"Bin erwachsen geworden"

Die Nordhornerin spricht im Interview über ihr enttäuschend verlaufendes Jahr 2010, ihre Ziele und den neuen, alten Trainer.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 15.12.2010, 17:05 Uhr

Von Nils Lehnebach

Anna-Lena Grönefeld ist mal die größte deutsche Tennishoffnung nach Steffi Graf und Anke Huber gewesen. Bis auf Position 14 spielte sich die Rechtshänderin vor. Das war vor vier Jahren. Danach, auch verursacht durch die dramatische Trennung von ihrem langjährigen Coach Rafael Font de Mora, stürzte sie in der Weltrangliste aus den Top 400 heraus, Gewichtsprobleme kamen hinzu. Mit Dirk Dier wagte sie einen Neuanfang und kehrte in der Weltrangliste wieder unter die besten 50 zurück. Nach einem Ermüdungsbruch in diesem Jahr ist Grönefeld mittlerweile wieder auf Platz 166 zurückgefallen. Im Interview mit tennisnet.com spricht die 24-Jährige über den zweiten Neuanfang, ihre schwere Zeit und darüber, warum Dirk Dier nach einer kurzen Trennung wieder ihr Trainer ist.

Frau Grönefeld, trotz der Tatsache, dass derzeit eigentlich Off-Season ist, sind Sie viel unterwegs. Anfang Dezember waren Sie bei einer Trainerfortbildung in Göttingen, dann ein paar Tage mit Mark Knowles auf den Bahamas und am Wochenende haben Sie Liga in Frankreich gespielt. Was steht als nächstes im Terminplan?


Am Freitag bin ich auf einer Charity-Veranstaltung von Andrea Sawatzki in Frankfurt und fahre schon morgen hin, um noch mit Andrea Petkovic zu trainieren. In der nächsten Woche gehe ich dann über Weihnachten nach Nordhorn zu meinen Eltern, um am 27. Dezember nach Neuseeland zu fliegen.

Bei so vielen Terminen, ist dabei eine reguläre Saisonvorbereitung noch möglich?

Auf jeden Fall. Ich war ja immer eher am Wochenende unterwegs gewesen und habe während der Woche gut trainiert. Das ist bisher gut gelaufen und geht diese Woche noch weiter.

Wieweit ist die Saisonplanung für 2011 schon gemacht. Spielen Sie die Qualifikation bei den Australian Open?

Ich werde in Auckland und Hobart spielen und dann bei den Australien Open. Für die Zeit danach habe ich noch nicht geplant, weil es mit meiner Ranglistenposition derzeit etwas schwierig ist. Wir werden dann kurzfristig schauen, was wir machen.

Der Februar könnte ein entscheidender Monat für Sie werden. Er beginnt mit dem Fed-Cup-Spiel gegen Slowenien. Glauben Sie, dass Sie dabei sind?

Ich stehe im regelmäßigen Kontakt mit Barbara Rittner und denke, dass ich gute Chancen habe, nominiert zu werden. Ich habe immer gut gespielt im Fed Cup und gerade im Doppel hat es mit Julia Görges gut geklappt. Die Hoffnungen sind da, weil es immer ein Riesenspaß ist. Aber letztendlich kann ich nur abwarten und versuchen in Australien mit gutem Tennis zu überzeugen.

Dabei wäre ein Einsatz im Doppel wahrscheinlicher?

Zum jetzigen Zeitpunkt schon. Andrea Petkovic und Julia Görges spielen im Moment sehr gut und werden deshalb im Einzel vorgezogen. Mal abwarten, was in Australien passiert. Letztlich versuche ich natürlich auch im Einzel zu spielen, wenn ich dabei bin. Aber es liegt in Barbaras Händen.

Zuletzt waren Sie vorwiegend im Doppel erfolgreich. Warum lief es im Einzel nicht mehr so gut?

Das Jahr war nicht so einfach. Es hat gut angefangen, aber dann wurde ich durch die Verletzung zurückgeworfen. Es hat vier Monate gedauert, bis ich wieder spielen konnte und man braucht ungefähr doppelt so lange, um wieder da zu sein, wo man vorher war. Dazu habe ich mich kurz von meinem Trainer getrennt, aber jetzt bin ich wieder bereit zum Angriff.

Sie trainieren seit Oktober wieder mit Dirk Dier. Wie kam es zu der Wiederaufnahme der Partnerschaft?

Ich war zwei Monate alleine unterwegs und habe mich nach Trainern umgehört, mit denen ich arbeiten könnte. Dazu kommen auch einige Coaches auf einen zu, aber es ist nicht einfach, jemanden zu finden, dem man vertraut. Wir beide haben die Zeit genutzt zum Nachdenken und gemerkt, was wir aneinander haben. Wir können es uns beide schwer vorstellen mit jemand anderem groß auf Reisen zu gehen und uns deshalb entschlossen, wieder zusammen zu arbeiten.

Was wollen Sie zusammen mit ihm erreichen?

Das erste Ziel ist es, zurück unter die Top 100 zu kommen. Ich will mich wieder wohl auf dem Platz fühlen, weil das Spiel dann automatisch besser wird. Es ist gut zu wissen, dass man jemand bei sich hat, der einen so gut kennt. Durch unsere vierjährige Zusammenarbeit haben wir volles Vertrauen ineinander.

Trauen Sie sich eine Rückkehr unter die Top 50 zu?

