French Open: Pressekonferenzen in Paris - Blamagen und die Zverev-Frage
Die langen Tage in Paris hinterlassen Spuren. Bei allen Beteiligten. Das lässt sich auch an den Fragen bei den Pressegesprächen nach den Matches ablesen.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
04.06.2019, 21:28 Uhr

Von Jens Huiber aus Paris
Pressekonferenzen bei Tennis-Turnieren (und sicherlich auch bei anderen Sportveranstaltungen) sind eine Medaille mit zwei Seiten. Mindestens. Solange der oder die Athletin nicht aus dem englischsprachigen Raum kommt. Dazu gleich mehr. Nehmen wir zunächst einmal zur Demonstration Angelique Kerber, Alexander Zverev oder Dominic Thiem, wenn sie nach ihren Matches Rede und Antwort stehen (müssen). Dann werden zuerst die internationalen Medien bedient, die deutschsprachigen dürfen sich danach schlau machen.
Dies führt in der Regel dazu, dass die Gespräche inhaltlich auf zwei Ebenen stattfinden: Während die Reporterin einer Münchner Tageszeitung sich mit dem Werdegang von Zverev berufsbedingt jahrelang auseinandergesetzt hat, macht der italienische Kollege der deutschen Nummer eins nur dann seine Aufwartung, wenn ein Match gegen Fabio Fognini ansteht. Was alle Nationen betrifft, natürlich auch umgekehrt.
Frau Barty spricht über Cricket
Aus ganz subjektiver Sicht ist es für die deutschsprachigen Journalisten immer wieder spannend, wie lange es dauert, bis Alexander Zverev im englischen Teil der PK jene Frage gestellt bekommt, die die Wichtigkeit seines Bruders für seine Karriere beleuchten soll. Diese kommt zuverlässig und zählt zu den Highlights im Tennisleben der deutschen Nummer eins. Zverev verweist dann immer noch höflich, aber zuletzt immer bestimmter auf die Protokolle so ziemlich jedes Grand-Slam-Turniers, bei dem er eben diese Frage schon beantwortet hat. Die deutsche Fraktion schweigt indes betreten.
Aber: umgekehrt ist es ja kaum weniger lustig. Zunächst macht der Autor dieser Zeilen Ashleigh Barty seine Aufwartung. Sechs Personen sind im Interview Room 2, davon fünf Australier. Ash ist gut drauf, das Gespräch kommt schnell auf Cricket, die gewohnt brillante tennisnet-Frage beantwortet Barty erschöpfend und sehr nett.
Fräulein Anisimova ist ausgewachsen
Das allerdings führt nun zu Übermut. Und also wagt sich der Autor in das Pressegespräch mit Amanda Anisimova, spät am Montagabend. Es läuft gut, auch wenn der polnische Kollege seine eigentlich sehr fein vorgetragene Frage noch einmal formulieren muss. Einer darf noch, also hebt tennisnet-vor-Ort die Hand und erkundigt sich, wie sehr Fräulein Anisimova denn während der letzten zwölf Monate gewachsen sei. Woraufhin die gesamte US-amerikanische Journaille ob dieser blamablen Nachfrage in sich zusammenfällt. Weiß doch jeder, wirklich jeder, dass Amanda seit ihrem 15. Geburtstag keinen Millimeter mehr gewachsen ist.
Wie ein geprügelter Hund also verlässt der eben bloßgestellte Ignorant den Interview Room 1, die entgeisterten Blicke der Amerikaner bohren sich wie Pfeile in den Rücken. Vielleicht ist ja doch was dran an dieser Mischa-war-für-mich-wichtig-Frage an Sascha Zverev. Die nächste PK kommt bestimmt. Mal nachhaken.
