Janina Toljan exklusiv – „Ich habe schon ein bisserl einen Vogel gehabt“
Die Doppelsiegerin des Damenturniers beim UTC La Ville sieht ihre Zeiten als Vollzeit-Tennisprofi mit etwas Abstand nachdenklich.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
07.08.2016, 23:00 Uhr
Janina Toljan galt als Teil der Generation um Tamira Paszek und Melanie Klaffner früher als eine der größten Zukunftshoffnungen Österreichs. Anfang 2008 mit 17 Jahren die Nummer 63 der Jugend-Weltrangliste und schon unter den Top 800 bei den Damen, schien der Weg in die erweiterte Weltspitze im Sog der anderen vorgezeichnet. Doch der große Durchbruch in diese Sphären ist der Oberösterreicherin nie gelungen. Erst in jüngerer Vergangenheit erreichte sie im WTA-Ranking ihre Career Highs im Einzel (Rang 437 am 20. Oktober 2014) bzw. Doppel (Platz 458 am 28. September 2015). Mittlerweile liegt der Fokus bei der 26-jährigen Linzerin aber nicht mehr voll auf dem Tennis, wie sie beim Gespräch mit tennisnet.com - nachdem sie letzte Woche beim Ladies Future Vienna in Wien den fünften ITF-Doppelpokal ihrer Karriere gewonnen hatte - angab. Ihre Zeiten als Vollzeit-Tennisprofi betrachtet sie im Rückblick doch ziemlich nachdenklich. Janina Toljan hier im tennisnet.com-Exklusivinterview.
Janina, wie groß ist die Freude über diesen Turniersieg mit Vivian Heisen ? Auch wenn's "nur" das Doppel war - aber man gewinnt ja nicht jeden Tag ein Turnier.
Ja, ich freue mich schon voll. Ich habe letztes Jahr einige Finals gespielt und immer verloren. Deswegen freue ich mich, dass es jetzt endlich wieder mal mit einem Titel geklappt hat. Mir macht Doppel wahnsinnig Spaß, und zuhause war es auch noch - es war ein Trost fürs Einzel.
Du bist vor wenigen Wochen zudem Österreichische Staatsmeisterin geworden . Hast du generell das Gefühl, dass es bei dir wieder ein bisschen aufwärts geht?
Eigentlich schon. Ich habe bei den "Staats" super gespielt und ich habe auch hier drei Runden in der Qualifikation super gespielt, ich habe ja gegen Yvonne Neuwirth gewonnen. Man muss einfach anerkennen, dass Lisa (ihre Bezwingerin Lisa-Maria Moser ; Anmerkung) in der ersten Runde wirklich gut gespielt hat. Ich kann mir eigentlich wirklich nicht viel vorwerfen, denn sie hat so gut gespielt, dass ich eben zum Spielen nicht gekommen bin. Aber eigentlich finde ich, dass ich wieder besser spielen würde, ja.
Du hattest schon einmal gesagt, dass du nicht weißt, wie lange du es international noch probieren willst. Im Ranking bist du seitdem leider nicht weiter nach vorne gekommen, im Gegenteil, du wirst im Einzel mangels drei zählender Ergebnisse nicht mehr geführt.
Das stimmt. Ich studiere ja längst Jus (Rechtswissenschaften; Anmerkung) . Ich beginne jetzt das sechste Semester, also ich bin wahnsinnig gut in der Zeit. Ich bin im zweiten Abschnitt - wir haben zwei Abschnitte - bei der Hälfte. Für mich ist die Ausgangslage jetzt so blöd, weil ich kein Ranking mehr habe. Bei den Österreich-Turnieren habe ich eine Wildcard bekommen (in Bad Waltersdorf; Anmerkung) , hier ja leider nicht. Das habe ich nicht so ganz verstanden, ich bin immerhin die Nummer acht von Österreich. Und es heißt jedenfalls, dass ich nirgends mehr reinkomme. Also ist es für mich wahnsinnig schwer, und die Qualifikationen sind auch oft gut besetzt. Ich denke darum schon, dass ich mich mehr auf mein Studium konzentriere.
Also nimmst du quasi mit, was sich für dich nebenbei ausgeht. Aber es ist nicht mehr so, dass du das Tennisspielen Fulltime betreibst, oder?
Genau. Eigentlich ist es nicht mehr Fulltime, da ich eben mit meinem Studium fertigwerden möchte. Ich habe mir vorgenommen, ich spiele jetzt mal den Sommer, und dann schauen wir, wie es läuft. Denn ich merke, dass ich ohne Druck viel lockerer bin und ich irgendwie besser spiele. Ich schlage mich vor Matches nämlich eigentlich gar nicht mehr ein.
Gar nicht mehr?
Nein, bei den "Staats" habe ich auch nie eingeschlagen und in der Bundesliga auch nicht.
Aber aufgewärmt schon, oder?
Ja, und auf die Fitness lege ich nach wie vor großen Wert. Wenn ich mal einschlage, wie etwa vor dem Doppelfinale, merke ich zumeist, dass ich eh einen absoluten Super-Touch habe. Das ist ganz klassisch. Da kann ich mich noch daran erinnern, dass Johannes Ager noch gleich ein Future gewonnen hat, als er damals aufgehört hat. Das habe ich zwar nicht geschafft, aber ich durchlebe das jetzt auch gerade, einfach vom Gefühl her. Es ist wirklich faszinierend, wie viel besser man ohne Druck spielt. Ich weiß natürlich: Das ist jetzt im ersten Jahr in der Anfangsphase so und in einem Jahr würde ich wahnsinnig abbauen. Aber für mich ist das schon sehr interessant.
Ärgert es einen da im Nachhinein vielleicht ein bisschen, wie weit es gehen hätte können, wenn man sich weniger Druck gemacht hätte?
Ja. Wenn ich jetzt zurückblicke: Es ist Wahnsinn, was ich mir für einen Druck gemacht habe. Also da frage ich mich schon, was da mit mir los war. Denn ich war so verbissen, und wenn ich nicht stundenlang trainiert habe, habe ich ein schlechtes Gewissen gehabt. Ich bin so ein Typ, ich bin etwa auch im Studium einfach so ehrgeizig - ich muss zu einer Prüfung auch voll lernen, sonst glaube ich einfach nicht, dass ich es schaffe. Wenn ich da jetzt zurückblicke, denke ich mir einfach: Ja, ich habe schon ein bisserl einen Vogel gehabt. (lacht)
Das Gespräch führte Manuel Wachta.