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Family first: Das Tennis-Unternehmen Zverev kehrt zu den Wurzeln zurück

Alexander Zverev präsentiert sich bei den Australian Open bislang in bester Spiellaune. Dafür ist auch eine Veränderung in seinem Team verantwortlich - der Deutsche setzt nämlich in der Box auf einen Familienbetrieb. 

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 12.02.2021, 19:20 Uhr

Alexander Zverev vertraut auf seine Familie
Alexander Zverev vertraut auf seine Familie

Als Alexander Zverev am Freitagnachmittag in Melbourne seinen kleinen Stafettenlauf für Presse, Funk und Fernsehen absolvierte, war ein aufmerksamer Beobachter stets an seiner Seite. Bruder Mischa Zverev schaute und hörte genau hin, wie der deutsche Tennis-Frontmann den souveränen, selbstsicheren 6:3, 6:3, 6:1-Drittrundensieg gegen den Franzosen Adrian Mannarino bei den Australian Open analysierte, sein bisher bestes Match beim Grand Slam Down Under. Ein Herz und eine Seele waren Sascha und Mischa schon immer, ein Brüderpärchen, das weite Strecken des langen Marsches durch die Tennis-Institutionen gemeinsam ging, als voneinander Lernende, als Aufmunterer und Tröster, als Einpeitscher und Kümmerer, als Berater in guten und schlechten Lebenslagen. 

Doch seit Jahresbeginn sind die beiden Zverevs nun auch Geschäftspartner: Sascha (23), die Nummer 7 der Weltrangliste und Mitfavorit bei den Australian Open, ist offizieller Klient des zehn Jahre älteren Mischa. Mit dem Begriff des Managers ist der Job des lebenserfahrenen Mischa allerdings nur unzulänglich beschrieben, denn der umtriebige Familienvater kümmert sich um fast alles, was sich rund um seinen Bruder an Themen, Pflichten und Aufgaben ansammelt. „Mein Tag müsste mehr als 24 Stunden haben“, sagt Mischa, der auch mit im Spiel ist, wenn es um das bei Zverev junior sensible Thema der Öffentlichkeitsarbeit geht. Bei Interviews steht Mischa deshalb auch meist nur ein paar Meter weg von Bruderherz Sascha, beiden geht es mehr denn je darum, den richtigen Ton zu treffen.

Family First bei Zverev

Der jüngere Zverev, der im letzten Jahr nur um zwei Punkte seinen ersten Grand Slam-Titel bei den US Open verpaßte, kehrt in diesen Tagen auch wieder zu seinen Tennis-Wurzeln zurück. Und das bedeutet: Family first, das Vertrauen auf und in die Menschen, mit denen sein Aufstiegswerk am engsten verknüpft ist. Bruder Mischa, der Geschäftsbesorger, ist das eine vertraute Gesicht in der neu und alt strukturierten Firma Zverev. Vater Alexander ist der andere bekannte, emotional wichtige Kopf – der Mann, über den Sascha Zverev sagte, er werde „immer die wichtigste Tennis-Bezugsperson und mein Trainer sein.“ Gerade in der herausfordernden Ära der Corona-Pandemie sei es für ihn essentiell, „Menschen um mich zu haben, denen ich rückhaltlos vertraue“, sagt der deutsche Nummer 1-Spieler.

Zwei seiner drei Australian Open-Begleiter sind denn jetzt auch Bruder Mischa und Vater Alexander. Und auch wenn Weltklassemann Sascha schon längst eine etablierte Kraft in der Branche ist, autark und selbstbestimmt in seinem Auftritt auf den großen Tennisbühnen, kann man doch immer wieder sehen, wie wichtig die Familienmitglieder in der Entourage sind. Nach gewonnenen Big Points reckt der Deutsche die Faust in Richtung der Tribüne, dort, wo Bruder und Vater nervös das Geschehen verfolgen. 

Zverev mit Spitze gegen Kritiker

Am Freitag allerdings war die Vorstellung von Zverev eher nervenschonend für alle Beteiligten – bei seinem bisher stärksten Australian Open-Gastspiel ließ er dem unbequemen Mannarino mit 19 Assen und 37 Gewinnschlägen nicht den Hauch einer Chance. Später gab Zverev, der im Achtelfinale nun auf den serben Dusan Lajovic trifft, auch etwas funkelnd zu Protokoll, dass ihn die Expertenprognosen für das Turnier „angestachelt“ hätten: „Dass mich hier niemand als Titelkandidat sieht, dass ich da gar nicht genannt werde, das nehme ich persönlich“, so der 23-jährige, „ich bin bereit, hier noch weiter für Unruhe zu sorgen.“

Und zwar mit der Familie an seiner Seite. Und nicht mehr mit irgendwelchen Supercoaches oder fremden Beratern und Einflüsterern. Über die Jahre hatte Zverev einiges ausprobiert, um seine Karriere zu befördern und zu beschleunigen, dem großen Branchentrend folgend, hatte er große Namen wie Ivan Lendl, Juan Carlos Ferrero oder zuletzt David Ferrer verpflichtet. Doch die letzte Loyalität etwa zu Vater Alexander, der den Sprößling seit frühester Kindheit gecoacht hatte, sorgte früher oder später immer wieder für Probleme. Besonders Lendl und Zverev senior kamen sich erheblich in die Quere, bis der ehemalige Weltranglisten-Erste und Grand Slam-Champion von sich aus das Handtuch warf. 

Bruder Mischa als "Assistenzcoach"

Bruder Mischa steht zwar bei jedem Training mit auf dem Platz, er ist auch eine Art Assistenzcoach und Gegnerscout. Aber seine größte Aufgabe wird in naher und mittlerer Zukunft woanders liegen – in der Imagepflege des Bruders, in dessen öffentlichen Auftritten, in der Kommunikation mit Fans und Geschäftspartnern. Der ältere Bruder will den jüngeren Bruder wieder mehr nach Deutschland orientieren, hin zum Heimmarkt – ohne dabei die globale Perspektive aus den Augen zu lassen. Mit mehr Akzeptanz hierzulande werde sich „Sascha auch insgesamt wohler fühlen“, sagt Mischa, der familiäre Manager.

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Zverev Alexander

von Jörg Allmeroth

Samstag
13.02.2021, 09:30 Uhr
zuletzt bearbeitet: 12.02.2021, 19:20 Uhr

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