Jahreszeugnis Daniil Medvedev: Schlechtes Karma seit Melbourne - gerade noch befriedigend
Daniil Medvedev hat das Jahr 2022 als Nummer sieben der ATP-Weltrangliste abgeschlossen, insgesamt nur zwei Titel gewonnen. Das kann den Ansprüchen des Russen nicht genügen.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 02.12.2022, 18:29 Uhr
Wenn es eine Rangliste für die unterhaltsamsten Pressekonferenzen auf der ATP-Tour gäbe, Daniil Medvedev wäre regelmäßig in den Top Drei zu finden. Die Antworten des Russen kommen stets ausführlich und gehaltvoll, nicht nur in Englisch und seiner Muttersprache, sonder auch auf Französisch kann sich der 26-Jährige sehr geschmeidig ausdrücken. Nun sind die meisten Pressekonferenzen nach den Australian Open 2022 aber nicht ohne die Frage ausgekommen - in verschiedenen Variationen - wie denn die Spielzeit ausgefallen, hätte Medvedev sich im Endspiel des ersten Majors des Jahres selbst belohnt.
Zu Erinnerung: Medvedev hatte sich gegen Rafael Nadal (nicht unglücklich) eine 2:0-Satzführung erspielt, stand in Durchgang drei bei drei Breakbällen en suite schon kur vor dem entscheidenden Nackenschlag. Rafa hatte andere Absichten, zog den Kopf bravourös aus der Schlinge und feierte seinen 21. Grand-Slam-Titel. Medvedev, als regierender US-Open-Champion angereist, blieb die Nummer zwei verwehrt. Es sollte alles in allem kein gutes Jahr folgen.
Ein paar Positiva gab es dennoch:
- Erstmals in seiner Karriere gelang Daniil Medvedev der Sprung auf Weltranglisten-Position eins. Das war zwar mehreren, nicht sportlich begründeten Ursachen geschuldet, aber egal: Nummer eins ist Nummer eins.
- Zwei Turniersiege kamen auch dazu, Medvedev hält jetzt bei 15. In Los Cabos gewann er ebenso wie in der Wiener Stadthalle. Vor allem der Triumph bei den Erste Bank Open hat gezeigt, was immer noch in Daniil Medvedev steckt.
- Und: Im frühen Herbst wurde Medvedev erstmals Vater, seine Frau Daria brachte ein gesundes Mädchen zur Welt. Da wird Sport zur Nebensache.
Aber:
- Nicht so toll waren die Auftritte bei den beiden anderen Grand-Slam-Turnieren, an denen Medvedev teilnehmen durfte: In Roland Garros ließ er sich von Marin Cilic praktisch ohne Gegenwehr vom Platz schießen. Und in New York ging Medvedev ohne viel Selbstvertrauen in den Showdown mit Nick Kyrgios und verlor prompt im Achtelfinale.
- Rätsel geben auch die Auftritte bei den ATP Finals in Turin auf: Medvedev verlor alle drei Matches im Tiebreak des dritten Satzes. Darunter auch jene gegen seine eigentlichen Lieblingsgegner Andrey Rublev und Stefanos Tsitsipas. Gegen Novak Djokovic servierte Medvedev auf den Sieg, musste sich dann dennoch geschlagen geben.
Gerade das Match gegen Djokovic hat aber gezeigt: Daniil Medvedev ist nach wie vor in der Lage, mit den Allerbesten auf Augenhöhe zu spielen. Und im Gegensatz zu Konkurrenten wie Tsitsipas, Rublev, Alexander Zverev oder Casper Ruud geht Medvedev ja auch mit dem guten Gefühl auf den Court, dass er schon einen Major-Titel in der Tasche hat.
Für das Jahr 2022 gibt es aber nur die Note Drei, also Befriedigend. Gerade noch.