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Felix Sagasser tritt Thronfolge von Damian Roman als HTT Kitzbühel-König an

Jubiläumstitel Nr. 25 einer großartigen Karriere vor Augen, Rekordturniersieg Nr. 4 bei den HTT Gene...

von Claus Lippert
zuletzt bearbeitet: 04.08.2020, 13:18 Uhr

Jubiläumstitel Nr. 25 einer großartigen Karriere vor Augen, Rekordturniersieg Nr. 4 bei den HTT Generali Open Kitzbühel zum Greifen nahe, der vergangene Samstag hätte eigentlich der ganz große Feiertag des HTT-Ranglisten-Ersten Damian Roman aus Rumänien werden sollen. Doch dann kam wieder einmal alles anders als erwartet. Ausgerechnet Felix Sagasser – sowas wie der Lehrbub von Damian Roman – verdarb dem Großmeister der Top Players Academie die Kitzbüheler Feierlichkeiten und sorgte im Finale der HTT Generali Open Kitzbühel 500 nach 1:24 Stunden Spielzeit mit 6:3, 6:2 seinerseits für den bislang größten Erfolg seiner Karriere. Aus Kitzbühel berichtet für hobbytennistour.at C.L

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Sagasser im Nadal-Stil erstmals Kitzbühel-Sieger der Hobby-Tennis-Tour

Die Szenerie hatte was von Rafa Nadal und seinen großen Auftritten am Centercourt Philippe Chatrier in Roland Garros. Wie der spanische Sandplatz-König ließ sich Felix Sagasser übermannt von seinen Emotionen rücklings in den Kitzbüheler Sand fallen, und genoß für wenige Augenblicke diesen unfassbaren Glücksmoment seines größten Karriere-Triumphs. Der 22jährige war als einer von zwei Dutzend Spielern in die Alpenmetropole gekommen, um erwartungsgemäß dem großen Kitzbühel-Hero der letzten Jahre Damian Roman beizuwohnen, wie der einmal mehr “Hof hält” um ein weiteres Jahr seiner Regentschaft als König von Kitzbühel anzutreten. Gegangen ist Sagasser aber freilich als würdiger Sieger eines der prestigeträchtigsten Events im HTT Kalender und als neuer – beinahe logischer – Thronfolger des abgedankten Altmeisters aus Negresti Oas. Sagassers finaler Triumph im Tennisstadion Kitzbühel war ein richtig bemerkswerter. Er hatte nicht nur den 3fachen HTT Kitzbühel Sieger und Titelverteidiger geschlagen, nicht nur den überlegen führenden Ranglisten-Ersten von Österreichs größter Breitensport-Tennisrangliste besiegt, sondern vorallem seinen einstigen Lehrmeister in die Knie gezwungen. Neben all seinen Vorzügen, die Sagasser an diesem megaheißen Samstag Nachmittag in den finalen Showdown am Kapserfeld einbrachte, war vorallem der mentale Aspekt ein mitentscheidender.

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Sagasser-Sieg im Semifinale über Maxi Wild hat Damian Roman “nachlässig” werden lassen

Eine Vorentscheidung in diesem fünften direkten HTT-Duell der beiden besten Strebersdorfer Tennisspieler war womöglich schon am Tag zuvor gefallen, als Felix Sagasser in einem intensiv geführten Semifinale die Nr. 2 des Turniers Maxi Wild nach 3:4 Rückstand im dritten Satz noch ausbremsen konnte, und so im dritten Anlauf erstmals das große Kitzbühel-Finale erreicht hatte. Dieser Umstand dürfte Damian Roman in eine Art “Gemütlichkeitszustand versetzt haben”. Plötzlich stand für den 38jährigen sein “persönliches Finale” schon am Freitag Nachmittag im Duell mit Simon Linha an. Den sympathischen 25jährigen Wiener in einer Neuauflage des Vorjahressemifinales so wie 2019 wieder besiegen, und damit wäre der 4. Kitzbühel-Titel wohl oder übel unter Dach und Fach gebracht. Denn was sollte im Finale gegen Felix Sagasser schon passieren, wird sich Roman angesichts seiner Klasse, der Statistik und seines Gefühls gedacht haben. Was gegen Sagasser zu tun ist, dass wusste der 24fache HTT-Turniersieger nur zu gut. Es blieb frelich – zumindest an diesem Samstag Nachmittag – beim theoretischen Wissen. Roman hatte Sagasser wohl auf die leichte Schulter genommen, nie und nimmer in den finalen 84 Minuten und auch nicht in den Stunden davor, das Duell mit seinem “Musterschüler” ernst genommen. Ein Indiz dafür: Erstmals seit über 50 Matches ging Damian Roman ohne seine Sicherheit spendenden Knöchel-Bandagen auf den Platz. “Ich habe sie ganz einfach vergessen”, so der 3fache Kitz-Champ.

