Zehn denkwürdige Herren-Matches in Roland Garros
Wir präsentieren zehn hochklassige Partien, die in der Herrenkonkurrenz bei den French Open gespielt wurden.
von Christian Albrecht Barschel
zuletzt bearbeitet:
20.05.2014, 08:37 Uhr

Von Christian Albrecht Barschel
Zehn denkwürdige Endspiele bei den French Open , darunter fünf bei den Herren, haben wir bereits vorgestellt. Nun präsentieren wir zehn denkwürdige Herren-Matches bei den French Open , die vor dem Finale stattgefunden haben.
Michael Chang - Ivan Lendl 4:6, 4:6, 6:3, 6:3, 6:3 - Achtelfinale 1989
Mit dem Namen Michael Chang verbinden die meisten ein ganz besonderes Tennismatch. Es war das Achtelfinale der French Open im Jahr 1989. Der Sohn taiwanesischer Eltern stand dem Weltranglisten-Ersten Ivan Lendl gegenüber. Der US-Amerikaner war gerade einmal 17 Jahre alt und kämpfte bis zum Umfallen. Auch nach einem 0:2-Satzrückstand gab Chang nie auf und spielte sich mit seiner unorthodoxen Spielweise zurück in die Partie. Im entscheidenden fünften Satz konnte er sich von Krämpfen geplagt kaum noch auf den Beinen halten und brachte Lendl mit Mondbällen und Aufschlägen von unten zur Weißglut . Chang gewann schließlich das historische Match und fand sich einige Tage später im Finale wieder. Dort ging es gegen Stefan Edberg, den der "kleine Riese" ebenfalls niederrang. Somit wurde Chang der bislang jüngste Grand-Slam-Sieger aller Zeiten - mit 17 Jahren und 110 Tagen. "Diese zwei Wochen in Paris waren ein großer Spaß, die beste Zeit meines Lebens und werden für den Rest meines Lebens bleiben. Vielleicht werde ich eines Tages noch etwas Größeres erreichen", meinte Chang, der damit aber nicht Recht behielt. Es sollte der einzige Grand-Slam-Titel von ihm bleiben.
Pete Sampras - Jim Courier 6:7 (4), 4:6, 6:4, 6:4, 6:4 - Viertelfinale 1996
13-mal trat Pete Sampras an, um den Titel bei den French Open zu gewinnen. Die Trophäe in Paris fehlt "Pistol Pete" in seiner Sammlung. Am weitesten kam Sampras im Jahr 1996, als er das Halbfinale erreichte. Auf dem Weg dorthin schaltete der US-Amerikaner im Viertelfinale seinen Landsmann Jim Courier , zweifacher Sieger bei den French Open, aus. Nach 0:2-Satzrückstand setzte sich Sampras durch. Bei 1:2-Rückstand und 15:40 machte "Pistol Pete" seinem Namen alle Ehre. Der US-Amerikaner schlug zunächst ein Ass. Danach folgte der erste Aufschlag, der im Aus landete - Schlägerwechsel, Ass und zweiter Breakball abgewehrt. Obwohl Sampras müde und angeschlagen wirkte, brachte er das Match nach Hause. "Dieser Kerl liegt schon im Grab und serviert mit 190 Kilometer pro Stunde", schrie Courier. Im Halbfinale gegen den späteren Sieger Yevgeny Kafelnikov hatte Sampras keine Chance und musste seinen Traum vom French-Open-Titel ein weiteres Mal begraben.
Andy Roddick - Michael Chang 5:7, 6:3, 6:4, 6:7 (5), 7:5 - 2. Runde 2001
Michael Chang erlebte zwölf Jahre später das, was Ivan Lendl widerfahren war. Der US-Amerikaner verlor gegen einen über zehn Jahre jüngeren Gegner, der sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Andy Roddick , damals 18 Jahre alt, war von Krämpfen geplagt und spielte gegen seinen Landsmann das beste Match seiner noch jungen Karriere. 37 Asse feuerte "A-Rod" ins Feld von Chang, was damals Rekord bei einem Match bei den French Open war. Nachdem Roddick nach 3:50 Stunden seine Heldentat vollbracht hatte, zerriss er sein Hemd in zwei Teile und warf sein Käppi ins Publikum. "Die Krämpfe haben in meinen Händen begonnen, gingen in meine Waden, in die Leiste, überall hin. Ich habe vorher noch nie fünf Sätze gespielt, wahrscheinlich nicht mal länger als zweieinhalb Stunden. Ich war so erleichtert. Diese Momente kann man nicht erklären. Ich hätte heulen können. Gleichzeitig wollte ich schreien und brüllen. Dafür spiele ich Tennis. Man spielt nicht dreieinhalb Stunden, um sich dann hinzulegen und zu sterben", sagte Roddick.
