„Tennis ist wieder im Kommen“

Wir lassen in unserem Jahresrückblick die Präsidenten der Landesverbände zu Wort kommen.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 16.12.2013, 08:23 Uhr

tennisnet.comhat die Präsidenten der deutschen Landesverbände zu einer Umfrage über die Situation im deutschen Tennis eingeladen. Einige Präsidenten standen uns Rede und Antwort. Heute: Dirk Hordorff, der Präsident des Hessischen Tennis-Verbandes (HTV).

DTB-Präsident Karl-Georg Altenburg ist zwei Jahre im Amt. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Nach Jahren des Rückschritts und des Niedergangs des DTB unter von Waldenfels ist eine Aufbruchsstimmung erreicht worden, die auch durch die erzielten Erfolge getragen wird. Neue Wirtschaftspartner, neue Medienpartnerschaften, viele Erfolge sind hier zu verzeichnen. So schnell hatte nicht jeder die Trendwende erwartet. Tennis ist wieder im Kommen.

Welche Themen sollte der Deutsche Tennis Bund umgehend angehen?

Der DTB hat die definierten Ziele angegangen und mit Teilerfolgen eine positive Trendwende erreicht. Daran sollte er unbeirrt weiter arbeiten. Schön ist der Beginn eines Nachwuchsprojektes analog zu dem Porsche Team bei den Damen nun auch im Herrenbereich, den der Präsident auf der letzten Mitgliederversammlung ankündigen konnte.

Hat der DTB als Zentralorganisation genügend Basisnähe? Weiß man dort, was an der Basis diskutiert wird?

Der DTB ist die Organisation der Landesverbände im deutschen Tennis. Der Bundesausschuss in Schulterschluss mit dem Präsidium des DTB hat hier die Verantwortung der Basisnähe. Und die Präsidenten der Landesverbände sind bereit, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Dieses wurde auf der Mitgliederversammlung in Frankfurt im November noch einmal klar dokumentiert.

Was tut Ihr Verband, um Tennis in den Vereinen attraktiver zu machen und zu stärken?

Schwerpunkte im HTV waren 2013 die Bereiche der Mitgliederentwicklung und Mitgliederbindung. Insbesondere im Bereich Grundschultennis kann durch die belegten Erfolge der Durchbruch in dieser Thematik vermeldet werden. 2014 wird Tennis im Kindergarten den Bereich Sport im Ganztag abrunden. Durch die Einstellung eines Mitarbeiters nur für diese Thematik sind auch die Grundlagen im Hauptamt hierfür geschaffen worden. 2013 wurde durch eine neue Transparenz offensiv eine bessere Einbindung und Mitwirkung der Mitglieder im HTV angestrebt. Dieses gilt es, in den nächsten Jahren auszubauen.

Wie entwickeln sich die Mitgliederzahlen in Ihrem Verband, welche Faktoren sind Ihrer Meinung nach entscheidend für die Entwicklung dieser Zahlen?

Wir in Hessen bewegen uns im Bundestrend. Der Mitgliederrückgang ist zum großen Teil gestoppt, jetzt gilt es, vorsichtig eine Kehrtwende einzuleiten. Dabei müssen wir aufpassen, dass wir insbesondere dem Drittel der Vereine helfen, die noch um ihre Existenz kämpfen. Wir haben immerhin schon ein Drittel der Vereine, die Mitgliederzuwächse zu verzeichnen haben.

Welche Schritte kann man unternehmen, um Kinder und Jugendliche für Tennis zu begeistern?

Wir haben keine Probleme im Kinder- oder Jugendbereich. Unser Problem ist es, die Kinder und Jugendlichen beim Tennis zu halten. Hierzu müssen wir flexiblere Angebote entwickeln. Die neue LK-Turnierserie, Veränderungen in den Mannschaftswettbewerben, neue Spielformen sind hierbei wichtig. Unser Angebot für diese Altersklassen muss breiter, besser und interessanter werden.

Wie steht Deutschland Ihrer Meinung nach in der Talentförderung da? Wo hakt es bei Ihnen, wo gibt es erfreuliche Tendenzen, wo brauchen Sie konkrete Unterstützung?

