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Fabio Fognini beim Diriyah Tennis Cup: Das volle Paket

Der Diriyah Tennis Cup wurde am Donnerstag von Fabio Fognini eröffnet. Der Italiener lieferte in seinem Match gegen John Isner exakt das, was man von ihm erwartet: Spektakuläres Tennis, wenn’s ihn freut. Und Theatralik, wenn nicht.

von Lukas Zahrer
zuletzt bearbeitet: 12.12.2019, 21:26 Uhr

Fognini hat es in Diriyah im Vorort von Riad nicht leicht. Beim dortigen Einladungsturnier fehlen nämlich Linienrichter. Sie werden durch ein automatisches Hawk Eye ersetzt, man kennt die über Lautsprecher eingespielten, schräg anmutenden Aus-Rufe etwa von den ATP NextGen Finals.

Linienrichter sind für Fogninis Spiel aber essenziell. In schwierigen Phasen eines Matches – und seien wir ehrlich, solche hat jeder Spieler – wendet er sich gerne an sie. Er verwickelt sie in Gespräche, schiebt etwa die Schuld verlorener Punkte auf sie. Das braucht Fognini in einem Match eben.

Dass sie bei seinem Auftritt in Diriyah nun fehlen, bemerkte er zunächst gar nicht. Im dritten Game wurde eine seiner Vorhände knapp Aus gegeben – vom angesprochenen Live-Hawkeye. Reflexartig hob er den Arm, und sagte zum Stuhlschiedsrichter das vermeintliche Zauberwort: „Challenge!“. Es dauerte ein paar Momente, bis der Schiedrichter Fognini erklärte, wie in Saudi-Arabien der Hase rennt.

Fabio Fognini beim Diriyah Tennis Cup: "Ich bin etwas krank"

Die Veranstalter ließen sich einiges einfallen, das man auf der regulären Tour nicht kennt: Sogenannte Close Calls etwa, automatische Einspieler auf der Videoleinwand mit einer Hawk-Eye-Sequenz bei knappen Bällen. Untermalt mit Musik. Musik nach jedem Ass. Musik nach einer geraden Anzahl an gespielten Games.

Musik auch schon nach dem ersten Game eines Satzes, was Fognini sofort als Chance verstand, sich auf seine Bank zu setzen. Der Schiedsrichter musste ihn erst wieder aus seinem komfortablen Platz aufscheuchen, etwas widerwillig stand er wieder auf und spielte er weiter.

Zuvor - vor Matchbeginn – musste John Isner den Ballkindern erklären, dass Fognini mit dem Aufschlagen beginnt. Die Bälle waren aber noch allesamt auf der Seite des 2,08-Meter-Mannes. „Die Ballkinder waren großartig“, sagte ein kühler Isner angesprochen von tennisnet auf die Situation. „Man darf nicht vergessen, es war wahrscheinlich das erste Mal für sie. Es ist ein gutes Gefühl, dass hier neue Leute mit dem Sport in Kontakt kommen.“

Im ersten Satz schaffte Fognini das Break, ließ sich dann aber zu sehr von allen anderen Dingen, die um den Platz passierten, ablenken. Zwischen den Punkten schaute er zu seinem Physiotherapeuten, schaute er in die Kamera oder schaute auf die prunkvolle Tribüne der VIP-Zone. Nur auf Isner schaute er nicht.

Er schaute auch auf Stan Wawrinka, der sich das Eröffnungsmatch kurz live ansehen wollte, und versuchte, zwischen den Punkten mit ihm zu plaudern. Prompt sorgte er für den besten Ballwechsel des Matches, als er überraschend ans Netz stürmte und den Punkt mit einem Vorhand-Volley abschloss. Gebt dem Showman ein Publikum, und er liefert.