Gustavo Kuerten - Michael Russell 3:6, 4:6, 7:6 (3), 6:3, 6:1 - Achtelfinale 2001
Mit dieser Szene zeigte Gustavo Kuerten dem Pariser Publikum seine Liebe. Nachdem der Brasilianer im Achtelfinale den US-amerikanischen Qualifikanten Michael Russell besiegt hatte, zeichnete er mit seinem Schläger ein Herz in den roten Sand, legte sich in dieses und warf dem Publikum Küsse zu. "Ich musste viel kämpfen, um es so weit zu schaffen. Ich liebe diese Herausforderungen, die immer vor mir liegen. Heute war besonders. Es war vielleicht eines der größten Gefühle, die ich je auf dem Tennisplatz hatte", sagte Kuerten nach seinem Sieg. Bei 3:5-Rückstand im dritten Satz hatte der Brasilianer einen Matchball gegen sich. Nach einer 26-Schläge-Rally wehrte Kuerten diesen mit einem Vorhand-Winner ab und gewann noch das Match. Eine Woche später stand "Guga" als French-Open-Sieger da - zum dritten und letzten Mal.
Fabrice Santoto - Arnaud Clement 6:4, 6:3, 5:7, 3:6, 16:14 - 1. Runde 2004
Ein Match über zwei Tage und 6:33 Stunden lieferten sich Fabrice Santoro und Arnaud Clement . Die beiden Franzosen spielten 2004 bei ihrem Heim-Grand-Slam, den French Open in Paris, ein episches Duell in der ersten Runde. Das Match wurde nach 4:38 Stunden Spielzeit beim Stand von 5:5 im fünften Satz wegen Dunkelheit abgebrochen. Kurz zuvor hatte Clement bei 5:4 einen Matchball vergeben. Am darauffolgenden Tag standen die beiden Franzosen knapp zwei Stunden auf dem Platz. Santoro wehrte bei 13:14 einen weiteren Matchball ab und ging schließlich als Sieger hervor. "Ich war dicht dran an der Niederlage, es ist ein Wunder. Ich habe versucht, bei den wichtigen Punkten entspannt zu bleiben. Und wenn das tatsächlich so aussah, habe ich einen guten Job gemacht, weil es sehr angespannt war", sagte Santoro hinterher. Die beiden Franzosen stellten zum damaligen Zeitpunkt einen neuen Rekord für das längste Tennismatch auf. "Das interessiert mich nicht. Was bekomme ich? Eine Medaille? Es gibt morgen vielleicht ein noch längeres Match. Ich spiele nicht Tennis, um so viel Zeit wie möglich, auf dem Platz zu verbringen", war Clement nach seiner Niederlage bedient.
Robin Söderling - Rafael Nadal 6:2, 7:6 (2), 4:6, 7:6 (2) - Achtelfinale 2009
Der 31. Mai 2009 ist ein geschichtsträchtiger Tag im Tennis. Denn an diesem Tag ereignete sich die bislang einzige Niederlage von Rafael Nadal bei den French Open. Nach exakt drei Stunden verwandelte Robin Söderling seinen zweiten Matchball. "Das ist der größte Sieg meiner Karriere", sagte Söderling und kämpfte mit den Tränen. Die Zuschauer im Stade Roland Garros waren vermehrt auf Seiten des Außenseiters aus Schweden und feuerten diesen mit lauten "Robin, Robin"-Sprechchören an. Fünf Jahre nach dem Erfolg von Söderling bleibt festzuhalten, dass dieser Sieg nach vier weiteren French-Open-Titeln von Nadal in den folgenden Jahren umso größer einzustufen ist. "Ich habe sicher nicht mein bestes Tennis gespielt. Natürlich bin ich im Moment enttäuscht, aber die Saison geht weiter. Ich muss die Niederlage akzeptieren", sagte Nadal. Söderling erreichte nach dem Coup gegen den Spanier sein erstes Grand-Slam-Endspiel und verlor dort gegen Roger Federer.
Roger Federer - Novak Djokovic 7:6 (5), 6:3, 3:6, 7:6 (5) - Halbfinale 2011
43 Spiele in Folge hatte Novak Djokovic in Folge gewonnen, im Jahr 2011 war der Serbe sogar noch ungeschlagen - bis Roger Federer kam. Der Schweizer stoppte bei den French Open den phänomenalen Erfolgslauf von Djokovic und verhinderte mit einem Sieg im hochklassigen Halbfinale, dass der "Djoker" seinen Traum vom ersten French-Open-Titel begraben musste. Nur zwei Spieler im Herrentennis haben eine längere Siegesserie vorzuweisen als Djokovic. Guillermo Vilas, der von Juli bis September 1977 46 Spiele in Folge gewann und Ivan Lendl, der von September 1981 bis Februar 1982 in 44 Spielen in Folge ungeschlagen blieb. Dass Djokovic sich in dieser Liste nicht an die Spitze setzte, lag vor allem an Federer, der mit starkem Sandplatztennis in sein fünftes French-Open-Finale einzog. Bei einem Sieg gegen Federer und dem Einzug ins Endspiel der French Open wäre Djokovic zum ersten Mal die Nummer eins der Weltrangliste geworden. Das holte der Serbe einige Wochen später nach, indem er den Titel in Wimbledon gewann.
