die meisten seiner Stopps sogar so, dass sie sich seitlich und rückwärts drehten. Das führte dazu, dass Thiem den Ball so nah am Netz spielen musste, dass er die Kugel nur irgendwie rüberschieben konnte.

Welche Möglichkeiten sich dadurch für Gaston im Ballwechsel ergaben, werden wir gleich analysieren.

Wir halten zunächst für dich fest: Wenn du demnächst einen unglaublich effektiven Stopp spielen willst, dann merke dir:

1) Gib dem Ball ein "Geheimnis" (Schnitt) mit
2) Beobachte, ob dein Gegner weit hinter der Grundlinie stehst
3) Achte darauf, dass du möglichst nah an der Grundlinie stehst

Wohin sollte man sich anschließend orientieren?

Du bist kein Baum. Aus diesem Grund orientierst du dich nach deinem Stoppball zwei bis drei Schritte ins Feld hinein. Du gehst der Richtung deines Stopps nach. Deine Position riegelt dann fast alle Optionen deines Gegners ab. Bei einem möglichen Gegenstopp bist du schnell vorn. Schiebt dein Kontrahent den Ball nur irgendwie rüber, kannst du mit einem Passierball oder Lob den Punkt abschließen.

Die Strategie ist dabei in der Theorie simpel: Dein Gegner wird dazu gezwungen den Ball hinten ins Eck zu spielen. Das ist, wenn du einen so raffinierten Stopp wie Gaston spielst, verdammt schwierig. Vor allem, wenn du diese Strategie konsequent fährst.

Wenn du nach deinem grandiosen Stopp wie angewurzelt stehenbleibst, dann reicht es für deinen Gegner einen durchschnittlichen Gegenstopp zu spielen. Gaston machte das gegen Thiem fantastisch. Er erzielte die meisten seiner Stopp-Punkte im Schlag nach seinem Stoppball. Dies war entweder ein Lob oder ein nicht allzu riskant gespielter Passierball.

Fazit

Jede Taktik, die zum Erfolg führt, ist eine gute Taktik. Klar, du wirst mit 58 Dropshots pro Match keine neuen Freunde in deiner Facebook-Freundesliste begrüßen dürfen. Doch ist ein clever eingestreuter Stoppball ein hervorragendes Mittel, um den Rhythmus des Gegners zu brechen und dein eigenes Spiel um eine effektive Variante zu erweitern.

Mehr von unserem Tennis-Insider Marco Kühn gibt es hier!

von Marco Kühn

Montag
05.10.2020, 16:57 Uhr
zuletzt bearbeitet: 05.10.2020, 15:54 Uhr