Auf jeden Fall, das ist mein Ziel. Ich habe es schon ein Mal geschafft, von weit hinten vorzukommen und bin von den spielerischen Fähigkeiten auf jeden Fall oben dabei. Jetzt muss ich ein bisschen Geduld haben und weiter an mir arbeiten. Ich glaube, dass ich das noch mal schaffe.

Wie haben Sie die Kritik von Barbara Rittner bezüglich ihres körperlichen Zustandes aufgenommen? Verletzt einen das, wenn sie so was auf ihrer Homepage schreibt?

Ich wusste gar nicht, dass sie das auf ihrer Homepage geschrieben hat. Aber natürlich sprechen wir über das Thema und ich weiß es ja selber auch. Nun habe ich viel daran gearbeitet und fühle mich wieder gut. Aber mit dem Thema wurde ich schon öfters konfrontiert, man muss einfach versuchen, sein eigenes Ding zu machen.

Konnten Sie denn Ihren körperlichen Zustand deutlich verbessern?

Ich habe in den letzten Wochen sehr gut gearbeitet und fühle mich fit. Wie gut ich in Form bin, wird man letztendlich auf dem Platz sehen. Natürlich wird über das Thema viel geschrieben und viel reininterpretiert. Ich kann dazu nur sagen: Ich fühle mich gut, bin auf einem guten Weg und muss es jetzt auf dem Platz zeigen.

Glauben Sie, dass Ihre immer wieder aufkommenden Fitness-Probleme noch Nachwirkungen von der Zusammenarbeit mit Ihrem alten Trainer Font de Mora sind?

Das kann sein, aber ich habe das Thema abgeschlossen und möchte nicht mehr drüber reden. Ich konzentriere mich aufs Jetzt und mache mir keine Gedanken mehr darüber.

Nach dem Fed Cup ist der Februar noch nicht zu Ende. Sie müssen in Dubai auch noch knapp die Hälfte Ihrer Weltranglistenpunkte verteidigen. Befürchten Sie ein weiteres Abrutschen in der Weltrangliste?

Ich denke im Moment nicht an die Weltrangliste und habe danach vier Monate nichts zu verteidigen. Letztlich kann man Punkte nur gewinnen und nicht verlieren. Ich mache mir keine großen Gedanken darüber und selbst wenn ich noch mal zurückfalle, werde ich danach wieder hochkommen.

Sind Sie vom Kopf her schon bereit, bei kleineren Turnieren zu starten?

Auf jeden Fall. Ich habe das ja schon mal durchgemacht und weiß, wie das ist. Ich bin dazu bereit und wenn man gut spielt, ist die Zeit ja relativ kurz.

Was unterscheidet die Anna-Lena Grönefeld von 2006, mit Weltranglisten-Position 14, von der von heute?

Das ist schwer zu sagen. Es war damals ein ganz anderer Zeitpunkt in meiner Karriere, ich war ein ganz anderer Mensch. Mittlerweile habe ich mich weiterentwickelt, bin erwachsen geworden. So etwas kann man nicht vergleichen.

Sie haben zuletzt ein paar Tage mit Mark Knowles auf den Bahamas verbracht. Erinnert man sich dabei wieder an alte Erfolge, den Mixed-Titel in Wimbledon 2009 oder an das French-Open-Viertelfinale 2006?

Ja, klar. Immer wenn ich Mark sehe haben wir viel Spaß und werden an 2009 erinnert. Wir haben immer gut zusammengespielt und werden das in der Zukunft weiter machen. Aber man hat immer irgendwelche Erinnerungen, wenn man an einen Ort kommt und muss versuchen, neue mitnehmen um diese dann wieder genießen zu können.

Was lösen diese Gedanken in Ihnen aus? Wecken Sie eine Gier, da wieder hinzukommen? Oder ist das Erreichte eine Belastung?

Eine Belastung ist das überhaupt nicht. Jeder ist individuell Stolz auf seine Erfolge, jeder denkt gerne zurück und jeder möchte das gleiche noch mal erreichen um noch mehr Erinnerungen zu bekommen. Ich sehe darin eher Anreiz als Druck. Wenn ich mir die Erfolge durch den Kopf gehen lasse, geht’s mir gut.

Sarah Gronert hat angekündigt, dass sie 2011 ihre Karriere beendet, wenn sie nicht unter die besten 150 Spielerinnen der Welt kommt. Haben Sie ähnliche Gedankengänge schon mal gehabt?

Überhaupt nicht, solche Gedanken waren noch nie da. Das hat man mich damals auch schon gefragt als ich ein Dreivierteljahr nicht spielen konnte. So etwas ist mir noch nie durch den Kopf gegangen. Ich wollte immer Tennis spielen und will es noch solange wie ich kann. Danach hat man noch lange genug Zeit für andere Dinge.

Was haben Sie sich sportlich noch für 2011 vorgenommen?

Im Fed Cup ist das Ziel eindeutig der Wiederaufstieg in die Weltgruppe. Wir haben ein sehr gutes Team und können das zusammen schaffen. Für mich persönlich geht es in erster Linie darum, wieder gut zu spielen und sich nach vorne zu arbeiten. Ich habe mein Perspektivziel Top 100, will mich auf dem Platz wohl fühlen und verletzungsfrei Matches spielen. Das ist, nachdem es zuletzt mit den Verletzungen nicht immer einfach war, erst mal das Ziel.

(Foto: J. Hasenkopf)

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Mittwoch
15.12.2010, 17:05 Uhr