Dominic Stricker im Interview: "Werde alles geben, dass ich auch einmal da bin, wo er ist"
Dominic Stricker spricht im Exklusivinterview mit tennisnet.com über die bisherigen Highlights seiner Laufbahn, die Motivation durch den Aufstieg von Carlos Alcaraz und erklärt, wie Roger Federer und Stan Wawrinka dem erst 19-Jährigen bislang zur Seite standen.
von Michael Rothschädl
zuletzt bearbeitet:
18.04.2022, 10:09 Uhr

Herr Stricker, Sie haben in diesem Jahr erstmals den Sprung unter die besten 200 der Weltrangliste geschafft. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Saisonstart?
Mit dem Saisonstart bin ich eigentlich sehr zufrieden. Ich hatte einen super Start in Australien mit meinem ersten Grand Slam, das ist eine tolle Erfahrung. Dann war ich auch mit der Reise nach Amerika sehr zufrieden, dort habe ich drei sehr gute Turniere gespielt. Und jetzt auch in der Schweiz war es toll – das Davis-Cup-Duell, das wir gewinnen konnten. Und auch das Turnier in Biel war eine super Woche. Ich bin wirklich sehr zufrieden, wie das Jahr bis jetzt läuft.
Neben Ihrem Triumph bei den Junioren bei den French Open erlangten Sie insbesondere durch Ihre Auftritte in Genf und Stuttgart internationale Bekanntheit. Wie schwer ist es, nach solchen Ausnahmewochen auf der ATP-Tour wieder voll fokussiert auf das Future- bzw. Challenger-Level zu wechseln, wo die Spieler oft zwei-, dreihundert Plätze weiter hinten in der Weltrangliste liegen?
Ich glaube, der Wechsel von den ATP-Tour-Turnieren wieder auf die Challenger-Tour, das ist nicht so schwierig, weil ich es wirklich gewöhnt bin, auf der Challenger-Tour zu spielen. Aber jede Woche, die man auf der ATP-Tour-Niveau spielen kann, ist eine super Woche und man genießt es wirklich und sieht, wo man hinwill. Das ist für mich auch eine Motivation, dass ich von diesem Challenger-Level wegkomme auf die ATP-Tour, was auch mein Ziel ist.
Ihre größten Erfolge konnten Sie bislang auf Sandplatz erspielen. Würden Sie die rote Asche auch als Lieblingsuntergrund bezeichnen?
Ja, ich habe sehr, sehr große Erfolge auf Sandplatz gefeiert, aber auch in Stuttgart auf Rasen hatte ich einen großen Erfolg, meine zwei Challenger-Turniere, die ich bis jetzt gewonnen habe, waren auf Indoor-Hartplatz. Also glaube ich, ich spiele wirklich sehr gerne auf jedem Belag und es liegt mir auch jeder Belag. Ich kann mich auch ein bisschen anpassen. Das hilft sicher extrem, wenn man sich auf den meisten oder sogar auf jedem Belag wohlfühlt.
Sie haben kaum Turniere auf Future-Niveau gespielt und sich enorm schnell auf Challenger-Ebene etabliert. Viele Spieler sagen, dass die Zeit bei den Futures eine besondere finanzielle Herausforderung ist, in der auch der Druck auf den eigenen Schultern durchaus groß ist. Haben Sie in Ihrer noch jungen Laufbahn jemals den Druck verspürt, möglichst schnell in den Rankings nach oben zu kommen?
Ich glaube, es war für mich nicht ein Druck, weil ich extrem jung war, als ich angefangen habe, auf der Future-Tour zu spielen. Und ich habe sicher auch ein paar Turniere gespielt, ich weiß, es waren nicht viele. Denn ich konnte dann die Wildcard beim Challenger-Turnier in Lugano extrem gut nutzen und das hat mir dann so viele Türen geöffnet, weil ich schon in die Challengers reinkam und dort dann auch wieder wirklich gut gespielt habe. Das war ein super Erfolg. Aber ich glaube nicht, dass ich irgendwie großen Druck hatte. Ich wusste, dass alle in meinem Team hinter mir stehen und ich habe dann auch schnell gut gespielt und das Future-Level ziemlich schnell übersprungen.
Mit Carlos Alcaraz, Holger Rune und Flavio Cobolli liegen in Ihrer Altersklasse gerade einmal drei Spieler vor Ihnen. Wie sehr kann der Aufstieg von Holger Rune unter die besten 100 und nun der Durchbruch von Carlos Alcaraz auch für Sie ein Vorbild sein?
Es ist natürlich extrem toll, zu sehen, dass sich wirklich gut dabei bin im Vergleich mit den gleichaltrigen Spielern. Es ist auch extrem toll, zu sehen, wie jetzt der Aufstieg von Carlos oder von Holger verläuft. Was die zwei machen, ist einfach unglaublich. Und auch Fabio ist ein echt guter Freund von mir, wir haben uns extrem gut auf der Junior-Tour verstanden. Es ist toll, zu sehen, dass sie so weit nach vorne kommen, es ist aber auch eine Motivation. Es motiviert mich für die Zukunft, so schnell wie möglich dorthin zu kommen, wo sie sind, damit ich mich dann auch mit ihnen messen kann.
