„Go, Andy!“: Murray mausert sich zum Publikumsliebling in Stuttgart

Andy Murray (ATP-Nr. 68) hat das Gespür für Gras - und begeistert die Zuschauer am Weissenhof. Er gibt sich jedoch bescheiden.

von Florian Goosmann aus Stuttgart
zuletzt bearbeitet: 11.06.2022, 14:29 Uhr

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Andy Murray
© Getty Images
Andy Murray

Andy Murray gab sich als Mann des Understatement. Nach seinem Sieg über Stefanos Tsitsipas feierte ihn das Stuttgarter Publikum aus vollem Herzen – und eine Gruppe Fans insbesondere. „Die haben ein paar Becher Bier in der Hand, die haben einfach Spaß“, versuchte es Andy Murray im On-Court-Gespräch zu erklären, aber Sascha Bandermann ließ das nicht gelten. „Ich glaube nicht, dass das der Grund ist.“/

Es war allenfalls ein Mit-Grund. Denn Murray, der bislang immer die Rasenturniere in England denen in Deutschland vorgezogen hat, dürfte sich in Stuttgart herrlich heimisch fühlen. „Go Andy“, es war der Ruf, der am häufigsten erklang am Freitagnachmittag am Center Court, aus allen Richtungen. (Im Zweifel auch: von Andy Murray selbst.)

Es war freilich nichts gegen Stefanos Tsitsipas, nominell die Hauptattraktion am Weissenhof. Aber Murray ist nun mal Murray, Teil der „Big Four“ um Federer, Nadal und Djokovic, die sich irgendwann in naher Zukunft dann doch mal vom Tennis verabschieden müssen, weil gegen den Zahn der Zeit auch die beste Vorhand und das beste Streching nichts hilft.

Murray nutzt die Margen

Murray zeigte eine tadellose Leistung an diesem sonnigen Freitagnachmittag gegen Tsitsipas, den Weltranglisten-Fünften, der im ersten Satz eigentlich souveräner gewirkt hatte, stark aufschlug und dem zweifachen Wimbledonchamp (2013, 2016) nur wenig gestattete. Aber die Margen im Tennis, speziell auf schnellem Rasen wie in Stuttgart, sind nun mal verdammt klein. Wie die beiden entscheidenden Bälle im ersten Satz zeigten: Tsitsipas hatte Satzball beim 6:5 und bretterte einen Return lang auf die Grundlinie (man wähnte ihn fast im Aus), Murray bekam gerade so noch die Kontrolle darüber und setzte seinerseits die Kugel auf die kurze Seitenlinie, machte den Punkt und blieb im Satz. Und im Tiebreak: Waren beide hochkonzentriert am Werk, das einzige Minibrak gelang Murray dank eines Netzrollers.

Der Sieg über Tsitsipas, er war der erste gegen einen Top-5-Spieler seit 2016 für Murray, der zwischen 2017 und 2019 eine lange Leidenszeit hinter sich hatte, am Ende mit einem Beinahe-Karriere-Aus und nun mit einem künstlichen Hüftgelenk ausgestattet. Was seinem Gespür für Gras freilich keinen Abbruch tut.

Murray, mittlerweile 35 Jährchen alt, ist ein Fuchs, wenn es auf den Rasen geht, speziell auf den schnelleren hier in Stuttgart. Und auch wenn er zwischen den Ballwechseln so hölzern läuft wie eh und je (auch schon mit 20), bewegt er sich im Ballwechsel wie eine schottische Gazelle. Der Passierschlag zum entscheidenden Break im zweiten Durchgang: ein Traum, eine Erinnerung an den alten Murray, also den jungen.

Andy Murray: "Leute im Publikum sorgen dafür, dass der Sport Spaß macht"

„Es war eine großartige Atmosphäre, viele Leute im Publikum genießen das Tennis“, bestätigte Murray in der Pressekonferenz. „Das ist einer der Hauptgründe, warum ich noch spiele.“ Generell aber wollte Murray nicht zu viel auf sich beziehen und spannte den Bogen über die letzten Jahre, in denen man viel ohne Zuschauer spielen musste. Nicht nur er, sondern wohl alle Spieler würdigten das Publikum mehr nach der Pandemie, so Murray, der sich an das Corona-Turnier in Köln erinnerte, als man dankbar war, überhaupt spielen zu können, aber eben ohne Leute vor Ort. „Niemand war da, und das ist nicht dasselbe. Die Leute im Publikum sorgen dafür, dass der Sport Spaß macht. Dafür spielen wir.“

Das Stuttgarter Publikum jedenfalls wird heute wohl mindestens genauso gut drauf sein, neben der Partie zwischen Oscar Otte und Matteo Berrettini spielen dann nämlich auch Murray und Nick Kyrgios gegeneinander – zwei Könner auf Rasen. „Nick schlägt unglaublich gut auf und liebt es, auf Gras zu spielen“, blickte Murray voraus. „Wenn Nick motiviert ist, was normalerweise während der Rasenzeit der Fall ist, dann ist er ohne Frage einer der besten Rasenspieler der Welt. Das wird nicht einfach.“

Nicht einfach, aber fürs Publikum wohl: ein weiteres Tennisfest.

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von Florian Goosmann aus Stuttgart

Samstag
11.06.2022, 08:04 Uhr
zuletzt bearbeitet: 11.06.2022, 14:29 Uhr

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