ATP: Eric Babolat im Interview - "Wir arbeiten in einer leidenschaftlichen Welt"

Eric Babolat leitet das Familien-Unternehmen seit dem tödlichen Unfall seines Vaters im Jahr 1998. Ein Gespräch mit einem Mann, der den Tennissport in allen Nuancen kennt.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 12.12.2018, 15:23 Uhr

Für Dominic Thiem ist Eric Babolat neue Wege gegangen

tennisnet: Monsieur Babolat. Es heißt, Ihr Deutsch sei sehr gut ...

Eric Babolat: Das war es einmal. Ich habe vor etwa zwanzig Jahren viel Zeit in Österreich verbracht, in Bergheim in der Nähe von Salzburg, wo wir damals unsere Außenstelle hatten.

tennisnet: Was uns zur Frage bringt: Warum gibt es aus dem Hause Babolat keine Alpin-Ski?

Babolat: Wir haben sicherlich darüber nachgedacht, weil viele Unternehmen vom Tennissport zum Skisport gekommen sind. Aber wir haben uns seit Beginn des Tennissports auf Saiten, Schuhe und anderes konzentriert, um genau zu sein: Mein Großgroßvater hat schon 1875 die ersten Tennissaiten entwickelt. Zu jener Zeit wurden gerade erst die Tennisregeln festgelegt. Nur zum Vergleich: das war zwei Jahre vor dem ersten Wimbledon-Turnier. Und seitdem sind wir dem Tennissport verbunden. In den 1930ern haben etwa René Lacoste oder Suzanne Lenglen mit unseren Saiten gespielt. Und so haben wir uns auf Racketsportarten spezialisiert. Wir machen wenige Dinge, aber diese dafür gut.

tennisnet: Wie riskant war es für das Unternehmen Babolat, mit der Produktion eigener Schläger zu beginnen?

Babolat: Diese Entscheidung hat mein Vater Mitte der 1990er-Jahre getroffen. Und damals war dies natürlich mit einem Risiko verbunden. Die goldene Ära war da gerade vorbei. Als Björn Borg gespielt hat, war Tennis überall, auch in der Mode. Danach ist es bergab gegangen, nur noch Tennis-Liebhaber haben sich für unseren Sport interessiert. Die Verkaufszahlen für Schläger sind nach unten gegangen. Mein Vater hat zu jener Zeit gesagt, wir müssen den Tennisspielern einen Grund geben, den Schläger zu wechseln. Da hat es auch in unserem Unternehmen Stimmen gegeben, die gesagt haben: Warum gerade jetzt? Und mein Vater hat gemeint, dass wir in der Lage sind, stärker als die Konkurrenz zu sein und ein innovatives Racket herstellen zu können. Niemand hat auf uns gewartet. Und wir sind auf Widerstände gestossen: Pete Sampras hat damals mit unseren Saiten gespielt, aber als wir dann selbst Schläger produziert haben, hat sein Hersteller gesagt, Sampras darf unsere Saiten nicht mehr promoten.

tennisnet: Mit welchem Spieler haben Sie den Durchbruch geschafft?

Babolat: Wir haben 1994 unser erstes Racket auf den Markt gebracht, 1998 hat Carlos Moya damit die French Open gewonnen. 1998 war ein wichtiges Jahr für uns, auch aus einem traurigen Grund - mein Vater ist in diesem Jahr bei einem Unfall gestorben. Aber bei den Damen hat Kim Clijsters mit unserem Schläger gewonnen, bei den Junioren Fernando Gonzalez. Wir hatten also eine Vision. Und auch als mein Vater gestorben ist, mit nur 51 Jahren, haben wir diese Vision weitergeführt. Obwohl ich damals erst 28 Jahre alt war.

"Dominic Thiem ist der Botschafter für diesen Schläger"

tennisnet: Wie haben Sie selbst den Einstieg in den Tennissport gefunden?

Babolat: Wir sind immer noch ein Familienbusiness. Aber bevor ich etwa nach Österreich gegangen bin, habe ich als Bespanner auf der Tour gearbeitet. Da habe ich viel über unser Unternehmen, aber auch über die Spieler gelernt. Es ist nicht besonders schwierig, einen Schläger zu bespannen. Aber für die Spieler ist es wichtig, dass sie auf ihr Material vertrauen können. Mein Vater hat mich damals in die USA geschickt, auch um Englisch zu lernen. Das hat funktioniert, aber ich habe auch gelernt, wie wichtig unsere Produkte für die Spieler sind, wie wir ihnen Selbstvertrauen geben können.

tennisnet: Und man kann damit gutes Geld verdienen ...

Babolat: Natürlich ist es ein Geschäft. Aber die Leute spielen ja nur Tennis, wenn sie es lieben. Wir arbeiten in einer leidenschaftlichen Welt. Und das ist fantastisch.

tennisnet: Rafael Nadal oder Jo-Wilfried Tsonga spielen den klassischen Babolat-Schläger. Dominic Thiem ein komplett anderes Modell. Worin liegen die Unterschiede?

Babolat: Der erste Spieler, der auch ein eher auf Kontrolle bedachtes Racket gespielt hat, war Fernando Gonzalez. Eigentlich zielen wir auf Power und Spin ab. Dominic ist ein Spieler mit viel Power, und er hat seinen Schläger, den Pure Strike, sofort geliebt. Tsonga hat sich an diesem Racket versucht für ein Jahr, aber Dominic ist der beste Spieler, der mit diesem Schläger spielt. Und er ist unser Botschafter für diesen Schläger.

von Jens Huiber

Dienstag
06.11.2018, 19:22 Uhr
zuletzt bearbeitet: 12.12.2018, 15:23 Uhr