Sie selbst haben im Vorjahr einen besonderen Rekord gebrochen. Durch Ihren Sieg im Doppel beim Heimevent von Gstaad sind Sie nun vor Roger Federer der jüngste Spieler, der im Doppel in Gstaad den Titel gewinnen konnte. Nur ein nettes Detail oder doch eine bedeutsame Errungenschaft für Sie?
Ja, das ist natürlich sehr cool, so einen Rekord zu haben und dann auch noch ausgerechnet im eigenen Land. Es war eine super Woche mit Marc Huesler, wir haben das dieses Doppel in Gstaad extrem genossen. Es ist cool, aber Doppel ist nicht das, wofür ich jeden Tag trainiere. Aber es war natürlich eine Hammerwoche. Das werde ich auch nie mehr vergessen: meinen ersten Titel auf der Tour im Doppel. Das war eine Hammererfahrung.
Es motiviert mich für die Zukunft, so schnell wie möglich dorthin zu kommen, wo sie sind, damit ich mich dann auch mit ihnen messen kann.
Dominic Stricker über den rasanten Aufstieg von Carlos Alcaraz - und auch Holger Rune.
Überhaupt: Wie gehen Sie damit um, wenn Ihnen vorausgesagt wird, in die Fußstapfen des großen Roger Federers zu treten?
Ehrlich gesagt, ist es für mich mehr eine Motivation als Druck, wenn man von einem Roger oder wem auch immer spricht. Ich finde es toll, dass ich mit ihm verglichen werde, aber es ist natürlich noch ein extrem weiter Weg. Das, was Roger erreicht hat, ist unglaublich. Ich werde alles geben, dass ich auch einmal da bin, wo er ist oder war. Ich werde alles geben, dass ich auch einmal bei den Grand-Slam-Turnieren vorne mitspielen kann.
Mit Roger und Stan Wawrinka hat das Schweizer Herrentennis jüngst eine höchst erfolgreiche Ära erlebt. Denken Sie, dass Sie von den Erfolgen der beiden profitieren? Sei es in besseren Trainingsbedingungen in Ihrer Heimat oder gesteigertem Interesse in der Bevölkerung?
Ja, sicher, ich glaube, ich kann extrem profitieren von den zwei Schweizer, von Stan und von Roger. Es ist unglaublich, was diese zwei geleistet haben und ja, ich habe auch schon mit beiden mehrmals trainiert. Es ist eine Riesenmotivation, wenn man sieht, dass wir zwei im Land haben, die wirklich so gut spielen und es hat mir auch extrem geholfen. Ich muss sagen, sie haben mir auch gute Tipps gegeben, die mir auf meinem Weg enorm geholfen haben.
Für Tennisfans, die Sie vielleicht noch nicht so gut kennen und Sie noch nicht haben spielen sehen. Was macht Sie als Spieler aus?
Eine der wichtigsten Sachen bei mir ist ganz sicher, dass ich Linkshänder bin. Ich glaube, das ist ein großer Punkt in meinem Spiel – vor allem für den Aufschlag, den ich sehr verbessert habe in der letzten Zeit. Dann versuche ich, mit der Vorhand das Spiel zu diktieren, aber auch meine Backhand kann ich beschleunigen. Ich spiele auch sehr gerne variantenreiche, gehe gerne einmal ans Netz, baue aber auch gerne einmal einen Slice ein.
Sie sind immer recht bescheiden, wenn es um die Formulierung von kurzfristigen Zielen geht. Versuchen wir es anders: Was sollten Sie Ende der Saison erreicht haben, um zufrieden auf das Spieljahr zurückzublicken?
Mein Ziel bis Ende der Saison - würde ich sagen – ist es, unter die Top 150 zu kommen. Ich bin jetzt schon wirklich nah, aber ich glaube, es ist trotzdem noch ein weiter Weg, weil ich jetzt dann auch noch ein paar Punkte verteidigen muss. Ich freue mich jetzt noch auf den Rest vom Jahr, es werden noch viele tolle Sachen kommen: mit den Grand Slams, dem Davis Cup, den ATP-Tour-Turnieren. Ich freue mich wirklich und ich hoffe, dass ich dieses Ziel erreichen kann.
Zum Abschluss: Werden wir Sie wie schon im Vorjahr wieder in Österreich sehen?
Ja, ich glaube schon, dass ich dieses Jahr noch einmal in Österreich spielen werde. Ich weiß zwar noch nicht wann und wo, aber ich glaube schon, dass es sicher mal ein Turnier geben wird, bei dem ich in Österreich bin. Österreich ist für mich ein Hammerland, ich war da schon extrem viel als Kind mit meiner Familie in den Ferien, habe da auch sehr viel mit meinem Vater gespielt, es ist wirklich ein tolles Land. Ich würde mich freuen, wenn ich dieses Jahr wieder hierherkommen kann.