„In der Schweiz sind wir viel zu bequem“

Yves Allegro (rechts außen auf dem Bild) sieht schwere Zeiten auf das Schweizer Tennis zukommen.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 25.09.2012, 15:55 Uhr

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Der Tennisgott hat es in den letzten Jahren sehr gut mit der Schweiz gemeint. MitRoger Federerhaben die Eidgenossen den wohl besten Spieler aller Zeiten in ihren Reihen. Dazu kommt das „Wunderkind“ Martina Hingis, das bereits mit 16 Jahren die Nummer 1 war. Hingis musste ihre Karriere aber recht früh beenden. Neben Federer können die Schweizer Herren mitStanislas Wawrinkaeinen konstanten Top-20-Spieler vorweisen.

Glücklich mit dem nächsten Wawrinka

Aber was kommt nach der Ära Federer/Wawrinka? Hinter dem erfolgreichen Duo klafft eine große Lücke. Adrien Bossel (21 Jahre, derzeit Platz 317) und Henri Laaksonen (20 Jahre, derzeit Platz 418) sind die jüngsten Schweizer in den Top 500 bei den Herren. Bei den Damen hat die Schweiz mitRomina Oprandi(Platz 64) derzeit nur eine Top-100-Spielerin, und auch nur, weil Oprandi die Nationalität gewechselt hat.

Yves Allegro, ein guter Kumpel von Federer, ist U14-Verantwortlicher von Swiss Tennis und macht sich Sorgen um die Entwicklung im Schweizer Tennis. Der 34-Jährige, der mit Federer bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen im Doppel spielte, würde sich schon glücklich schätzen, wenn die Schweiz in zehn Jahren den nächsten Wawrinka hätte. „Wäre Roger nicht da, würde man Stan hierzulande als Helden feiern. Jetzt ist er der Schweizer, dessen großartige Leistungen als Top-20-Spieler wenig geschätzt werden“, erklärt Allegro gegenüber dem „Tages-Anzeiger“.

Hohes Preisniveau in der Schweiz

Das Schweizer Tennis hat vor allem mit dem hohen Preisniveau der Sportart zu kämpfen. „In der Schweiz muss man während sieben Monaten in der Halle spielen. Eine Stunde kostet dann auch ohne Coach 50 Franken. So verlieren wir viele Kinder. Sie hätten zwar Interesse am Tennis, doch es ist eben ein viel teurerer Sport als Fußball. Wir suchen deshalb weitere Sponsoren, damit wir wenigstens den Talentiertesten, die nicht genug Geld haben, helfen können. Es existiert ein Fonds, aus dem Unterstützungsbeiträge genommen werden können“, sagt Allegro.

Neidisch blickt Allegro nach Spanien, wo es eine Vielzahl von Talenten gibt und der Tennissport weitaus günstiger ist. „In Spanien kostet eine Saison gerade einmal die Hälfte. Das führt dazu, dass in einer großen Akademie 300 Junioren trainieren, von denen es dann wohl zwei wirklich an die Spitze schaffen. Würde ich hier ein Training wie in Spanien machen, hätte ich sehr bald fast keine Spieler mehr. In der Schweiz sind wir viel zu bequem.“

Junioren trainieren mit Profis zusammen

Allegro sieht Wawrinka, der schon mit 13 nach Spanien ging, als positives Beispiel für die Kinder. „Wer vier, fünf Jahre auf der Tour verbringt, kann dann mindestens zwei Sprachen und hat mit 20 schon 30 Länder gesehen. Jemand mit einer solchen Erfahrung ist doch auch für viele Firmen interessant. Ein Sportler weiß auch, was es heißt, wenn man sich durchbeißen muss. Die Matura kann man notfalls auch mit 25 noch nachholen.“

Ein neues Konzept von Swiss Tennis ist es, Junioren mit Profis trainieren zu lassen. „Das motiviert die Jungen“, erklärt Allegro, der sich auch ein Engagement von mehr ehemaligen Topspieler in der Nachwuchsförderung wünscht. „Marc Rosset ist fast weg vom Sport, Jakob Hlasek ist weg, Roland Stadler hat mit dem Schweizer Tennis nicht mehr viel zu tun, Martin Hingis auch nicht. Dieses Know-How ist sonst schwierig zu bekommen, auch wenn ein guter Spieler kein guter Trainer sein muss.“ Den Eidgenossen könnten dürre Tennisjahre bevorstehen. Bis dahin bleibt die Hoffnung auf weitere erfolgreiche Jahre mit Federer und Wawrinka.(Text: cab; Foto: GEPA pictures)

von tennisnet.com

Dienstag
25.09.2012, 15:55 Uhr