Djokovic haucht Tennis-Tradition in Athen neues Leben ein
Viele Jahre lebte die Turnier-Landschaft in Griechenland auf professioneller Ebene trotz der Erfolge von Stefanos Tsitsipas und Maria Sakkari nur von traditionellen Erinnerungen. Und so bedurfte es der Familie um den Neo-Athener Novak Djokovic, um die griechische Hauptstadt auf ATP-Ebene wieder auf die große Bühne zu bringen.
von Dietmar Kaspar
zuletzt bearbeitet:
03.11.2025, 20:57 Uhr

Von Dietmar Kaspar aus Athen
Gänsehaut ereilt den Tennis-Nostalgiker in zahlreichen Momenten, wenn er sich in Athen auf Spurensuche der Tennis-Tradition begibt. Schon beim Sightseeing in der Innenstadt tut sich auf dem Weg von der Akropolis zum Panathinaiko-Stadion, dem Hauptstadion der ersten olympischen Spiele der Neuzeit, ein kleiner aber sehr feiner Tennisclub auf. Im “Athens Lawn Tennis Club” wurden die Final-Begegnungen der Spiele 1896 ausgetragen, ehe der Sport mit dem damals noch weißen Filzball 1920 fürs erste wieder aus dem olympischen Programm genommen wurde. Erst seit 1984 mit dem Demonstrations-Wettbewerb in Los Angeles wurde Tennis wieder mit olympischen Ehren bedacht.

Auch auf dem „moderneren“ Olympiagelände OAKA, das für die Olympischen Spiele 2004 im Norden der Stadt errichtet wurde, steigen im Tennis-Traditionalisten emotionale Erinnerungen auf. Unvergessen die vier Matchbälle, die Rainer Schüttler und Nicolas Kiefer im Doppel-Finale verstreichen lassen mussten, um dem chilenischen Duo mit Fernando Gonzalez und dem ehemaligen Dominic-Thiem-Coach Nicolas Massu doch noch den Titel überlassen zu müssen. Nach den Spielen wurde dort bis zum Jahr 2012 ein Turnier der ATP-Challenger-Tour ausgetragen, das unter anderem in der vorletzten Ausgabe der Münchner Matthias Bachinger für sich entscheiden konnte. Seitdem machte der professionelle Tennissport einen weiten Bogen um die Anlage, die immer mehr verwittert und nur noch von Hobby-Spielern genutzt wird.

Und so dauerte es bis zum Jahr 2025 und bedurfte dem Einsatz der Familie Djokovic, um in diesem Areal wieder absolutes Weltklasse-Tennis auf den Plan zu rufen. Aufgrund des November-Termins leider nicht auf den Freiplätzen, die eine Sanierung äußerst nötig hätten, sondern in der feudalen Sport-Arena auf dem Olympia-Gelände, das neben zahlreichen Veranstaltungen aller Art auch die sportliche Heimat des mehrfachen Basketball-Euroleague-Champions Panathinaikos darstellt.
Schon seit mehreren Jahren bezirzte die griechische Regierung den 24-fachen Grand-Slam-Champion mit der Vergabe des „Golden Visa“, um den Serben näher an den Staat auf der Balkanhalbinsel zu binden. Die Meinungsverschiedenheiten des 38-Jährigen mit dem serbischen Präsidenten um die Studentenaufstände in Belgrad nahm der Olympiasieger von Paris kürzlich sogar zum Anlass, seinen Wohnsitz in den Süden von Athen zu verlegen. Und so ließ das Einstandsgeschenk der Familia Djokovic nicht lange auf sich warten.
Die Lizenz des ATP-Turniers in Belgrad befindet sich seit vielen Jahren im Besitz von Djordje Djokovic und wurde nun dafür verwendet, das 250er-Event erstmalig in der neuen Heimat seines Bruders auszutragen. Und selbstredend natürlich, dass der langjährige Weltranglistenerste das Feld als absolute Zugnummer anführen wird und davor sogar auf einen Start beim ATP-Masters-Event in Paris verzichtete. Einziger Wehrmutstropfen für die griechischen Tennisfans, dass Lokal-Matador Stefanos Tsitsipas, der seit Wochen angeschlagen auf der ATP-Tour fehlte, auch für die Premiere des Heim-Events passen musste. Somit bleibt für das Event nur zu hoffen, dass der Neo-Athener Djokovic dem Turnier möglichst lange erhalten bleibt und in die Rolle des neuen Lokalhelden schlüpfen kann. Nach einem Freilos greift der serbische Davis-Cup-Sieger am Dienstag in seiner Achtelfinal-Partie gegen den Chilenen Alejandro Tabilo erstmals aktiv ins Turniergeschehen ein.
