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French Open 2020: Mit Ruhe und Geduld - "Hobby-Angler" Daniel Altmaier mischt wieder mit

Daniel Altmaier galt als große deutsche Tennishoffnung, fiel aber lange Zeit verletzt aus. Bei den French Open hat er nun aus der Qualifikation die zweite Runde erreicht, dort trifft er auf Jan-Lennard Struff.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 30.09.2020, 08:09 Uhr

Daniel Altmaier
Daniel Altmaier

Es war schon spät am Montagabend, als ein markerschütternder Schrei über Platz 11 der Turnieranlage von Roland Garros hallte. Daniel Altmaier war der Mann, dessen Anspannung sich in jenem Moment unüberhörbar auflöste, die „Freude und Erleichterung“ seien halt unbeschreiblich gewesen, sagte der 22-jährige Niederrheiner später.

Der 7:6 (7:1), 6:4, 6:4-Sieg über den 39-jährigen spanischen Veteranen Feliciano Lopez war allerdings auch ein Meilenstein in Altmaiers schwieriger Karriere, es war nach der ersten Qualifikation für ein Grand-Slam-Turnier nun auch gleich der Debüterfolg im Hauptfeld auf großer Tennisbühne. „Couragiert und mutig“ sei Altmaier aufgetreten, lobte aus dem Münchner Eurosport-Studio Boris Becker, „das hat sehr gut ausgesehen.“ In Runde zwei darf sich der Tennis-Wanderarbeiter nun dem innerdeutschen Vergleich mit Aufsteiger Jan-Lennard Struff (Warstein) stellen.

Altmaier 2018: "Einfach nur gesund werden"

Altmaier lief in seiner deutschen Heimat bisher eher unter dem Radar der öffentlichen Beachtung durch, die großen Schlagzeilen schrieben Kollegen wie Spitzenmann Alexander Zverev, der nächste Gegner Struff oder das schwierige Talent Rudi Molleker. Unter Branchenexperten galt der Kempener allerdings schon länger als Mann mit Perspektive, als ehrgeiziger, ambitionierter, aber auch gefestigter, in sich balancierter Spieler. Vor knapp drei Jahren tauchte Altmaiers Name in einem überraschenden Zusammenhang auf, da hatte ihm das internationale TV-Netzwerk Sky Sport ein ungewöhnliches Stipendium zur Finanzierung seiner künftigen Karriere verliehen. Sky begleitete den Teenager dann auch auf seinem weiteren Weg, aber dieser Weg verlief ganz anders, viel schwieriger nämlich, als es sich alle Beteiligten vorgestellt hatten.

2020 wollte Altmaier, so hatte er 2017 als Ziel ausgemacht, bei den Olympischen Spielen in Tokio an den Start gehen und unter den Top 100 der Weltrangliste stehen. Dann aber wurde 2018 zum Horrorjahr für den aufstrebenden Junior, er war ein ums andere Mal verletzt, es gab Probleme mit der Bauchmuskulatur, die Schulter war angeschlagen. Altmaier hatte plötzlich nur noch einen Plan, ein Vorhaben: Nicht Weltranglistenpunkte sammeln, an die Spitze heranrücken, „sondern einfach nur gesund werden.“ Die Comeback-Mission war indes langwierig, zäh, herausfordernd, immer wieder musste Altmaier mit Rückschlägen fertigwerden. Zuletzt auch mit dem Rückschlag der Corona-Krise, die seine Mission jäh stoppte.

"Dann wirst du irgendwann erfolgreich sein"

Zwei Eigenschaften, die Altmaier für sein geliebtes Hobby Angeln „zwingend“ braucht, halfen ihm auf dem langen Marsch zurück: Ruhe und Geduld. Er habe den Glaube an sich selbst, an seine Kräfte und Fähigkeiten, „nie verloren“, sagt Altmaier: „Es ist ganz einfach: Wenn du deine Arbeit richtig machst, mit Wille, Leidenschaft und Überzeugung, wirst du irgendwann erfolgreich sein.“

Könnten die French Open 2020 nun den Durchbruch markieren für Altmaier? In jedem Fall wird er in der Weltrangliste (aktuell: 186) näher an die Top 100 heranrücken, an sein altes Ziel. Immerhin hat er schon vier Spiele im nasskalten, herbstlichen Paris gewonnen, drei schwere Qualifikationspartien und nun das Duell gegen Altmeister Lopez. Vielleicht habe die Pandemie auch ihr Gutes gehabt, sagt Altmaier, jedenfalls habe er die Spielpause daheim am Niederrhein mit Coach Patrice Hopfe entschlossen genutzt, „um wirklich richtig fit zu werden“: „Körperlich fühle ich mich so gut wie nie.“

2019 und auch im Rumpfjahr 2020 war Altmaier fast nur auf den kleineren Szene-Schauplätzen unterwegs, bei Future- oder Challengerwettbewerben. Dort holte er sich aber auch erfolgreich die nötige Matchhärte gegen grimmige Konkurrenten, die wie er auf den Vorstoß ins große Tennis-Business schielen. Altmaiers Zeit im Wanderzirkus der Topleute könnte nun erst noch kommen, er hat mit seinen 22 Jahren die Zukunft vor sich. Aber im Hier und Jetzt will er erst mal seine Pariser Grand-Slam-Reise fortsetzen und verlängern, gegen Landsmann Struff.

von Jörg Allmeroth

Mittwoch
30.09.2020, 09:25 Uhr
zuletzt bearbeitet: 30.09.2020, 08:09 Uhr