"Ich liebe dich, Mann!" Andre Agassi und seine Lobhudelei auf Brad Gilbert

Vor wenigen Tagen wurde Brad Gilbert in die Bay Area Sports Hall of Fame aufgenommen. Die Einführungsrede hielt kein Geringerer als Andre Agassi.

von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet: 20.05.2019, 14:39 Uhr

Andre Agassi, Brad Gilbert
© Getty Images
Andre Agassi, Brad Gilbert

Brad Gilbert hatte Agassi als Coach übernommen, als dieser 1994 aus den Top 30 der Weltrangliste herausgefallen war. Mit Gilbert startete Agassi durch: Im Spätsommer gewann er mit den US Open sein zweites Grand-Slam-Turnier, 1995 wurde er erstmals die Nummer 1 der Welt. Nach einem Absturz bis auf Platz 141 gelang Agassi unter Gilbert ein erneutes Comeback - und im Jahr 1999 mit dem Sieg bei den French Open der "Karriere-Grand-Slam". Am Ende des Jahres stand er erneut an der Weltranglisten-Spitze.

Gilbert vereinfachte die Denkweise des Perfektionisten Agassi oft - und brachte auch die Liaison mit Steffi Graf in Gange. Was Agassi bei seiner Rede zu sagen hatte? Hier ein paar Auszüge.

Über Problemlösung im Tennis

„Brad war einzigartig. Er fand Wege, Probleme zu lösen und zu gewinnen. Er war sehr stolz darauf, schlecht zu spielen und dennoch einen Weg zu finden, um zu gewinnen. Er hat nie wirklich gelernt, wie man den Ball richtig schlägt. Ich bin mir nicht sicher, was härter ist - gegen Brad zu spielen oder ihn spielen sehen. Wenn er gewusst hätte, wie man einen Tennisball schlägt, wäre Federers Rekord in Gefahr. (...)

Er hat mir beigebracht, dass Trainer nicht daran gemessen werden, was sie wissen, sondern daran, was ihre Schüler lernen. Er hat mir beigebracht, dass man im Tennis nicht perfekt sein muss. Man muss nicht einmal gut sein. Man muss nur besser sein als eine Person. Das nennt man Problemlösung. Das nennt man 'einfach'.

Er brachte mir bei, Tennis als Geometrie zu betrachten. Wie spielt man auf die Schwächen des Gegners und vermeidet seine Stärken? Wie spielt man die eigenen Stärken aus und vermeidet seine Schwächen? Er hat mir beigebracht, dass manchmal weniger mehr ist - Einfachheit.

Als ich mal in Cincinnati war, hätte ich einen Kerl verprügeln sollen. Aber ich war verloren und verwirrt. Ich schaute auf und fragte: 'Hast du einen Rat?' Brad antwortete: 'Ja - hör auf, Fehler zu machen.'"

Über Brad Gilberts Optimismus

„Ich war so dankbar für seinen Optimismus... aber manchmal nicht so dankbar für die Art und Weise, wie er diesen Optimismus kommunizierte. Nach einem schlechten Training ging Brad sanft zu mir, legte seine Hand auf meine Schulter und sagte: 'Es tut mir leid, Kumpel. Morgen wird es besser.' Ich fragte: 'Woher weißt du das?' Und er antwortete: 'Ich bin ein Statistik-Typ. Ich schaue auf die Gewinnchancen und weiß, dass du auf keinen Fall schlechter spielen kannst als heute.'"

Über Treue

„Das erste Mal, dass wir zusammen die Nummer 1 erreichten, war eine großartige Reise, aber ich hatte viele Dämonen. Ich war nicht sehr zufrieden mit dem, was die Welt Erfolg nannte. Dies führte mich auf eine zweijährige, selbstverschuldete Reise von Nr. 1 nach Nr. 141 mit einer Ehe, die im Alter von 28 Jahren in Richtung Scheidung geführt hat. Kein Coach, der bei klarem Verstand ist, würde in diesem Abschwung jemanden mitnehmen und das mit ihm durchmachen. Aber Brad glaubte an mich und sein Glaube gab mir den Glauben, den Wunsch und die Hoffnung, dass ich vielleicht, obwohl ich mein Leben nicht gewählt hatte, es zu meinem machen und von vorne anfangen könnte."

Über den Sieg bei den French Open 1999

„Nach zwei Jahren standen wir im Finale der French Open 1999 - der Grand Slam, den ich zehn Jahre zuvor hätte gewinnen sollen, und der einzige Slam, den ich nie gewonnen hätte. Ich war der hohe Favorit (gegen Andrei Medvedev, Anm. d. Red.) und wusste, dass ich diese Gelegenheit nie wieder haben würde. Ich hatte solche Angst und wusste nicht, was ich tun sollte. Nach 47 Minuten lag ich 6:2, 6:1 zurück. Ich war verloren - ein Reh im Scheinwerferlicht eingefroren. Dann gab es eine göttliche Intervention: Regen kam. Die Umkleidekabine war so dreckig, es stank und alle sprachen alles außer Englisch, weil die Amerikaner nicht auf Sand spielen können.

Es war so still - ich dachte, alles wäre verloren. Ich schaute auf und fragte: 'Wirklich Brad, wirst du auf diesen Moment warten, um endlich die Klappe zu halten?' (...)

Dann ging Brad zu einem Schließfach und knallte es so fest zu, dass es zerbrach. Er sagte: 'Was zum Teufel soll ich sagen? Du bist der Einzige auf dem Platz, der etwas Besonderes kann. Du musst nur besser sein als eine Person. Willst du wirklich, dass ich dir sage, dass du nicht besser als diese Person bist?' Brad fuhr fort: 'Du warst oben, du warst unten, ich habe deine Seite nie verlassen. Du spielst dieses Turnier zu deinen Bedingungen, spielst um zu gewinnen! Schlägst deine Bälle. Ich werde das für dich vereinfachen: Wenn er dort drüben den Ball schlägt, ist eine großartige Idee: laufen! Wo auch immer er ist, spiele den Ball dort nicht hin. Du gehst zurück und spielst zu deinen Bedingungen. Deine Träume sind in deinen Händen und wir werden sie mit feuernden Waffen angehen und es so tun, wie wir es von Anfang an getan haben.'"

Über seine Ehe mit Steffi Graf

„Dein Glaube an mich schenkte mir die zweite Hälfte meiner Karriere und das half mir, meine schöne Frau zu finden. Aufgrund deiner Anleitung haben wir sie auch dazu gebracht, 'Ja' zu sagen. Und wir haben zwei schöne Kinder großgezogen. Ich war also der Nutznießer des Glaubens, den du mir immer entgegengebracht hast. Ich liebe dich wie einen Bruder. Ich kann dir nicht genug für alles danken, was du getan hast - und ich kann es dir niemals zurückzahlen. Ich liebe dich, Mann!"

Die gesamte Rede von Andre Agassi findet ihr hier!

von Florian Goosmann

Montag
20.05.2019, 16:15 Uhr
zuletzt bearbeitet: 20.05.2019, 14:39 Uhr