Paul-Henri Mathieu - John Isner 6:7 (2), 6:4, 6:4, 3:6, 18:16 - 2. Runde 2012
Wer Matches mit John Isner verfolgt, der kann sich sicher sein, dass es meistens dramatisch zugeht. In der zweiten Runde der French Open im Jahr 2012 spielte der US-Amerikaner ein episches Match. Und so wie schon in der erste Runde beim Wimbledonturnier 2010 gegen Nicolas Mahut duellierte sich Isner wieder gegen einen Franzosen. Paul-Henri Mathieu lieferte dem US-Amerikaner einen packenden Kampf und setzte sich nach 5:41 Stunden Spielzeit kurz vor Einbruch der Dunkelheit durch. Es war das zweitlängste Match in der Geschichte der French Open. Der fünfte Satz entwickelte sich zu einem Klassiker. Isner schlug immer wieder gegen den Matchverlust auf. Bei 10:11 wehrte er drei Matchbälle ab, bei 14:15 zwei weitere. Letztendlich war es der siebte Matchball, der Mathieu den Sieg brachte. Während Isner hinterher sagte, dass er nicht an das Wimbledon-Match gegen Mahut denken musste, hatte Mathieu diese Gedanken im Kopf. "Ich habe Nicolas vorher gefragt, wohin Isner bei Breakbällen gerne serviert, und er sagte mir: ‚Überall hin.' Ich sagte daraufhin: ‚Machst du Witze? Du hast 12- bis 15 Stunden gegen ihn gespielt. Es muss eine Stelle geben, wohin er häufiger serviert.' Und er sagte daraufhin: ‚Nein.'"
Tommy Haas - John Isner 7:5, 7:6 (4), 4:6, 6:7 (10), 10:8 - 3. Runde 2013
Tommy Haas und John Isner boten im Drittrundenmatch der French Open 2013 den Zuschauern eine Achterbahn der Gefühle. Im vierten Satz hatte Haas bei 6:5-Führung und Aufschlag Isner insgesamt neun Matchbälle ausgelassen. Im anschließenden Tiebreak hatte der Deutsche drei weitere Matchbälle. Bei seinem einzigen Matchball bei eigenem Aufschlag servierte Haas ausgerechnet einen Doppelfehler. Nach dem Satzausgleich durch Isner schien Haas mit den Nerven und Kräften am Ende. Der US-Amerikaner schaffte ein frühes Break zum 2:0. Doch der Deutsche gab nicht auf, glich zum 4:4 aus, wehrte bei 4:5 selbst einen Matchball ab und verwandelte schließlich nach 4:37 Stunden seinen 13. Matchball zum Einzug ins Achtelfinale. "Ich war bei einem großen Match dabei. Leider musste einer verlieren. Für mich wäre das nach den vielen Chancen enttäuschender gewesen. Es war eine große Achterbahnfahrt und wird eines der besten Matches sein, um sich später daran zu erinnern", sagte Haas. Isner war nach der Niederlage todtraurig. "Rückblickend hätte ich wohl lieber in drei Sätzen verloren. Mir geht es jetzt ziemlich furchtbar", sagte Isner.
Rafael Nadal - Novak Djokovic 6:4, 3:6, 6:1, 6:7 (3), 9:7 - Halbfinale 2013
Über diese Szene hat Novak Djokovic sicherlich lange nachgedacht. Im Halbfinale der French Open 2013 führte der Serbe gegen den in Paris nahezu unschlagbar scheinenden Rafael Nadal bei eigenem Aufschlag mit 4:3 im fünften Satz. Beim Spielstand Einstand unterlief Djokovic ein folgenschwerer Fehler, als er einen Schmetterball zwar ins Feld spielte, aber dennoch nicht den Punkt zugesprochen bekam, weil er beim Schmettern das Netz berührt hatte. Anstatt Vorteil Djokovic hieß es Vorteil Nadal. Zwar schaffte der Spanier beim nächsten Punkt nicht das Break, aber dennoch hieß es wenig später 4:4. Nadal gewann das Match nach 4:37 Stunden Spielzeit und zwei Tage später schließlich auch seinen achten French-Open-Titel. Dabei schien das Match schon gelaufen, als Nadal bei 6:5-Führung und eigenem Aufschlag nur zwei Punkte vom Sieg entfernt war. Bis zu verheerenden Szene im fünften Satz hat es dann nach der erst zweiten Niederlage von Nadal bei den French Open ausgesehen.