Doch als Wawrinka wieder verschwand, war es auch um die Konzentration Fogninis geschehen. Bei einer Breakführung gab er zu Null seinen Aufschlag ab und holte sogar den Physio auf den Platz. Eine Verletzung am Sprunggelenk plagte ihn in den letzten Wochen der abgelaufenen Saison, einer Operation wich er aber nach wie vor aus.

Vom Arzt ließ sich Fognini eine Tablette geben, klärte nach dem Match aber auf: „Es war für den Rachen.“ Irgendwie wird man als Journalist das Gefühl nicht los, dass Fognini einen auf die Schaufel nimmt, wenn er spricht. „Ich bin etwas krank“, fügte er schnell hinzu. Vielleicht meint er damit zum Teil gar nicht seinen Körper.

Im zweiten Satz war auf dem Center Court ein Imam zu hören, der in der nahe gelegenen Moschee zum Ritualgebet aufrief. Fognini ließ sich davon diesmal aber nicht ablenken und holte zunächst ein Break und wenig später mit einem 7:6, 6:4 den Sieg im ersten Profimatch auf saudi-arabischem Boden. Damit hat er auch schon ein Preisgeld an 250.000 US-Dollar sicher.

„Es war kalt. Und es war windig. Die Bedingungen waren ganz anders als im Training. Aber ich fühle mich gut und will mein Spiel weiter verbessern“, sagte er nach dem Match, ohne zu vergessen: „Ich hasse es eigentlich gegen solch große Spieler zu spielen.“

Fabio Fognini: "Ich bin glücklich mit meinem Leben"

Nach einer Saison mit dem erstmaligen Einzug in die Top-10 der ATP-Rangliste und seinem ersten Masters-Turniersieg in Monte Carlo sollen weitere Highlights im kommenden Jahr folgen. „Ein zweites Baby“, sagte ein strahlender Fognini auf die Frage, was er sich von der neuen Saison erwarte.

Seine Ehefrau, die US-Open-Siegerin von 2015 Flavia Pennetta, erwartet die Geburt in wenigen Wochen. Deshalb könnte Fognini den ATP Cup verpassen, endgültig hat er die Turnierplanung noch nicht fixiert.

Sportlich sei Fognini „entspannt“ und „gut drauf“. Auf einen Urlaub hatte er aufgrund der Schwangerschaft Pennettas verzichtet, er verbrachte seine Freizeit in der Wahlheimat Barcelona. Auf seinen Beruf angesprochen denkt der nunmehr 32 Jahre alte Fognini nach wie vor groß.

„Hoffentlich kommt einmal ein junger Spieler nach und hilft mir, den Davis Cup zu gewinnen. Es wäre ein großer Traum“, meinte er. Mit Matteo Berrettini könnte Italien genau solch einen Mann gefunden zu haben. „Ich genieße Tennis noch immer sehr, bin glücklich mit meinem Leben, und vielleicht bringe ich bei einem Grand Slam auch einmal etwas mehr zusammen.“

Im Halbfinale von Diriyah trifft Fognini auf Gael Monfils, der in einem sehr launigen Match seinen guten Freund Stan Wawrinka 6:3, 6:3 besiegte. Isner spielt in der Konsolidierungsrunde gegen Wawrinka.

In der zweiten Turnierhälfte steht Daniil Medvedev nach einem 6:3, 6:1 gegen Jan-Lennard Struff im Halbfinale. Er spielt dort gegen David Goffin, der Lucas Pouille mit 6:2, 6:4 abservierte. Der Franzose ist Struffs Gegner am Freitag.

Tennis in Saudi-Arabien: Ergebnisse vom Donnerstag (Viertelfinals)

Spieler 1Spieler 2Ergebnis
Fabio FogniniJohn Isner7:6(4), 6:4
Gael MonfilsStan Wawrinka6:3, 6:3
Daniil MedvedevJan-Lennard Struff6:3, 6:1
David GoffinLucas Pouille6:3, 6:3

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Donnerstag
12.12.2019, 20:35 Uhr
zuletzt bearbeitet: 12.12.2019, 21:26 Uhr

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