Im Damenbereich läuft es erfolgreich, im Herrenbereich hat das Präsidium neue Initiativen angekündigt. Aber auch in den Verbänden sind Änderungen notwendig. Wir haben oft noch sehr verkrustete Strukturen, im DTB, in den Verbänden. Auch wenn das sehr provozierend klingen mag, aber manchmal bin ich mir nicht sicher, ob einige Trainer sich mehr als Kommentatoren verhalten, als zu verstehen, dass sie auch Verantwortung für Misserfolge übernehmen müssen.  Stattdessen machen sie es sich einfach und kritisieren die Spieler bzw. Spielerinnen. Hoffentlich bekommt auch der Tennissport die notwendigen Unterstützungen aus dem DOSB und den Landessportorganisationen. Hier ist die noch vorhandene Ungerechtigkeit lange nicht beseitigt. Wir wollen keine Extrawurst, nur eine faire und gerechte Verteilung der Sportfördermittel.

Die Aktion „Deutschland spielt Tennis“ verläuft recht erfolgreich. Welche weiteren Mitmach-Aktionen sind vorstellbar, bei denen sich der Tennissport bundesweit breit aufstellt?

Der HTV ist hier besonders stolz, dass in Hessen 90 Prozent aller Vereine sich beteiligt haben. Das hat eine große Signalwirkung für den Tennissport. Ich hoffe, dass wir irgendwann mal in Deutschland über eine halbe Million Tennisspieler haben, die an diesem Wochenende Tennis zum größten aktiv betriebenen Sportereignis machen. Ich habe immer wieder angefordert, dass der DTB seine Aufgabe insbesondere auf die gemeinsamen Kampagnen legen sollte und hier als Dachverband bei der Umsetzung solcher Initiativen eine wichtige Rolle spielen sollte. Eine Aktion wie damals, Tennis ist toll, hatte eine große Signalwirkung fürs Tennis. Da ist der DTB gefordert. Nur ein neues modernes Logo ist nicht die Antwort, jetzt muss dieses auch mit Leben erfüllt werden. Da ist noch viel Raum für die nächsten Jahre, Tennis weiter nach vorne zu bringen. Aber das neue Präsidium weiß das und wird die nächsten Jahre nutzen, um auch hier Tennis nach vorne zu bringen. Die bisherigen Schritte waren wichtig, um die Voraussetzungen hierfür zu schaffen.

Der Match-Tiebreak ist mittlerweile trotz vieler Proteste flächendeckend eingeführt worden. Was sind aus Ihrer Sicht die Vor- und Nachteile des Match-Tiebreaks?

Ich bin kein Freund des Match-Tiebreaks. Insbesondere ist er eingeführt worden, ohne die Betroffenen zu fragen.

Tennis findet in den deutschen Medien kaum noch statt. Die Gruppenspiele von Angelique Kerber bei der WM wurden nicht im TV gezeigt. Was kann man tun, um die mediale Präsenz zu steigern?

Das Fernsehen zeigt das, was die Zuschauer sehen wollen. Wir im Tennis müssen interessanter werden, auch durch Reformen, die international beschlossen werden müssen. Sport ist ein Teil der Unterhaltungsindustrie. Entweder wir schaffen es im Tennis, uns dort richtig zu positionieren oder wir werden Randsportart. Es liegt an uns, hier die richtigen Initiativen zu ergreifen. Die neue Partnerschaft mit der ProSieben-Gruppe ist eine großartige Leistung des jetzigen Präsidiums und wegweisend für das deutsche Tennis.

Was würden Sie von heute auf morgen im Regelwerk – auch im Spitzentennis – ändern, wenn Sie es könnten?

Tennis-Matches müssen spannender und kürzer werden. Matches müssen mehr Entscheidungen und spannende Situationen beinhalten. Kürzere Sätze, kürzere Spiele zum Beispiel durch den Entscheidungspunkt bei Einstand sind die richtigen Antworten. Außerdem müssen wir mehr mit dem Zeitgeist gehen. Wir können nicht erwarten, dass der heutige Tennisfan sich ruhig hinsetzt, sein Handy ausschaltet und stundenlang eine Tennis-Begegnung anschaut. Lasst die Zuschauer bei großen Turnieren sich bewegen, das Stadium betreten und verlassen, ohne auf den Seitenwechsel der Spieler zu warten. Stellen Sie sich mal vor, im Fußball oder anderen Publikumssportarten dürften sie nur bei Halbzeit das Stadium betreten oder verlassen.

von tennisnet.com

Montag
16.12.2013, 08:23 Uhr