Die Zukunft des Doppels - gibt es denn eine?

Viele Turnierveranstalter sind mit dem Status Quo des Doppels nicht glücklich, die Einzel-Stars bleiben dem Paarlauf in der Regel fern. Sollte man auf der ATP-Tour weiter zweigleisig fahren?

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 10.03.2024, 07:47 Uhr

Rohan Bopanna und Matthew Ebden - die beiden aktuell besten Doppelspieler der Tenniswelt
© Getty Images
Rohan Bopanna und Matthew Ebden - die beiden aktuell besten Doppelspieler der Tenniswelt

Als Ivan Dodig 2018 in München gemeinsam mit Rajeev Ram den Titel im Doppel geholt hatte, schaute der Kroate wehmütig in Richtung des Siegerautos im Einzel.Und konnte sich die Anmerkung nicht verkneifen, dass es für die Doppel-Champions doch wenigstens einen Elektro-Roller (besser: zwei) aus dem Hause des Titelsponsors geben sollte. Dass dies jemals eintreten wird: eher ausgeschlossen.

Denn der Doppel-Wettbewerb steht bei den Turnierveranstaltern der ATP-Tour auf dem Prüfstand. Lohnt der finanzielle Aufwand (Preisgeld, Hospitality) wirklich den Aufwand, einen Nebenschauplatz aufzumachen, der nur einen kleinen Teil des Publikums interessiert? Ausnahmen gibt es immer, gerade wenn Lokalmatadore am Werk sind. Erinnert sei hier etwa an das Münchner Finale 2023, in dem Kevin Krawietz und Tim Pütz den beiden Österreichern Lucas Miedler und Alexander Erler vor fast vollen Rängen unterlegen waren.

Das Einzel genießt bei den Stars Priorität

In der Regel aber wird den Paarläufern bei regulären Turnieren wenig Aufmerksamkeit zuteil. Weil die großen Stars der Szene ihre Auftritte im Doppel sehr sparsam gestalten. Ausnahmen wie aktuell in Indian Wells gibt es auch in dieser Hinsicht, aber wo die Prioritäten liegen, das musste Lucas Miedler im vergangenen Jahr im Tennis Paradise erfahren: Da zog Partner Cameron Norrie mitten im Doppel-Turnier zurück, weil er wichtigere Pläne im Einzel hatte.

Geschichten wie jene von Rohan Bopanna, dem 43-jährigen Inder, der es als ältester Spieler geschafft hat, erstmals an die Spitze der ATP-Charts zu kommen, wärmen kurzfristig das Herz. Im Sinne der Attraktivität des Doppels wäre es aber wohl zwingend nötig, dass nicht nur Andrey Rublev und Karen Khachanov regelmäßig gemeinsam auftreten. Ist mehr Preisgeld die Lösung? Fraglich, ob Carlos Alcaraz oder Novak Djokovic wegen ein paar Euro mehr ihre Chancen im Einzel bei einem 1000er wie etwa in Madrid oder Rom reduzieren.

Die Rolle bei den ATP Finals

Oder vielleicht ein kompakteres Format, wie es aus Doppelkreisen vorgeschlagen wird? Start am Dienstag, Finale am Freitag? So etwas wäre ja nur bei Hallenveranstaltungen mit ausreichend Courts denk- und planbar. Ein paar Regentropfen im Freien, vor allem auf Hart- und Rasenplätzen, und der Fokus richtet sich automatisch auf die Abwicklung des Einzels.

Wie eigenartig die Lage ist, könnte man an zwei Beispielen ablesen: Bei den ATP Finals etwa wird das Doppel dringend benötigt. Und zwar als Rechtfertigung dafür, bis zum Halbfinaltag zwei Sessions anzubieten. Nicht, dass in Turin das Interesse an der Partie zwischen Santiago Gonzalez und Edouard Roger-Vasselin auf der einen und Maximo Gonzalez und Andres Molteni auf der anderen Seite für eine volle Halle gesorgt hätte, aber nur ein einziges Single anzubieten - mit der Gefahr einer Aufgabe - das wäre dann doch zu riskant.

Andere Gewichtung im Davis Cup

Im Davis Cup schließlich ist die Gewichtung in der ersten Runde, die Anfang Februar absolviert wurde, interessant: Denn da wird das Doppel als dritte Partie ausgetragen. Was die Möglichkeit offen lässt, dass eine Begegnung schon entschieden ist, bevor es überhaupt zum Treffen der besten beiden Spieler zweier Länder kommt. Das war in der glorreichen Zeit des Davis Cups übrigens anders: Da hatte die „Auslosung“ ihren Namen noch verdient, ein Treffen der beiden Spitzenmänner war auch am ersten Tag möglich. In der Endrunde des aktuellen Formats kommt dem Doppel dann wieder eine entscheidende Rolle zu - wenn es nach den Einzel 1:1 steht.

Viele Themen also, die die ATP und die ITF angehen müssen. Im Zweifel darf man aber darauf vertrauen, dass ohnehin alles bleibt, wie es derzeit ist.

von Jens Huiber

Sonntag
10.03.2024, 11:45 Uhr
zuletzt bearbeitet: 10.03.2024, 07:47 Uhr