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Felix Sagasser hat sich “variantenreich” zum kompletten Spieler entwickelt

Einen wie Sagasser aber auch nur ein paar Prozent-Pünktchen zu unterschätzen, kann fatale Folgen haben. Das Energiebündel vom TC Strebersdorf offenbarte in den Tiroler Tagen dieser letzten Juli-Woche einmal mehr seine großen Stärken, die er auch im Finale gegen den schier übermächtigen Gegner gnadenlos zum Einsatz brachte. Sagasser ist praktisch zu jeder Sekunde seiner Matches “griffig und präsent”. Natürlich ist sein Spiel auf Kampfkraft, Einsatz, Beinarbeit aufgebaut, doch mittlerweile nimmt man als neutraler Beobachter auch spielerischen Variantenreichtum bei der Nr. 16 der HTT-Computer-Rangliste wahr. Topspin hoch an die Grundlinie gespielt, Winkelbälle mit denen er sich den Platz aufmacht, abgemischter Slice von der Rückhand um das Tempo zu kontrollieren, dann wieder ein mächtiger Gewinnschlag, Sagasser ist mit kleinen Ausnahmen was seinen Aufschlag und sein Überkopfspiel betrifft, ein richtig komnpletter Spieler geworden. All diese Attibute und Stärken zusammengefügt, war Sagasser am Samstag Nachmittag auch in der Lage, einen weit von Bestform entfernten Damian Roman glatt und souverän auszuhebeln. Auch die Nr. 1 der HTT hat eben so Tage, wie sie jeder Tennisspieler schon mal erlebt hat und grauenhafter Weise auch kennt. Es sind jene Tage, an denen so überhaupt gar nichts geht, an denen man immer den berühmten Schritt zu spät kommt, an dem man die einfachsten Bälle nicht trifft, und man – noch schlimmer – nichts daran ändern kann.

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Roman in seinem 36. HTT-Karriere-Finale mit desaströser Service-Leistung

So einen schwarzen Samstag erlebte Damian Roman in seinem sechsten Kitzbühel-Finale am Centercourt des noblen Kitzbüheler Tennisclubs. Dabei startete der Routinier noch planmäßig in die Mission Titelverteidigung, gelang ihm doch gleich im Auftakt-Game ein frühes Break. Doch die wahren Probleme Romans lagen an diesem Nachmittag ohnehin weniger am Return, als vielmehr am eigenen Aufschlag und am energiegeladenen Gegenüber. Sagasser konterte mit einem prompt gelungenen Re-Break, und nahm dem HTT Branchen-Primus gleich noch zwei weitere Male den Aufschlag ab. Nach einer halben Stunde hatte die Nummer 1 der HTT in seinem 36. HTT-Karriere-Finale nicht ein einziges Mal das Service durchgebracht, der Satzverlust nach 50 Minuten mit 3:6 war daher nur die logische Konsequenz. Und wenn es ganz bitter gelaufen wäre, dann wäre die Enterbung Damian Romans als HTT-Kitzbühel-König sogar mit der Höchststrafe vollzogen worden. Bei 0:5 hatte der 3fache HTT US Open Sieger gerade einmal 5 Punkte im zweiten Satz gemacht, 2 Winner angebracht, 11 unerzwungene Fehler produziert, und Service-Quoten jenseits von “Gut & Böse” zu verzeichnen. Der Höchststrafe entging Damian Roman wohl auch, weil Felix Sagasser unmittelbar vor dem großen Triumph stehend, zwei Games lang verständlicher Weise “herumzitterte”, und der letztlich Besiegte plötzlich auch sowas wie Gefühl für die Partie, den Centercourt und seine Schläge entwickelte. Zu spät aber, denn Sagasser bekam sein kurzes “Nervenproblem in den Griff”, und dann war es soweit: Sagasser beendete eine megalange Grundlinien-Rallye, stürmte ans Netz, und profitierte dort vom letzten der insgesamt 35 unforced errors des Damian Roman. Damit war der zweite HTT-500er-Titel seiner Laufbahn und der insgesamt sechste HTT-Turniersieg perfekt. Es wird wohl nicht sein letzter Erfolg gewesen sein.

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von Claus Lippert

Dienstag
04.08.2020, 12:51 Uhr
zuletzt bearbeitet: 04.08.2020, 13:18 Uhr